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Die Inquisition folterte erbarmungslos tausende unschuldige Menschen.
Die Inquisition sollte Glaubensabtrünnige verfolgen und der reinen Wahrheit der römischen Kirche dienen. Doch dieses Wort hat einen faden Beigeschmack.

Die Inquisition ist eines der dunkelsten Kapitel der römischen Kirche - bis heute. Das frühe Christentum vertrat als Offenbarungsreligion einen universellen Wahrheits- und Exklusivitätsanspruch und war als Staatsreligion des Römischen Reiches in staatliche Gefüge gebettet. Mit der Entstehung der päpstlichen Inquisition Anfang des 13. Jahrhunderts ging sie zunächst nur gegen Häretiker = Glaubensabtrünnige, Irrlehre, Ketzer vor.

Im Spätmittelalter und in der Frühen Neuzeit weitete die Inquisition ihren Machtbereich aus und ging auch gegen andere Verbrechen vor, sofern diese den Glauben berührten. Dazu zählten Hexerei, Magie, Gotteslästerung, Sittlichkeitsverbrechen. Mit der päpstlichen Inquisition wurde die Folter eingeführt. Vor allem in der Frühen Neuzeit, ab dem 16. Jahrhundert, kam sie verstärkt zum Einsatz. Die Folter sollte dem verstockten Missetäter ein Geständnis abringen.

Die Anfänge der Inquisition

Das Wort 'Inquisition' leitet sich vom lateinischen inquisitio = "Untersuchung“ ab. Am Ursprung der Inquisition stand ein Machtkampf zwischen Papst und Bischöfen. Bis zum 13. Jahrhundert gehörte es zu den Aufgaben des Bischofs, seine Diözese zu überwachen, Häretiker ausfindig zu machen und Verdächtige durch sein Gericht aburteilen zu lassen. Notfalls stützte er sich auf den "weltlichen Arm“, der im allgemeinen rasch bereit war, auf widerspenstige und ungehorsame Köpfe einzuschlagen. Der Papst begnügte sich mit allgemeinen Richtlinien, wie die Bischöfe bei der Ketzerjagd zu verfahren hatten.

Richtlinien gegen Glaubensabtrünnige wurden vor allem bei den einberufenen Konzilen erlassen. Wichtige Konzile in diesem Zusammenhang waren das zweite Laterankonzil von 1139 in Rom. Im dritten Laterankonzil von 1179 wurde zum bewaffneten Vorgehen gegen Häretiker der Zeit (Katharer und Waldenser) aufgerufen und den weltlichen Herren 'Ablass' zugesichert. Auf dem vierten Laterankonzil von 1215 bemühte sich Papst Innozenz III. zum ersten Mal um eine Gesamtregelung der Maßnahmen gegen die Ketzerei. Abgesandte des Papstes, vornehmlich aus dem Orden der Dominikaner, hatten innerhalb der Diözesen in all den Fällen einzugreifen, die mit Häresie zu tun hatten.

Die Inquisition trat mit einem zweifachen Machtanspruch auf: Sie war rechtsprechende Gewalt, eingesetzt vom Papst, dem das gesamte Verfahren (Urteil, Berufung) unterstand. Zum anderen war die Inquisition eine Gewalt, die allein der Kirche gegenüber verantwortlich war und keiner weltlichen Macht. Diese wurde lediglich für die Vollziehung der Urteile herangezogen.

Verfahren der kirchlichen Gerichte

Bis zum Ende des Mittelalters bestanden drei Typen der Prozessordnung: Bei der ältesten, dem so genannten Akkusationsprozess, stehen sich Kläger und Beklagter gegenüber. Dieses Verfahren diente lediglich in Privatsachen, wie etwa bei Diebstählen. Eine andere Verfahrensart war der aus dem römischen Recht stammende Denunziationsprozess. Er konnte auf zweierlei Art in Gang kommen: durch die denunciatio publica, zum Beispiel durch eine Amtsperson, die Delikte zu melden hatte, oder durch die denunciatio privata judicialis, die jedermann erheben konnte, der in seinen Interessen verletzt worden war. Daneben gab es noch die Möglichkeit der diffamatio, eine kirchliche Neuerung, die ursprünglich nicht dem römischen, sondern dem germanischen Recht entstammt. Wer in Verdacht geraten ist, kann 'diffamiert' und für ehrlos erklärt werden.

Für den Diffamierten gab es noch eine Möglichkeit, zumindest die Aussetzung des Verfahrens gegen ihn zu erwirken, und zwar durch den Reinigungseid. Die Kirche allerdings stand diesem skeptisch gegenüber. Der Angeklagte schwört mit einem feierlichen Eid auf die Bibel, dass er unschuldig ist. Die Kirche zögerte, die Formel der purgatio canonica zu übernehmen. Zwar ging sie davon aus, dass niemand es wagen würde, einen Meineid zu leisten, sie war jedoch der Ansicht, dass es dem Angeklagten nicht zusteht, den Reinigungseid zu fordern, sondern allein dem Richter. Der Richter entscheidet in Abwägung der Schwere des Verbrechens und der Glaubwürdigkeit der denunciatio.

In diesem Zusammenhang entwickelte Papst Innozenz III. das Verfahren des Inquisitionsprozesses, ursprünglich aber in der Absicht, die skandalösen Missgriffe von Bischöfen und Prälaten zu sanktionieren. Das neu entwickelte Verfahren gab dem Richter die Möglichkeit, von sich aus tätig zu werden und die gesamte Untersuchung an sich zu ziehen, wenn er der öffentlichen Meinung Hinweise auf ein Verbrechen entnahm.

Anleitung über das Vorgehen gegen Ketzer

Wer der Häresie angeklagt war, "des furchtbarsten Verbrechens, dessen ein Mitglied der Gemeinschaft der Gläubigen sich schuldig machen kann“, der sah ein überaus repressives Arsenal von Maßnahmen auf sich gerichtet. Er war Verfahrensweisen ausgeliefert, die im Vergleich zum heutigen Recht kaum etwas Menschenfreundliches oder auch nur ein wenig Maßvolles an sich hatten. Besonders folgenschwere Abweichungen von der gewöhnlichen Rechtssprechung wurden nicht nur geduldet, sondern geradezu empfohlen.

Um Handhabungen und Vorgehen gegen Ketzer weiter vermitteln zu können, wurden von einigen Inquisitoren Handbücher herausgegeben. Etwa der 1244 vonWilhelmus Raimund und Petrus Durandi verfasste Ordo Processus narbonensis, oder das 1376 von Nicolaus Eymerich geschriebene Directorium inquisitorum. Aus den späteren Inquisitionsprozessen gegen die Hexerei ist der Malleus Maleficarum - der Hexenhammer von Heinrich Kramer - bekannt.

Das Handbuch des Nicolaus Eymerich beginnt damit, dass "das Verfahren in Glaubenssachen summarisch, einfach und unkompliziert zu sein hat, ohne heftige Szenen und ohne große Auftritte von Advokaten und Richtern“. Es bestimmt im Zusammenhang von Zeugenaussagen weiter: "Im Inquisitionsverfahren wirdniemals ein Zeuge zurückgewiesen, außer im Falle von Todfeindschaft gegenüber dem Angeklagten. Jedermann hat das Recht, für den Glauben Zeugnis abzulegen“. Eymerich setzt noch eine gefährliche Erläuterung hinzu, indem er anmerkt: "Jedermann, das bedeutet, selbst die Ehrlosen, die Verbrecher nach gemeinem Recht und ihre Komplizen, die Meineidigen, die Exkommunizierten und alle Missetäter, was immer sie verbrochen haben, werden gehört“.

Quellenangabe: Philippe Reliquet: Ritter, Tod und Teufel dtv Verlag