Mindestens 13 Menschen hat eine Selbstmordattentäterin im Bahnhof des südrussischen Wolgograd mit in den Tod gerissen. Angeblich war sie früher mit islamistischen Untergrundkämpfern verheiratet.
Bild
© AP
Oksana Aslanowa, soll die junge Frau geheißen haben, die sich am Sonntag im Bahnhof von Wolgograd in die Luft sprengte und mindestens 13 andere Menschen mit den Tod riss. Dass jedenfalls berichtet der russische Sender "Lifenews" unter Berufung auf Ermittler. Die 26-jährige sei seit dem vergangenen Sommer von der russsichen Polizei gesucht worden.


Kommentar: Eigentlich laufen die Ermittlungen noch und eine Identifizierung, da ist es interessant wie schnell eine Täterin gefunden wurde.


Sie stamme aus dem Gebiet Tjumen und habe später in der nordkaukasischen Republik Dagestan gelebt, der Teilrepublik, die im Osten an Tschetschenien grenzt - beide gehören zu jenem Teil Russlands, in der Moskau seit mehr als zwei Jahrzehnten vergeblich versucht, seine Herrschaft gegen islamistische Milizen durchzusetzen. Aslanowa sei zwei mal mit islamistischen Kämpfern verheiratet gewesen, die aber beide vom russischen Geheimdiensten getötet worden seien, berichtet "Lifenews". Am Anschlagsort soll ihr Kopf gefunden worden sein. Auch die staatliche Nachrichtenagentur Ria Novosti nannte den Namen Aslanowas, unterstrich jedoch, die Identität sei noch nicht offiziell bestätigt.

Bei der Explosion in Wolgograd im Süden Russlands wurden 27 Menschen verletzt, darunter ein Kind, sagte ein Sprecher der Polizei. Neun Personen befänden sich in kritischem Zustand. Schon kurz nach der Detonation hatten die Behörden erklärt, sie gingen von einem Selbstmordanschlag aus. Präsident Putin wies die Behörden des Landes an, die Sicherheitsmaßnahmen an allen Bahnhöfen und Flughäfen zu verstärken.

Die Explosion ereignete sich um 12.45 Uhr Ortszeit (9.45 Uhr mitteleuropäischer Zeit) im Erdgeschoss des Bahnhofs, vor einem Metalldetektor am Eingang. Solche Detektoren stehen in Russland am Eingang der meisten öffentlichen Gebäude wie Flughäfen, Bahnhöfen, auch in Einkaufszentren, Kinos und Universitäten. Davor bildet sich in der Regel eine Schlange von Menschen, die auf die Sicherheitskontrolle warten.

Nach Angaben der Polizei bemerkten Polizisten um die Mittagszeit eine verdächtig aussehende Frau, die versuchte, die Kontrolle am Eingang des Wartesaals zu passieren. Ein Polizist sei auf sie zugegangen, dann sei die Explosion erfolgt. Der 29-jährige Beamte ist ums Leben gekommen. Drei weitere Polizisten wurden verletzt. Sprecher der Ermittlungsbehörde erklärte, man habe durch die Sicherheitskontrolle am Eingang noch mehr Opfer im Wartesaal vermeiden können.

Kurze Zeit nach dem Anschlag tauchte ein angebliches Video der Explosion im Internet auf. Darin sieht man ein starkes Aufflammen im zentralen Teil des Bahnhofs. Die Augenzeugin Walentina Petritschenko, die in einem Kiosk am Bahnhof arbeitet, erzählte im russischen Staatsfernsehen: " Es gab eine gewaltige Explosion. Man sah Menschen in Panik, einige liefen weg, andere wurden von der Druckwelle umgeworfen." Sie fügte hinzu: "Menschen lagen auf der Treppe und am Eingang, die Tür lag auch da, sie war ausgeschlagen."

Der Bahnhof war besonders voll, weil es keine Flüge gibt

Der Bahnhof von Wolgograd, dem früheren Stalingrad, war in diesen Tagen voll. "Am Bahnhof waren Hunderte Menschen, die über Silvesterferien verreisen wollten", sagte ein Vertreter der örtlichen Polizei der Agentur Interfax. Wegen des schlechten Wetters ist der Flughafen von Wolgograd seit Tagen geschlossen, deshalb nutzten noch mehr Menschen die Eisenbahn. Die Terroristen hätten das berücksichtigt, als sie den Ort des Anschlags aussuchten, meint der Polizist.

Es ist bereits der zweite Anschlag in Wolgograd binnen weniger Monate. Am 21. Oktober waren bei einer Explosion sieben Menschen ums Leben gekommen, mehr als 30 wurden verletzt. Eine Selbstmordattentäterin hatte in einem Linienbus eine Bombe gezündet. Auch die 30-jährige Naida Assijalowa stand mit islamistischen Untergrundkämpfern im Nordkaukasus in Verbindung. Laut Ermittlern kam sie mit einem Bus aus der dagestanischen Hauptstadt Machatschkala nach Wolgograd.

Am Freitag vergangener Woche war, ebenfalls im Süden Russlands, ein weiterer Anschlag verübt worden. In Pjatigorsk im Gebiet Stawropol explodierte ein Auto mit Sprengstoff neben dem Gebäude einer Verkehrspolizeistation. Drei Passanten kamen dabei ums Leben. Die Polizei sucht nach Tätern.

Der Fluch der "schwarzen Witwen"

Die Anschläge werfen Fragen nach der Sicherheitslage während der Olympischen Winterspiele in Sotschi auf, die bereits in 40 Tagen beginnen sollen. Im Juli dieses Jahres hatte Doku Umarow, der Anführer der islamistischen Terroristen im Nordkaukasus, in einem Video dazu aufgerufen, die Spiele um jeden Preis zu verhindern. Wolgograd liegt etwa 700 Kilometer von Sotschi entfernt, Pjatigorsk etwa 250. Für russische Verhältnisse sind das geringe Entfernungen. Die meisten Anschläge im vergangenen Jahr erfolgten im Süden Russlands, auch weil es für Terroristen einfacher ist, aus den nordkaukasischen Republiken in diese angrenzenden Gebiete zu kommen.

Die Islamisten der Region kämpfen mit Terroranschlägen für einen unabhängigen islamischen Staat, das "kaukasische Emirat". Selbstmordattentate werden dabei oft von Frauen ausgeführt, sogenannten "schwarzen Witwen". In Russland werden sie für Dutzende Explosionen verantwortlich gemacht. An Attentaten auf das Dubrowka-Theater in Moskau 2001 und auf eine Schule in Beslan 2004 waren mehrere Frauen mit Sprenggürteln beteiligt.

In den Jahren 2004 und 2010 zündeten Frauen Bomben in der Moskauer U-Bahn. 2004 sprengten "schwarze Witwen" gleichzeitig zwei Passagierflugzeuge in die Luft. Die meisten der Frauen sind Angehörige getöteter Terroristen und wollen diese rächen. Naida Assijalowa, die den Anschlag in Wolgograd im Oktober verübte, war aber jedoch keine Witwe im eigentlichen Sinne, sondern wurde vermutlich vor allem durch religiöse Motive bewegt. Außerdem war sie schwer krank.

Sotschi soll um jeden Preis geschützt werden

Russische Regierungsvertreter haben immer wieder betont, dass die Sicherheit während der Spiele in Sotschi im Februar 2014 garantiert sei. "Ich gehe davon aus, dass unsere Geheimdienste und Sicherheitsbehörden das unbedingt schaffen", sagt Putin in einem Interview im September. "Wir müssen alles tun, um den Drohungen ein Ende zu setzen und Terroristen keine Chance zu geben."

Während der Winterspiele will Russland beispiellose Sicherheitsmaßnahmen treffen. Etwa 37.000 Polizisten sollen in Sotschi im Einsatz sein. Russische Geheimdienste wollen die Kommunikation im Internet und Telefongespräche überwachen, was bereits für Kritik sorgte. Ab dem 7. Januar ist die Einfahrt nach Sotschi für alle Autos verboten, die nicht in der Region gemeldet sind. Alle Besucher der Spiele werden verpflichtet, sich nach der Ankunft umgehend bei den russischen Behörden registrieren zu lassen. Im Vorfeld der Spiele gingen die Sicherheitskräfte mit besonderer Härte gegen Islamisten im Nordkaukasus vor.