Der Whistleblower William Binney versucht schon seit Jahren, auf die Datensammelwut der NSA aufmerksam zu machen. Als ehemaliger NSA-Mitarbeiter war er an der Entwicklung der Überwachungsprogramme beteiligt.

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© FEM 29C3William Binney auf dem 29C3 im Dezember 2012
Edward Snowden ist nicht der erste Informant, der Interna der NSA an die Öffentlichkeit brachte. William Binney, ebenfalls ein ehemaliger Mitarbeiter des Geheimdienstes, spricht seit 2007 öffentlich über die Praktiken seines ehemaligen Arbeitgebers. Sogar nach Europa ist er bereits gereist, um die Menschen vor dessen Datensammelwut zu warnen. Auf dem Kongress 29C3 im Dezember 2012 mahnte er das deutsche Publikum, das Thema ernst zu nehmen. Und vier Monate später sagte er in einem Interview über die Werkzeuge der NSA:
"Sie sind bei weitem besser als alles, was der KGB, die Stasi, die Gestapo und die SS jemals hatten."
Die Aufmerksamkeit der breiten Öffentlichkeit erreicht er mit seinen Mahnungen allerdings erst seit Snowdens Enthüllungen.

Binney hatte an einem Analyseprogramm für die NSA gearbeitet, das seiner Meinung nach möglicherweise mit einfachen und legalen Mitteln die Anschläge des 11. September 2001 auf das World Trade Center hätte verhindern können. Später prangerte er öffentlich den mangelnden Datenschutz seines ehemaligen Arbeitgebers an, wurde vom FBI verhört und musste seine Firma schließen, weil die NSA seinen Sicherheitsstatus annullierte.

Verfassungsgemäße Analyse

Zum Whistleblower wurde Binney erst, als ihn sein ehemaliger Arbeitgeber NSA, das FBI und das US-Justizministerium dessen (sic) fälschlicherweise beschuldigten. Binney verließ die NSA 2001 im Streit um sein Projekt Thin Thread. Sein Programm sollte für die Analyse von Telefonverbindungsdaten verwendet werden. Er hatte es so konzipiert, dass es möglichst keine Daten von US-Bürgern aufnehmen würde, ganz im Sinne des vierten Zusatzes zur US-Verfassung, der keine unrechtmäßigen Durchsuchungen zulässt. Es sei schnell und effizient gewesen und hätte sogar die Anschläge auf das World Trade Center verhindern können, weil es einen engen Fokus erlaube, sagte Binney später mehrfach.

Der NSA war sein Programm aber nicht gut genug. Stattdessen investierte der Geheimdienst ein Vielfaches mehr in das Programm Trailblazer, das schließlich etwa eine Milliarde US-Dollar kostete und dennoch ein Flop war. Binney war nicht nur darüber erbost, dass Thin Thread aufgegeben wurde, sondern auch darüber, dass Trailblazer unerlaubte Durchsuchungen zuließ. Er verließ die NSA 2001 und gründete seine eigene Firma, die sein Analyseprogramm für die Wirtschaft weiterentwickeln sollte. Er bekam auch weiterhin Aufträge von seinem ehemaligen Arbeitgeber. Zuvor hatte er sich zusichern lassen, dass er seine Ideen auch selbst vermarkten könne. Er ging aber mit zwei anderen ehemaligen NSA-Mitarbeitern zum US-Finanzministerium, um dort gegen die Verschwendung von Geldern durch das Trailblazer-Projekt zu protestieren.

Die New York Times veröffentliche 2005 einen Bericht über die Schnüffelaktion der NSA. Danach geriet Binney ins Visier der Ermittler, obwohl der Artikel seinen Namen nicht enthielt und die "renommierte Zeitung" ihre Quellen nie preisgab. Zwei Jahre später im März 2007 wurde er deswegen dreimal vom FBI verhört. Ihm konnte aber kein Fehlverhalten nachgewiesen werden. Nur vier Monate später stürmte das FBI sein Haus - angeblich mit Waffengewalt - und konfiszierte Unterlagen und Rechner. Noch schwerwiegender war jedoch, dass sein Auftraggeber, die NSA, seinen Sicherheitsstatus aufhob. Damit ging auch seine Firma pleite. Noch wartet er auf die Rückgabe seines konfiszierten Rechners und seiner Unterlagen. Er hat sie vor Gericht eingeklagt.

"Die NSA muss das nicht tun"

Seitdem spricht er öffentlich über seine Erfahrungen und den Überwachungsapparat, den die NSA aufgebaut hat. Vor wenigen Tagen sagte Binney in einem Interview mit dem russischen Nachrichtensender RT-News, er glaube, die Geheimdienste in den USA führten die US-Regierung und die Abgeordneten an der Nase herum.
"Sie sagen, sie müssen das tun, um die bösen Jungs zu erwischen. Das ist falsch. Es gibt dafür andere Möglichkeiten. Ich hatte ihnen sogar die Möglichkeiten dazu gegeben. Sie haben sich aber anders entschieden."
Es sei einfach, einen Algorithmus zu programmieren, der dafür sorge, dass Daten über US-Bürger einfach gelöscht würden, sagte er weiter. Es sei genauso einfach, ihn so zu programmieren, dass die NSA Daten von Ausländern, die nicht in der Nähe einer bösen Person sind, gar nicht zu Gesicht bekäme.
"Der einzige Grund, den ich mir für die Datensammlung vorstellen kann, ist, dass die NSA zu jedem in diesem Land was in der Hand haben will." Binney folgerte: "Sie sind dabei, einen totalitären Staat zu errichten."