norkkoreanisches Regime
© APDas norkkoreanische Regime macht sich schwerer Vergehen gegen die Menschenrechte schuldig.
Die Führung Nordkoreas gehört nach Ansicht einer UN-Untersuchungskommission wegen schwerer Verbrechen gegen die Menschlichkeit auf die Anklagebank.

In nie dagewesener Deutlichkeit warf das UN-Gremium der Staatsführung in Pjöngjang am Montag vor, seit Jahrzehnten schwerste Verbrechen zu begehen. In Erinnerung an die Nazi-Verbrechen im Zweiten Weltkrieg mahnte Kommissionschef Michael Kirby, fortan werde niemand mehr sagen können: "Wir wussten das nicht."

"Die Menschenrechtsverletzungen sind von einer Schwere, einem Ausmaß und einer Art, die in der heutigen Welt keinen Vergleich kennt", heißt es in dem fast 400 Seiten starken Bericht. Aufgezählt werden "Ausrottung, Mord, Versklavung, Folter, Haft, Vergewaltigung, erzwungene Abtreibungen" sowie zahlreiche weitere Verbrechen, etwa Zwangsumsiedlungen und das Aushungern von Bevölkerungsgruppen. Der Bericht stützt sich auf Aussagen von mehr als 80 Nordkoreanern, denen die Flucht gelungen ist. Pjöngjang selbst kooperierte nicht mit der UNO, weshalb Untersuchungen vor Ort nicht möglich waren.

"Systematische und weitreichende" Verbrechen

Vertreter der Führung in Pjöngjang müssten wegen der Verbrechen vor den Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag gebracht werden, forderte das Expertenteam, das im Auftrag des UN-Menschenrechtsrats den Bericht erstellte. Nordkorea begehe "systematische und weitreichende" Verbrechen. Auch würden grundlegende Freiheiten wie die Meinungs- und Religionsfreiheit verweigert.

Die Kommission war im Mai 2013 durch den UN-Menschenrechtsrat in Genf eingesetzt worden. Sie wirft Pjöngjang nun vor, derzeit in vier großen Lagern bis zu 120.000 politische Gefangene zu internieren. Nordkorea hat rund 24 Millionen Einwohner. Ein ehemaliger Häftling berichtete, wie er die Leichen von Verhungerten verbrennen und ihre Asche als Dünger verteilen musste. Andere waren gezwungen, ihre unterernährten Babys mit Mäusen und Schlangen zu füttern.

Mehrere Hundert Verantwortliche

Für die Verbrechen in Nordkorea könnten nach Einschätzung der Kommission "mehrere hundert" Menschen verantwortlich sein. Kirby verwies nicht ausschließlich auf Staatsführer Kim Jong Un, sagte aber, diesem falle "ein Großteil der Verantwortung zu". Im nordkoreanischen Machtgefüge laufe alles beim "obersten Führer" zusammen.

Kim Jong Un ist der dritte Machthaber der Kim-Dynastie - er steht seit Ende 2011 an der Spitze der Machtpyramide, nachdem sein Vater, Kim Jong Il, gestorben war. Dessen Vater, Kim Il Sung, wird als Staatsgründer verehrt und begründete den streng hierarchischen Machtapparat.

In dem Bericht ist ein Schreiben Kirbys an Kim Jong Un vom 20. Januar wiedergegeben, in dem der UN-Experte den nordkoreanischen Führer darauf hinweist, dass er auch persönlich für die Verbrechen verantwortlich gemacht werden könne. Jeder Vertreter des Machtapparats müsse auf Anklagen nach dem Völkerrecht gefasst sein. Der Bericht empfiehlt, entweder solle der UN-Sicherheitsrat den Internationalen Strafgerichtshof einschalten oder ein Sondertribunal einsetzen.

Klare Beweise

Die USA erklärten, der UN-Bericht belege "klar und unwiderruflich" die brutale Realität der Menschenrechtsverstöße in Nordkorea. Das südkoreanische Außenministerium lobte laut der Nachrichtenagentur Yonhap die Anstrengungen der Experten. Die Regierung hoffe, dass der Bericht die Aufmerksamkeit der internationalen Gemeinschaft schärfe.

Schon vor der Veröffentlichung des UN-Berichts gab China dem Verbündeten indes Rückendeckung. Die "einschlägige Position" Pekings bei Menschenrechtsfragen sei "glasklar", sagte Außenamtssprecherin Hua Chunying in Peking. Solche Fragen müssten "durch konstruktiven Dialog auf Augenhöhe" geklärt werden. Die chinesische Führung stellte damit klar, dass sie sich gegen eine Anklage der nordkoreanischen Führung in Den Haag stellen würde.