Nach der Bundestagswahl zeigen sich Unionspolitiker beim Thema Steuern plötzlich kompromissbereit und schließen Erhöhungen nicht mehr aus. So will man den möglichen Koalitionspartnern entgegenkommen.


Kommentar: Den Koalitionspartnern entgegenkommen, aber nicht den Wählern!


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© dpaBundesfinanzminister Wolfgang Schäuble - im Bild mit Kanzlerin Angela Merkel - schließt wenige Tage nach der Wahl höhere Steuern nicht mehr aus. Die beiden möglichen Koalitionspartner SPD und Grüne waren mit der Forderung nach einem höheren Spitzensteuersatz und einer Vermögensteuer in den Wahlkampf gezogen.
Auf der Suche nach einem Koalitionspartner bereitet sich die Union auf Kompromisse in der künftigen Regierungsarbeit vor. Führende CDU-Politiker schließen jetzt Steuererhöhungen nicht mehr aus. Nachdem CDU-Vize Armin Laschet eine neue Offenheit in dieser Frage in Aussicht gestellt hatte, äußerte auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) Gesprächsbereitschaft.

"Wir sollten jetzt schauen, wie die Gespräche laufen", sagte der Minister der Zeit auf die Frage, ob er Steuererhöhungen ausschließe. SPD und Grüne sprechen sich für einen höheren Spitzensteuersatz und die Einführung einer Vermögensteuer aus, um stärker in Infrastruktur und Bildung zu investieren. Die Union hatte höhere Steuern bisher strikt abgelehnt. Persönlich sei er aber gegen Steuererhöhungen, fügte Schäuble hinzu. Er sei der Meinung, "dass der Staat keine zusätzlichen Einnahmequellen benötigt".

Zuvor hatte Laschet im Welt-Interview gesagt, dass Steuererhöhungen "im Moment" schädlich seien. Er sagte aber auch: "Man weiß in der Tat nicht, was aus den Koalitionsverhandlungen herauskommt."

Wirtschaftsrat warnt vor Steuererhöhungen

Innerhalb der CDU wurde das neue Entgegenkommen in der Steuerfrage kontrovers diskutiert. Der haushaltspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Norbert Barthle, sagte der Welt: "Steuererhöhungen wird es mit uns nicht geben." Das sei eines der Kernthemen der Union im Wahlkampf gewesen. "Unsere bürgerlichen Wähler wollen keine rot-grüne Politik. Wir werden uns mit dem nächsten Koalitionspartner eher bei anderen Themen treffen."

Er könne sich höchstens vorstellen, zwischen dem Spitzensteuersatz von 42 Prozent und dem Reichensteuersatz von 45 Prozent eine Progression einzuführen und dafür die sogenannte kalte Progression zu bereinigen. "Damit sinken die Steuern bei den mittleren Einkommen, und sie steigen bei den hohen Gehältern."

Der Sprecher des Parlamentskreises Mittelstand der Unionsfraktion, Christian von Stetten, betonte, seine Gruppe werde alles daran setzen, Steuererhöhungen zu verhindern. Allerdings deutete auch er Kompromissbereitschaft an - nur bei der Besteuerung von Vermögen nicht. "Die Einführung einer Vermögensteuer oder höhere Erbschaftsteuern schließe ich völlig aus. Das sind absolute rote Linien", sagte von Stetten der Welt.

Der Wirtschaftsrat der CDU warnte die Union vor Steuererhöhungen: "Drei Tage nach dem eindrucksvollen Wahlsieg der Unionsparteien über Zugeständnisse bei möglichen Koalitionsverhandlungen zu spekulieren, verbietet sich", sagte Generalsekretär Wolfgang Steiger. Eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes von 42 auf 49 Prozent könnte Gutverdiener jährlich mit bis zu sechs Milliarden Euro belasten.