In ihrer Abschiedsrede warnte die scheidende »Heimatschutzministerin« Janet Napolitano die führenden Politiker der USA vor drohenden »schwerwiegenden« Cyberangriffen und Naturkatastrophen, deren Folgen die verheerenden Auswirkungen des Wirbelsturms Sandy und anderer Naturkatastrophen der jüngeren Zeit noch weit in den Schatten stellen könnten.
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Nach vier Jahren an der Spitze des Ministeriums für Innere Sicherheit (DHS, Department of Homeland Security, »Heimatschutzministerium«) hielt sie am Dienstagmorgen ihre offizielle Abschiedsrede, bevor sie dann in der kommenden Woche endgültig ihren Platz räumen wird. »Vieles befindet sich noch im Fluss und in der Entwicklung. Mein Nachfolger oder meine Nachfolgerin wird sicher alle Hände voll zu tun haben«, sagte sie. Auch sie selbst habe in den vergangenen vier Jahren »viele Herausforderungen« wie etwa den Wirbelsturm Sandy 2012 und die Ölpest im Golf von Mexiko zwei Jahre davor bewältigen müssen.

Das Heimatschutzministerium mit seinen 202 000 Mitarbeitern, das Napolitano leitete, wurde nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 gegründet und ist "vorrangig für die Einwanderung und die Sicherheit an Flughäfen verantwortlich." Die Ministerin erklärte, nach dem gescheiterten so genannten »Unterhosen«-Bombenanschlag des Nigerianers Umar Farouk Abddulmutallab vom 25. Dezember 2009 habe ihr Haus »historische« Anstrengungen eingeleitet. Die amerikanische Behörde für Verkehrssicherheit (»Transportation Security Administration«, TSA) sei in 190 Ländern daran beteiligt gewesen, die Sicherheitskontrollen zum Schutz gegen »nichtmetallische Vorrichtungen« zu koordinieren. »Die Lehren liegen auf der Hand: Aus jedem Anschlag, den wir erleben, aus jeder Bedrohungslage, der wir uns gegenüber sehen und aus jeder kleinen Information, auf die wir stoßen, lernen wir«, meinte sie weiter. »Und dadurch werden wir stärker und wendiger.«

An jenem erwähnten Dezembertag des Jahres 2009 gelang es einem mit einer Bombe ausgestatteten Attentäter, an Bord eines Flugzeugs von Amsterdam nach Detroit im US-Bundesstaat Michigan zu gelangen. Napolitano ging nicht darauf ein, wie es dem Attentäter gelingen konnte, die Sicherheitskontrollen zu überlisten, und erwähnte auch ihre damalige vielgeschmähte Äußerung - »das System hat funktioniert« - nicht mehr. »Seit diesem Anschlagsversuch wurde uns klar, dass die wichtigen Informationen, die der amerikanische Zoll und Grenzschutz besitzt, auch im Ausland verfügbar sein müssen - und zwar spätestens beim Start in Richtung USA. Wir haben dieses Problem gelöst. Wir haben begriffen, dass unsere Gegner immer mehr nichtmetallische Vorrichtungen benutzten und haben unsere Kontroll- und Überprüfungstechniken entsprechend angepasst, um dieser Bedrohung Herr zu werden.«

Napolitano war bis zum Januar 2009 Gouverneurin des Bundesstaates Arizona. Man sagte ihr nach, das Amt des Justizministers anzustreben, aber da der derzeitige Amtsinhaber Eric Holder keine Anstalten macht, sein Amt aufzugeben, kündigte sie an, sie werde die nächste Präsidentin des Universitätsverbundes von Kalifornien werden.

Bürgerrechtler und Libertäre haben Napolitano verschiedentlich für die, wie sie sagen, »tief in die Privatsphäre eindringenden« Sicherheitskontrollen und Durchsuchungsmethoden der TSA kritisiert. Die Befugnisse und die Tätigkeit der TSA, die dem Heimatschutzministerium untersteht, wurden trotz zahlreicher Vorwürfe wegen Fehlverhaltens und Versagens in den vergangenen zehn Jahren deutlich ausgeweitet.

Die scheidende DHS-Chefin ging auch hart mit ihren Kritikern im Kongress ins Gericht. Obwohl die Zahl der jährlichen Abschiebungen ihren höchsten Stand seit Jahrzehnten erreichte, hatten republikanische Abgeordnete die Regierung Obama wegen ihres angeblichen Versagens in der Einwanderungspolitik kritisiert. Napolitano hatte sich für das so genannte DREAM-Gesetz (»DREAM« steht für »Development, Relief, and Education for Alien Minors«;»Gesetz zur Förderung, Hilfe und Bildung für ausländische Jugendliche«) stark gemacht, das Einwanderern die Erlangung der Staatsbürgerschaft erleichtern sollte. »Der Kongress hatte mit dem DREAM-Gesetz die Möglichkeit, diesen so genannten ›Träumern‹ einen Weg zu eröffnen, in unserem Land bleiben zu können. Aber leider scheiterte das Gesetz trotz überparteilicher Unterstützung, weil an den 60 Stimmen, die für einen schnellen Abschluss der Diskussion (die so genannte »Closure« oder »Guillotine«, d.h. einen Antrag auf Beendigung der parlamentarischen Debatte) und die folgende Entscheidung erforderlich waren, letztlich fünf Stimmen fehlten.«

Napolitano bot an, ihrem Nachfolger oder ihrer Nachfolgerin in einem Offenen Brief Ratschläge zu erteilen. »Sie werden sich auch aufgrund des Klimawandels auf die zunehmende Wahrscheinlichkeit dramatischer Wetterereignisse vorbereiten und damit fortfahren müssen, die entsprechenden Kapazitäten aufzubauen, um auf potenzielle Katastrophen, die möglicherweise gleichzeitig in verschiedenen entlegenen Regionen unseres Landes eintreten, reagieren zu können«, sagte sie. »Und nicht zuletzt werden Sie eine große Packung Schmerzmittel benötigen.«