Demo in Deraa
© ReutersDemonstration bei einem Trauermarsch in Deraa.
Syrien will den seit 48 Jahren geltenden Ausnahmezustand aufheben. Die Maßnahme erfolge vor dem Hintergrund der jüngsten Unruhen im Land, sagte ein Regierungssprecher. Dutzende Menschen waren im ganzen Land getötet worden, als Sicherheitskräfte auf Demonstranten geschossen hatten. Die Behörden hätten die Aufhebung bereits beschlossen, es sei aber noch unklar, wann sie in Kraft trete, hieß es in Damaskus.

Zuvor hatte die Regierung bereits versucht, mit der Freilassung von 260 politischen Gefangenen die Lage zu beruhigen. Beim Großteil der freigelassenen Häftlinge handele es sich um Islamisten, auch 14 Kurden seien darunter, sagte der Präsident der syrischen Menschenrechtsliga, Abdel Karim Rihaui. Die meisten der Freigelassenen hätten drei Viertel ihrer Strafe verbüßt.

Bürgerrechte stark eingeschränkt

Die Oppositionellen fordern politische Reformen und Bürgerrechte - sowie die Aufhebung des Ausnahmezustands. Dieser war am 8. März 1963 verhängt worden, als sich die arabisch-nationalistische Baath-Partei an die Macht putschte. Auf der Grundlage des Ausnahmezustands wurden die meisten Bürgerrechte stark eingeschränkt. Insbesondere erlaubt er willkürliche Verhaftungen und politisch motivierte Prozesse vor Staatssicherheitsgerichten ohne Berufungsmöglichkeit und mit eingeschränktem Rechtsbeistand für die Angeklagten.

Proteste im ganzen Land

Bei erneuten Zusammenstößen zwischen unbewaffneten Demonstranten und Angehörigen der Sicherheitskräfte in der Hafenstadt Latakia waren mehrere Zivilisten getötet worden. Oppositionelle sprachen von fünf bis sieben Toten. Nach Angaben von Regimegegnern schossen Scharfschützen einer Spezialeinheit von den Dächern mehrerer Gebäude in der Stadt, die 350 Kilometer nordwestlich von Damaskus liegt.

Auch in Daraa, das immer wieder zum Schauplatz gewaltsamer Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Staatsmacht geworden ist, versammelten sich Hunderte Menschen im Zentrum und forderten mehr Freiheit. In der im Süden des Landes gelegenen Stadt waren in der vergangenen Woche Dutzende Menschen getötet, als die Sicherheitskräfte Proteste niederschlugen.

Kein Eingreifen der USA

Die USA planen trotz der Gewalt gegen die Demonstranten kein Eingreifen in Syrien ähnlich dem Militäreinsatz in Libyen. "Nein", antwortete Außenministerin Hillary Clinton in einem Interview des Senders CBS auf die Frage, ob die USA intervenieren würden.

Was in den vergangenen Wochen in Syrien geschehen sei, "ist zutiefst besorgniserregend", so die Außenministerin. "Aber es gibt einen Unterschied zwischen dem Einsatz von Flugzeugen sowie dem willkürlichen Beschießen und Bombardieren der eigenen Städte und Polizeiaktionen mit einer Gewaltanwendung, die das, was wir alle sehen wollen, überschritten hat." Insgesamt seien "alle diese Situationen" unterschiedlich, betonte Clinton mit Blick auf die Unruhen im Jemen, in Libyen, Syrien und Bahrain.