Sie sind alleine und traumatisiert: Mehr als eine Million syrische Kinder nach UN-Informationen vor dem Bürgerkrieg ins Ausland geflohen - vor den Bomben und Granaten des tobenden Bürgerkrieges. Es ist die größte humanitäre Katastrophe seit dem Völkermord in Ruanda.
Syrische Kinder
© dpa/Nabil MounzerDie Hälfte der syrischen Bürgerkriegsflüchtlinge sind laut UNHCR Kinder und leiden unter schweren psychischen Belastungen.
Mehr als eine Million syrische Kinder sind laut einem UN-Bericht vor dem Bürgerkrieg ins Ausland geflüchtet. Der in Genf veröffentlichte 60-Seiten-Bericht des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) verzeichnet die höchsten Zahlen von Flüchtlingen im Kindesalter im Libanon (385.000), der Türkei (294.000) und Jordanien (291.000). UN-Flüchtlingskommissar Antonio Guterres warnte, eine "Generation Unschuldiger" dürfe nicht "geopfert werden". Der UNHCR-Direktor für internationalen Flüchtlingsschutz, Volker Türk, sagte, seit dem Völkermord in Ruanda 1994 habe es keine vergleichbare Flüchtlingskatastrophe gegeben.

Schlaflosigkeit, Stottern und Bettnässen

Die Seele der Kinder leidet in unvorstellbarem Ausmaß an den Greueln des Bürgerkrieges. Türk wies darauf hin, dass viele Kinder psychisch traumatisiert seien. Die Traumata seien an "Schlaflosigkeit, Stottern und Bettnässen" abzulesen. Unzureichende Bildung und Kinderarbeit sind an der Tagesordnung für diese Generation syrischer Kinder im Bürgerkrieg. Jede zweite Familie, die beispielsweise in Jordanien Zuflucht gefunden habe, sei ganz oder teilweise auf ihre Kinder angewiesen, um sich ein Einkommen zu sichern. Fast ein Drittel der Kinder müsse sechs Tage in der Woche drinnen bleiben, weil sich die Eltern um ihre Sicherheit sorgten.

Ein Großteil der Kinder auf der Flucht ist zur Lohnarbeit gezwungen, um den Lebensunterhalt zu bestreiten. Jedes dritte Kind verlässt dem Bericht zufolge aus Angst nur selten seine Unterkunft. In Jordanien bekommt nur die Hälfte der syrischen Kinder Schulunterricht.

Friedrich offen für Aufnahme weiterer Flüchtlinge

Der amtierende Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hat sich derweil offen für die Aufnahme weiterer syrischer Flüchtlinge in Deutschland gezeigt. Sollte es dazu bei der anstehenden Innenministerkonferenz kommende Woche in Osnabrück ein einmütiges Votum geben, "wäre eine wichtige Voraussetzung für eine Erweiterung des jetzigen 5000er-Kontingents erfüllt", sagte Friedrich der "Saarbrücker Zeitung". Er betonte aber, auch Europa stehe in der Pflicht. "Die EU muss mehr tun."

Die Bundesregierung hatte sich im Frühjahr bereiterklärt, 5000 Flüchtlinge aus Syrien in einem Sonderprogramm nach Deutschland zu holen. Die Aufnahme kommt aber nur schleppend voran. Bislang sind laut Bundesinnenministerium rund 1500 Syrer aus diesem Kontingent eingereist. Bis zum Jahresende sollen es 2000 sein. Am Dienstag werde die nächste Chartermaschine mit rund 160 Flüchtlingen in Deutschland erwartet, sagte ein Ministeriumssprecher am Freitag. Von vielen Seiten war in den vergangenen Monaten die Forderung an die Regierung herangetragen worden, das Kontingent von 5000 Syrien-Flüchtlingen aufzustocken.

fas/dpa/AFP