Sergei Magnitsky
© RAPSISergei Magnitsky
Ein russisches Gericht hat den 2009 in Haft gestorbenen Anwalt Sergej Magnitski posthum wegen Steuerbetrugs schuldig gesprochen. Die Täterschaft sei "eindeutig bewiesen", sagte Richter Igor Alissow der Agentur Interfax zufolge. Das Verfahren gegen Magnitski werde nun formell eingestellt. Eine Rehabilitierung sei nicht möglich, betonte Alissow.

Das Strafverfahren in Moskau war international als absurd kritisiert worden, weil sich ein Toter nicht verteidigen könne. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger bezeichnete den Schuldspruch als "zynisch und menschenverachtend". Dies zeige, dass "Russland kein Rechtsstaat und erst recht keine lupenreine Demokratie" sei. Der Schuldspruch sei "ein weiterer Beleg für die Sowjetisierung Russlands".

Menschenrechtler werfen der Justiz vor, damit den Ruf des regierungskritischen Anwalts nachträglich beschmutzen zu wollen. "Der Prozess ist ein Versuch, den Tod von Sergej Magnitski zu rechtfertigen", sagte der Anwalt der Witwe.

Das Gericht sprach auch Magnitskis früheren Chef William Browder vom Finanzunternehmen Hermitage Capital in Abwesenheit schuldig. Als Strafmaß legte der Richter neun Jahre Lagerhaft fest. Browder lebt derzeit in Großbritannien. Interpol weigert sich, ihn auf die Liste der internationalen Kriminellen zu setzen, da der Prozess als politisch motiviert eingeschätzt wurde. Eine Auslieferung droht dem Briten nicht.

Internationale Empörung

Menschenrechtler sowie Hinterbliebene werfen den Behörden vor, Magnitski Ende 2009 zu Tode gefoltert zu haben. Der Prozess gegen den stellvertretenden Gefängnisdirektor war mit einem Freispruch zu Ende gegangen. Weitere Anklagen gab es nicht.

Der 37-Jährige hatte Offiziere des Innenministeriums beschuldigt, den Staat um mehr als 200 Millionen US-Dollar betrogen zu haben. Kurz darauf war der Jurist unter dem Vorwurf des Steuerbetrugs festgenommen worden. Aus Protest gegen die Behandlung Magnitskis verhängten die USA gegen Funktionäre, Sanktionen wie Einreiseverbote und Kontosperren.

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