Forscher präsentieren Auswertung von weiteren Satelliten-Daten - Neue Erkenntnisse zu Klimawandel und Entstehung von Erdbeben möglich

München - Zwei Jahre lang hat der ESA-Satellit GOCE (Gravity field and steady-state Ocean Circulation Explorer) mittlerweile Daten zur Gravitation gesammelt. Koordiniert von Forschern der Technischen Universität München haben Wissenschaftler daraus das bisher präziseste Modell des globalen Schwerefeldes erstellt, das sie heute auf dem vierten internationalen GOCE-Nutzer-Workshop in München vorgestellt haben. Es soll helfen, die Funktionsweise der Erde wesentlich besser zu verstehen.

Die Forscher stellen ihre Berechnungen mit dem so genannten Geoid dar, der gedachten Oberfläche eines globalen, ruhenden Ozeans, der allein durch die Schwerkraft geformt wird. Die Schwerkraft der Erde ist nicht an jedem Ort gleich, sie wird von vielen Faktoren beeinflusst: etwa der Materialdichte in Erdkruste und -mantel, den Gezeiten und der Fliehkraft, die durch die Erdrotation entsteht. Im Modell werden die Gebiete mit geringer Schwerkraft als Dellen sichtbar, starke Anziehungskraft als Beule.

Das Geoid liefert Ozeanographen wichtige Referenzdaten für ihre Messungen: Aus den Differenzen zwischen dem idealisierten Ozean, der aufgrund der Schwerkraft zu erwarten wäre, und dem tatsächlichen Meeresspiegel können die Wissenschaftler beispielsweise Ozeanströmungen ableiten. Außerdem lässt sich beobachten, ob sich der Meeresspiegel ändert und wie sich das Eis von den Polen bewegt. Diese Informationen sind nötig, um die Auswirkungen des Klimawandels abzuschätzen.

Die Daten können außerdem dazu beitragen, die Dynamik in der Erdkruste und die Entstehung von Erdbeben besser zu verstehen. Ein weiteres Ziel der Wissenschaftler ist, verschiedene Höhensysteme zu vereinheitlichen, die sich bisher an unterschiedlichen Meereshöhe orientieren.

GOCE startete wurde im März 2009 und fliegt in einer außergewöhnlich niedrigen Umlaufbahn von 260 Kilometern, die ihm sehr genaue Messungen erlauben. Außerdem hat er als erster Satellit ein elektrostatisches Gravitationgradiometer mit sechs 3D-Beschleunigungsmessern an Bord. Um das Geoid noch exakter bestimmen zu können, soll GOCE weiter im Einsatz bleiben, wie ESA-Direktor Volker Liebig erklärte: "Dank einer außergewöhnlich geringen Sonnenaktivität konnte GOCE in einer niedrigen Umlaufbahn verbleiben und seine Messungen bereits sechs Wochen früher als geplant aufnehmen. Dadurch steht noch genügend Treibstoff zur Verfügung, um die Messungen des Schwerefelds bis Ende 2012 fortzuführen."

Mehr zur Vermessung des Schwerefelds finden Sie auf unserer Themenseite.