Schüsse auf Demonstranten/Syrien
© AFP/Syrisches FernsehenBlutige Gewalt in Syrien: Tödliche Schüsse auf Demonstranten.
Erst schossen die syrischen Sicherheitskräfte mit Tränengas, dann mit scharfer Munition: Bei einer Demonstration von Oppositionsanhängern in der Stadt Daraa sind Augenzeugen zufolge mindestens 13 Menschen ums Leben gekommen. Die Protestwelle gegen Präsident Assad wird stärker.

Damaskus - Das Regime von Syriens Präsident Baschar al-Assad reagiert weiter mit Gewalt: Bei Protesten von Oppositionsanhängern in der südsyrischen Stadt Daraa sind am Freitag Augenzeugen zufolge mindestens 13 Menschen ums Leben gekommen. Sicherheitskräfte feuerten demnach zunächst mit Tränengas auf die Demonstranten, später schossen sie mit scharfer Munition in die Menge.

Die Demonstranten setzten ein Büro der regierenden Baath-Partei in Brand.

Die staatliche Nachrichtenagentur Sana berichtete dagegen, Randalierer hätten das Feuer bei der Massenkundgebung eröffnet, ein Polizist und ein Fahrer eines Rettungswagens seien dabei getötet worden.

Daraa gilt als Zentrum der seit Wochen andauernden Proteste gegen das Regime von Assad, dessen Familie das Land seit knapp 40 Jahren regiert.

In Deir al-Sor nahe der irakischen Grenze droschen Schlägertrupps auf Demonstranten ein. In der Stadt Latakia gingen nach dem Freitagsgebet ebenfalls Hunderte Regimegegner auf die Straßen. Sie riefen: "Welch eine Schande, Schüsse auf friedliche Demonstranten." Weitere Demonstrationen wurden aus Kamischli, aus der Provinz Idlib, aus Homs gemeldet. Anwohner berichteten zudem von einer Kundgebung in dem Dorf Zakija südwestlich von Damaskus, wo zwei Menschen erschossen wurden.

Aus dem Umland von Damaskus, aus den Provinzen Homs und Latakia, aus Idlib und aus Benias wurden ebenfalls Protestaktionen gemeldet. In Benias riefen einige Demonstranten: "Der islamische Religionsgelehrte und der Priester gehen Hand in Hand." Auch Kurden in den Provinzen Kamischli und Hassaka gingen auf die Straße.

Assad hatte in den vergangenen Tagen einige Reformen verkündet, um die Protestbewegung zu stoppen, die im März begonnen hatte. Erst hob er die Arbeitsbeschränkungen für Frauen mit Gesichtsschleier auf. Dann befahl er, mehr als 100.000 Kurden aus der Provinz Hassaka, denen 1962 die Staatsbürgerschaft aberkannt worden war, zusammen mit ihren Angehörigen wieder zu Syrern zu machen. In Kamischli riefen einige Demonstranten: "Die Staatsangehörigkeit ist kein Ersatz für die Freiheit."

Assad gehört zur religiösen Minderheit der Alawiten. Er hatte die Proteste der Regimegegner, die sich von den Revolutionen in Tunesien und Ägypten hatten inspirieren lassen, als Versuch radikaler Sunniten dargestellt, Zwietracht zwischen den Religionsgruppen zu säen.

Tatsächlich sympathisiert ein Teil der Demonstranten mit den Muslimbrüdern und gelegentlich werden bei den Kundgebungen auch religiöse Parolen gerufen. Doch sind an den Protesten auch Angehörige anderer Religionsgruppen beteiligt. Seit Beginn der Proteste wurden in Syrien nach Schätzungen von Menschenrechtsgruppen mehr als 110 Menschen getötet. Dutzende Demonstranten und einige bekannte Oppositionelle wurden festgenommen.