kaffee ernte
© apKaffee prägt Landschaft und Leben in Mittelamerika. Die Kaffee-Seuche trifft die Region hart.
Es ist die schlimmste Plage seit mehr als vier Jahrzehnten: Ein Pilz bedroht die Kaffepflanzen im Zentralamerika - und damit die Existenz von Millionen Bauern. Die Auswirkungen sind weit über die Region hinaus zu spüren.

Die Seuche, die Kaffeebauern in den Ruin treibt und Kaffeetrinker erschreckt, frisst sich durch einen ganzen Erdteil. Sie wütet in Guatemala, El Salvador, Honduras, Nicaragua, Costa Rica, Panamá. Sie beschädigt Plantagen und Existenzen, eine Katastrophe für Zentralamerika. Spuren hinterlässt das Unheil auch im mexikanischen Bundesstaat Chiapas und in Peru.

Die Krankheit zeichnet gelblich-orange Flecken auf die Blätter der Kaffeepflanzen, unter denen die Bohnen gedeihen sollten. Sie attackiert auch den Welterfolg Arabica, dessen Saft in wohlhabenden Gefilden aus den Kaffeemaschinen gepresst wird und den Koffeinspiegel hoch hält. Regierungen bis hinauf nach Washington sind in Sorge wegen "la roya", dem Kaffeerost. Und der ist nicht das einzige Problem der Szene.

Seit fast vier Jahrzehnten war dieser Erdteil nicht mehr von einer solchen Plage heimgesucht worden. Mehr als die Hälfte der 933 000 Hektar, auf denen in Mittelamerika Kaffee angebaut wird, hat der Pilz in zwei Jahren befallen und nahezu 400 000 Arbeitsplätze vernichtet. Die Produktion schwindet seit 2012 - die Verluste betragen Hunderte Millionen Dollar, was einigen Gegenden des Kontinents die ohnehin spärliche Lebensgrundlage raubt.

Krisensitzungen wechseln einander ab, die Führung Guatemalas rief 2013 den landwirtschaftlichen Notstand aus. "Der Schaden ist so stark, dass wir ihn in den nächsten zwei oder drei Jahren nicht ausgleichen können", klagte Ricardo Villanueva, der frühere Präsident des nationalen Kaffeeverbandes. "Gewalttätig und im ganzen Land" tobe der Kaffeerost, sagte Ronald Peters vom costa-ricanischen Kaffeeinstitut der spanischen Zeitung El País. "Wir waren nicht darauf vorbereitet."

Der Todfeind der Branche wurde im 19. Jahrhundert bei wilden Kaffeesträuchern im afrikanischen Osten entdeckt und begann seine destruktive Odyssee. Lateinamerika hielt den Schädling Hemelia vastatrix dank strenger Quarantäne lange fern, aber zuletzt kam allerhand zusammen. Da ist der Klimawandel in den gebirgigen Revieren am amerikanischen Isthmus. Heftiger Regen, dann Sonne und Wind waren ideal für die Ausbreitung der Infektion - der aggressive Kaffeerost erreichte auch höhere Lagen. Bei der großflächigen Ansteckung helfen unabsichtlich auch Tagelöhner, die den Pilz auf ihrer Kleidung von Farm zu Farm tragen. Als Nährboden dienen oft alternde und schlecht gepflegte Gewächse, weitere Infektionen kommen dazu.

Mittelamerika ist für 14 Prozent der weltweiten Kaffeebestände zuständig, Kaffee prägt dort vielerorts die Landschaft und ist ein Symbol. Das weiß jeder, der jemals Anbaugebiete wie die Hänge von Matagalpa in Nicaragua besucht hat. Kaffee ist la grana de oro, das Goldkorn. Mindestens zwei Millionen Menschen verdienen ihr Geld damit, die meisten von ihnen als Landarbeiter. Jetzt werden viele dieser Handlanger nicht mehr gebraucht.

El Salvador meldete bei der Ernte einen Rückgang von 20 Prozent, Costa Rica 27 Prozent, Nicaragua 35 Prozent, Guatemala 40 Prozent. Honduras hat nahezu 50 Prozent seiner Einnahmen aus den Kaffee-Exporten verloren, von 1,4 Milliarden Dollar in besten Zeiten auf 794 Millionen Dollar. Peru musste ebenfalls Erträge abschreiben. Brasilien und Kolumbien haben diese Gefahr zwar bisher weitgehend gebannt. Brasiliens Landwirte leiden jedoch unter enormer Trockenheit, und Kolumbianer hatten erst kürzlich eine Epidemie bezwungen.