Wie wird man Hunderte von Tonnen hochradioaktiven Wassers auf einfache Weise los? Man kippt sie einfach in den Pazifik! In Japan hat das umstrittene, nunmehr staatliche Unternehmen Tokyo Electric Power Co. (Tepco) eine »schmerzhafte Entscheidung« getroffen: Es will nun damit beginnen, riesige Mengen radioaktiven Wassers - die Rede ist von 430 000 Tonnen radioaktiv belasteten Wassers, die gegenwärtig noch in der zerstörten Kernkraftwerksanlage in Fukushima gelagert werden - direkt in den Pazifik zu leiten, obwohl erst vor wenigen Tagen im Wasser in der Nähe von Fukushima Strahlungswerte gemessen wurden, die ein neues Allzeithoch erreichten.

Fukushima
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Das radioaktive Wasser, das nun freigesetzt werden soll, wird unvermeidlich Teil unserer Nahrungskette werden und uns möglicherweise noch Jahrzehnte lang begleiten. Fukushima hat sich zu einem Umweltalbtraum entwickelt, der kein Ende zu nehmen scheint. Aber die Mainstreammedien in den USA haben sich seit Längerem dafür entschieden, praktisch kaum noch darüber zu berichten.

Es ist also nicht damit zu rechnen, dass die großen Nachrichtenmedien in großer Aufmachung über die Tatsache berichten werden, dass Japan entschlossen ist, den Pazifischen Ozean als gigantisches Auffangbecken für ihren nuklearen Abfall zu benutzen. Aber auch wenn sie dieses Thema totschweigen, bedeutet dies natürlich im Gegenzug nicht, dass die radioaktiven Substanzen aus Fukushima keine ernsthafte Gesundheitsbedrohung für Millionen von Menschen auf der ganzen Welt darstellen.

Wie die Japan Times berichtete, leitete Tepco bereits am Mittwoch 560 Tonnen radioaktiven Wassers in den Pazifik. Aus dem Unternehmen hieß es, für die absehbare Zukunft sei damit zu rechnen, dass täglich weitere 100 Tonnen des belasteten Wassers in den Ozean geleitet würden:
»Tokyo Elektric Power Co. begann am Mittwoch damit, Grundwasser aus [den Sicherheitsbehältern] des Kernkraftwerksblocks 1 der Anlage in Fukushima in den Pazifik zu leiten. Damit sollte die riesige Menge an radioaktivem Wasser, die sich in dem Komplex angesammelt hat, verringert werden.

Die Einrichtung, der zufolge die radioaktive Belastung des Wassers unterhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerte liegt, führt einen täglichen Kampf gegen das kontaminierte Wasser, seit der Reaktor Fukushima 1 durch das Erdbeben und den darauf folgenden Tsunami im März 2011 praktisch zerstört wurde.

Laut Tepco wurden am Mittwoch 560 Tonnen Grundwasser, die [von den umliegenden Hügeln kommend] zunächst aufgefangen und gelagert wurden, bevor sie dann in den unteren Geschossen des weitgehend zerstörten Kraftwerksgebäudes zur Kühlung eingesetzt wurden, in den Ozean geleitet. Dazu nutzte das Unternehmen eine Wasserumleitung [in einen Zwischentank], aus dem dieses Wasser dann nach Überprüfung der Strahlenwerte in den Ozean geleitet wird.

Mithilfe dieser Umleitung hofft Tepco durchschnittlich 100 Tonnen einwandfreien Grundwassers pro Tag in den Ozean einleiten zu können.«
Tepco versichert uns, dass sich die radioaktive Belastung des Wassers, das ins Meer geleitet werden soll, »innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Strahlengrenzwerte« befindet. Andererseits aber hat das Unternehmen keine Erklärung dafür, warum die Strahlenwerte, die in Wasservorkommen aus der näheren Umgebung von Fukushima gemessen wurden, erst vor wenigen Tagen ein neues Allzeithoch erreichten:
»Die Strahlungswerte haben an fünf Messpunkten in Wasservorkommen in der näheren Umgebung des zerstörten Kernkraftwerksblocks Fukushima 1 ein Allzeithoch erreicht, meldete das Betreiberunternehmen Tepco am Freitag.

Die Messergebnisse decken sich weitgehend mit ähnlichen Höchstwerten, die im Grundwasser auf dem Kraftwerksgelände gemessen wurden. Vertreter des Betreibers Tepco erklärten, die Ursache für die Höchstwerte im Meerwasser sei nicht bekannt.

Drei der Messpunkte befinden sich innerhalb des Hafens in der Nähe des zerstörten Kraftwerks, in dem früher Versorgungsschiffe anlegten.

An einer Probenentnahmestelle im Hafen, die sich zwischen den Wasserzuläufen der Reaktorblöcke 2 und 3 befindet, wurden am Montag 1900 Becquerel pro Liter gemessen, die von Tritium stammen, am 14. April lag der bisherige Höchstwert noch bei 1400 Becquerel, erklärte Tepco.

In der Nähe, also noch innerhalb des Hafens, wurden Tritium-Strahlungswerte von 1400 Becquerel gefunden. Der bisherige Höchstwert lag hier bei 1200 Becquerel.«
Kann man also Tepco trauen? Ich tue es sicherlich nicht. Und hier geht es längst nicht allein um ein Problem, das nur Japan betrifft. Radioaktives Material aus Fukushima wurde buchstäblich schon überall auf der Welt gefunden. So ließen sich etwa Fragmente nuklearer Brennstoffe aus Fukushima im weit entfernten Norwegen nachweisen.

Wenn dieses radioaktive Material erst einmal ins Meer und damit auch in unsere Nahrungskette gelangt ist, lässt sich schwer sagen, wo es letztlich endgültig landen wird. Wenn es den Mainstreammedien wirklich um Umweltschutz ginge, würden sie sich dieses Themas annehmen. Aber stattdessen hat man den Eindruck einer Verschwörung des Schweigens. Nehmen wir z. B. die folgenden Äußerungen des New-York-Times-Journalisten Martin Fackler kürzlich in einem Interview:
»Es ist in Japan sehr schwer, über das Problem der Strahlung zu diskutieren, wie gefährlich sie ist usw. Es wird einem der Eindruck vermittelt, wenn man über diese Themen auch nur spricht, schadet man den armen Menschen von Fukushima. Daher sollten wir einfach nicht darüber reden. Aber das ist einfach nicht richtig... Vor allem die Regierung will mit uns nicht über dieses Thema reden, weil sie keine Entschädigungen zahlen will... Ich habe den Eindruck, dass vieles in Fukushima vorgeht, über das einfach in den lokalen Medien nicht berichtet wird; nicht notwendigerweise, weil die Regierung es vertuschen will, es geht vielmehr um selbstauferlegte Zurückhaltung oder Selbstzensur. Selbst Zeitungen, die in ihrer Berichterstattung über Tepco in gewisser Weise sehr kritisch sind, wie etwa die Tokyo Shimbun, würden über diese Themen nicht berichten, da sie fürchten, dass es als unpatriotisch aufgefasst werden könnte, über Strahlung zu sprechen... Es gibt aber viele Fragen und Probleme, über die nicht gesprochen wird, über die aber meiner Ansicht nach unbedingt gesprochen werden müsste. Und wenn die Bevölkerung von Fukushima geschädigt wurde, liegt es nun mal in der Verantwortung von Tepco...«
Auch die amerikanischen Medien haben mit Sicherheit kein Interesse daran, darüber zu berichten, welche Strahlung in welcher Größenordnung von Fukushima aus die Westküste unseres Landes erreichen und dort Schaden anrichten könnte.

Aber es mehren sich die Hinweise, dass etwas sehr Ungewöhnliches geschieht. So ergeht es beispielsweise jungen Seelöwen entlang der kalifornischen Küste folgendermaßen:
»Wieder einmal kämpfen Seelöwen um ihr Überleben und werden vermehrt an Land geschwemmt. Viele der Jungtiere sind dehydriert, unterernährt und ringen mit dem Tode.

Dieses Jahr begann ruhiger als das vergangene, und die Entwicklungsleiterin des Pazifik-Meeressäugetierzentrums Melissa Sciacca dachte schon, alles wäre im grünen Bereich. Aber seit einem Monat häuften sich die Anrufe. Das Zentrum in Laguna Beach im kalifornischen Landkreis Orange hat mit nunmehr 100 aufgenommenen Seelöwen seine Kapazitätsgrenze fast erreicht. Nach erfolgreicher Behandlung der Tiere werden diese wieder in die Freiheit entlassen, wenn sie zu Kräften gekommen sind.

›Wir hatten gehofft, es würde ein schönes ruhiges Jahr werden, aber im letzten Monat hat die Zahl der Notfälle rasant zugenommen‹, meinte sie. ›Es gehen ständig weitere Notrufe ein.‹«
Und erst vor Kurzem berichtete ich von einem mysteriösen Massensterben bei Fischen überall auf der Welt. Könnte Fukushima die Ursache oder zumindest Teilursache davon sein? Viele Menschen versuchen, die Folgen der Reaktorkatastrophe von Fukushima für den Pazifik herunterzuspielen. Ich halte das für einen großen Fehler. Radioaktive Strahlung verursacht Krebs. Radioaktive Strahlung tötet.

Die Gesamtmenge an nuklearen Substanzen, die in Fukushima freigesetzt wurden, steigt immer noch weiter und reichert sich in unserer Nahrungskette an. Nimmt man diese nuklearen Teilchen in sich auf, können sie einen buchstäblich von innen heraus zum Kochen bringen. An anderer Stelle zitierte ich schon aus einem Kommentar von Helen Caldicott, der im April 2011 in der britischen Tageszeitung The Guardian erschien:
»Auf der anderen Seite geht innere Strahlung von radioaktiven Elementen aus, die über Einatmung, Nahrungsaufnahme oder über die Haut in den Körper hinein gelangen. Gefährliche Radionuklide wie Jod131, Caesium137 und andere Isotope, die gegenwärtig in der Umgebung von Fukushima in das Meer und die Luft freigesetzt werden, reichern sich in den Organismen von Meerestieren mit jedem Schritt der unterschiedlichen Nahrungsmittelketten an (zum Beispiel zunächst in Algen, dann über Krustentiere, kleinere Fische, größere Fische bis hin zu Menschen oder über den Boden, das Gras, die Milch und das Fleisch von Rindern und dann im Menschen). Wenn diese radioaktiven Elemente in den Körper gelangt sind, reichern sich diese körperinternen Strahlungsquellen in bestimmten Organen wie etwa der Schilddrüse, der Leber, den Knochen und dem Gehirn an. Dort geben sie permanent Strahlung mit hohen Dosen von Alpha-, Beta- und/oder Gammastrahlung an die Zellen ihrer Umgebung ab, was über Jahre hinweg unkontrollierte Zellvermehrung, mit anderen Worten Krebs, auslösen kann. Darüber hinaus verbleiben viele dieser Nuklide in der Umwelt viele Generationen lang radioaktiv; dies wird im Laufe der Zeit letztlich zu steigenden Fallzahlen von Krebs und genetischen Veränderungen führen.«
Das sind doch wunderbare Aussichten, stimmt’s?

Es ist schon vielfach dokumentiert worden, dass radioaktive Substanzen aus Fukushima in Fischen und Meeresfrüchten gefunden wurden, die in Nordamerika verkauft wurden. So berichtete 2012 die kanadische Zeitung Vancouver Sun, dass Caesium137 in einem hohen Prozentsatz des Fisches entdeckt wurde, der aus Japan nach Kanada verkauft worden war:
  • 73 Prozent bei Makrelen
  • 91 Prozent bei Heilbutt
  • 92 Prozent bei Sardinen
  • 93 Prozent bei Thunfisch und Aal
  • 94 Prozent bei Kabeljau und Sardellen und
  • 100 Prozent bei Karpfen, Seetang, Hai und Seeteufel.
Wie ich bereits an anderer Stelle berichtet habe, hat vor einiger Zeit die Oberstufenschülerin Bronwyn Delacruz aus Kanada Meerestiere und Meeresfrüchte, die sie in einem Geschäft vor Ort gekauft hatte, auf radioaktive Belastung hin untersucht. Dabei kam sie zu absolut umwerfenden Ergebnissen:
»Die kanadische Oberstufenschülerin Bronwyn Delacruz hätte es sich nie träumen lassen, dass ihr wissenschaftliches Schulprojekt in aller Welt für Schlagzeilen sorgen würde. Aber dies genau geschah. Mithilfe eines 600 Dollar teuren Geigerzählers, den ihr Vater ihr kaufte, maß Delacruz die radioaktive Strahlung von Meeresfrüchten, die sie in einem lokalen Lebensmittelladen gekauft hatte. Ihre Ergebnisse waren absolut umwerfend. Ein Großteil der Meeresfrüchte, insbesondere die Produkte, die in China verarbeitet worden waren, gab hohe Strahlung ab. Geht dies auf die nukleare Strahlung aus Fukushima zurück? Werden die Meeresfrüchte, die wir zu uns nehmen, später Krebs und andere Krankheiten bei uns auslösen?«
Warum hat uns niemand vor diesen Gefahren gewarnt? Zu einem früheren Zeitpunkt dieses Jahres wurde ein Fisch vor der Küste der Präfektur Fukushima gefangen, bei dem Caesiumwerte gemessen wurden, die den zugelassenen Grenzwert um das 124-Fache überstiegen. Aber praktisch niemand in den Mainstreammedien hielt diesen Zwischenfall für so wichtig, dass er darüber berichtet hätte.

Viele Menschen scheinen der Auffassung zu sein, dass die Atomkatastrophe von Fukushima kalter Kaffee sei. Aber in vieler Hinsicht stehen Nordamerika die schwersten Probleme möglicherweise noch bevor. Laut Wissenschaftlern der Universität von New South Wales hat die größte zusammenhängende radioaktive Abwasserfahne jetzt den Pazifischen Ozean überquert und wird die amerikanische Küste irgendwann im Verlaufe des Jahres 2014 erreichen:
»Die erste radioaktive ozeanische Abwasserfahne, die durch die Atomkatastrophe in Fukushima freigesetzt wurde, wird letztlich die Küsten der USA irgendwann 2014 - also drei Jahre nach der Katastrophe - erreichen. Dies geht aus einer neuen Untersuchung der Universität von New South Wales hervor.«
Wenn nun diese Hauptabwasserfahne mit ihrer radioaktiven Strahlung unsere Küsten erreicht, wie wird sich das auf unsere Tierwelt, auf unsere Fischereiindustrie und unsere Strände auswirken? Und welche Art von Gefahren stellt dieses radioaktive Wasser für die Menschen dar, die an der Westküste leben?

Hier geht es um sehr drängende Fragen, aber leider wollen diejenigen, die die Macht in Händen halten, und die, die für die Mainstreammedien arbeiten, über diese Dinge nicht sprechen.