China hat »härtere Strafen« bei Verstößen gegen die Umweltschutzbestimmungen des Landes eingeführt: Personen, die rücksichtslos die Umweltschutzstandards der weltgrößten und am schnellsten wachsenden Volkswirtschaft verletzen, droht nun die Todesstrafe.

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Diese Verschärfung der bisher zu »lasch und oberflächlich« durchgesetzten Umweltschutzgesetze ist seit vergangenen Mittwoch in Kraft, berichtet die staatliche Nachrichtenagentur "Xinhua" unter Berufung auf eine Regierungserklärung.

Die Regierung werde »genaue Richtlinien für die Verurteilung und das Strafmaß« einführen, und die neue verschärfte »Interpretation der Gesetze liefert dazu ein wirkungsvolles Rechtsmittel«. Die Strafverfolgungsbehörden sind angehalten, Verstöße gegen Umweltschutzbestimmungen strikt zu verfolgen. »Alle Kräfte müssen mobilisiert werden, Verstöße gegen gesetzeswidrige Umweltverschmutzung zeitnah zu melden«, heißt es in der Stellungnahme der Regierung weiter.

Bereits zu einem früheren Zeitpunkt im Juni hatte das chinesische Kabinett angesichts des in der Öffentlichkeit wachsenden Unmuts über die verheerende Luftverschmutzung vor allem in den städtischen Regionen neue Maßnahmen zur Bekämpfung der Luftverschmutzung beschlossen.

Um den eskalierenden Umweltgefahren zu begegnen, hat Peking versprochen, trotz der anhaltenden Handelsstreitigkeiten mit den USA und Europa zunehmend Sonnenenergie einzusetzen. Der Staatsrat beschloss ein Zehn-Punkte-Programm gegen Umweltverschmutzung,die die Schadstoffemissionen der Industrie, die wesentlich für das chinesische Wirtschaftswunder der letzten drei Jahrzehnte verantwortlich ist, verringern sollen.

Neben der Begrenzung des Wachstums energieintensiver Industriebereiche wie Zement, Stahl, Glas und Aluminium sollen im Rahmen dieser ehrgeizigen Zielvorgaben auch die Schadstoffemissionen in einem festgelegten Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) in Schlüsselbereichen der Industrie bis 2017 um mindestens 30 Prozent gesenkt werden.

Zu weiteren geplanten zentralen Maßnahmen gehören die stärkere Durchsetzung von Strafgeldern, die Unternehmen entsprechend ihres Schadstoffausstoßes zahlen müssen. China kündigte darüber hinaus ein rigideres rechtliches Vorgehen gegen die Industriebereiche an, die bisher keine verbesserten Umweltschutzkontrollen eingeführt und es versäumt haben, entsprechende Ausstoßobergrenzen einzuhalten.

Die neue politische Führung setzte die Auseinandersetzung um effektiveren und besseren Umweltschutz in einer Zeit ganz oben auf ihre politische Agenda, in der das ganze Land gleichzeitig einen Generationswechsel in den oberen Etagen der politischen Führung durchlebt. Die frühere Führungsriege hatte sich zwar auch schon um eine Verbesserung des Umweltschutzes bemüht, war aber in der Umsetzung in der Realität oft gescheitert.

In einer Studie der Projektgruppe "Global Burden of Disease" (»Weltweite Belastungen durch Krankheiten«) vom April 2010 heißt es, die Luftverschmutzung in China trage wesentlich zu 1,2 Millionen frühzeitigen Todesfällen - etwa 40 Prozent der weltweiten Gesamtzahl - bei. Die Forscher bezifferten diesen Anteil mit etwa 25 Millionen gesunden Lebensjahren der Bevölkerung.

Im März dieses Jahres erklärte die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), die »Luftverschmutzung in den Städten wird bis 2050 weltweit zur führenden umweltbedingten Todesursache werden«. Schätzungen der Organisation zufolge könnten bis zu 3,6 Millionen Menschen, insbesondere in China und Indien, alljährlich frühzeitig an den Folgen der Luftverschmutzung sterben. Die chinesische Akademie für Umweltplanung berichtete ebenfalls im März, die Kosten der Umweltverschmutzung beliefen sich auf etwa 3,5 Prozent des BIP von 2010 oder 230 Mrd. Dollar.

Im Winter 2013 ergaben die chinesischen Messungen das bisher schlimmste Ausmaß der Umweltverschmutzung seit Beginn der Aufzeichnungen. Der gemessene Wert gefährlicher Mikropartikel (Feinstaub) mit einem Durchmesser von unter 2,5 Mikrometern, die auch unter der Bezeichnung »PM2,5« bekannt sind, lag 22-mal so hoch wie der zulässige Grenzwert der WHO. Als Reaktion auf die spürbare und verbreitete Verärgerung der Bevölkerung haben die Behörden verschiedene Notmaßnahmen ergriffen, um das Verkehrsaufkommen und den Schadstoffausstoß der Industrie, nötigenfalls durch Schließung der Werke, zu verringern. Im Mai kam es zu Demonstrationen in der Millionenstadt Kunming, der Hauptstadt der südchinesischen Provinz Yunnan. Tausende von Demonstranten protestierten gegen die Produktion bestimmter chemischer Substanzen in einer Raffinerie.

Aber auch die riesigen ländlichen Regionen Chinas werden zunehmend von Umweltverschmutzung heimgesucht, wie das Umweltschutzministerium Anfang Juni bekanntgab. »Im Zuge der Industrialisierung, der Verstädterung und der Modernisierung der Landwirtschaft hat auch die Umweltverschmutzung des ländlichen Raums zugenommen«, hieß es aus dem Ministerium. Vor allem »die Zunahme der Umweltbelastungen durch Bergwerke und massive Umweltschädigungen durch die Ausweitung der Tierhaltung und insbesondere der Geflügelzucht« trügen zur Verschärfung der Probleme bei.