Tokio (Reuters) - In Tokio haben am Sonntag rund 5000 Menschen gegen die Nutzung von Atomkraftwerken protestiert, während sich die Experten am schwer beschädigten Kraftwerk in Fukushima auf einen langen Weg zur Überwindung der Katastrophe einstellten.

Die Demonstranten forderten auf Schildern "Nie wieder Fukushima" und "Nein zum Atom". Demonstrationen sind in Japan eher selten, und Atomkraftgegner waren bislang exotische Außenseiter in der Gesellschaft. Mit der anhaltenden Hilflosigkeit bei der Überwindung der AKW-Katastrophe von Fukushima wächst aber auch in Japan der Widerstand gegen die Atomkraft.

Zudem wurde damit gerechnet, dass bei den Regionalwahlen am Sonntag die Bürger ihren Ärger darüber Luft machen, wie die Regierung mit der Katastrophe umgeht. Ministerpräsident Naoto Kan hatte bereits vor dem Erdbeben in der Wählergunst stark gelitten.

An dem Kraftwerk sollte am Sonntag eigentlich das Abpumpen radioaktiv verseuchten Wassers in den Ozean beendet werden. Da die Kühlkreisläufe aber nach wie vor nicht funktionieren, könnte weiterhin Wasser ins Meer gelangen, wenn die Lagerkapazitäten erschöpft sind.

Der Kraftwerksbetreiber Tepco hatte vor sechs Tagen damit begonnen, schwachradioaktiven Wassers von einem Auffangbecken ins Meer abzulassen, um Platz für stärker verstrahltes Wasser zu schaffen. Das hat zu großer Beunruhigung bei den nächsten Nachbarn geführt. China äußerte sich besorgt über eine radioaktive Belastung des Meeres und verlangte genauere Informationen. In China wurden in zehn Fällen bei Schiffen, Flugzeugen und Warenlieferungen erhöhte Strahlenwerte gemessen. Südkorea hatte Japan dafür kritisiert, das Ablassen des radioaktiven Wassers seinen Nachbarn nicht angekündigt zu haben.

Nach den Angaben von Tepco wird weiterhin Stickstoff in die Reaktoren geleitet, um Wasserstoffexplosionen zu verhindern, die radioaktive Teilchen in die Atmosphäre schleudern könnten. In den stark verstrahlten Gebäuden sollen demnächst ferngesteuerte Fahrzeuge die Trümmer früherer Explosionen wegräumen. Außerdem wollen die Experten mit ferngesteuerten Hubschraubern Einblick in jene Räume erlangen, die wegen der Strahlung nicht betreten werden können.

Fortschritte bei den Bemühungen, die Reaktoren wieder unter Kontrolle zu bringen, gibt nach Angaben der japanischen Atomsicherheitsbehörde aber kaum. Es gebe keine klare Option, wie die Kühlsysteme wieder in Gang gesetzt werden könnten, sagte der stellvertretende Direktor der Behörde: "Es geht einen Schritt vorwärts und dann wieder einen zurück."

Der japanische Atomkraftwerkbauer Toshiba schlug der Nachrichtenagentur Kyodo zufolge unterdessen einen Zehnjahresplan zur Stilllegung von vier der sechs bei dem Erdbeben am 11. März beschädigten Fukushima-Reaktoren vor. Die Regierung hatte allerdings zuletzt erklärt, für einen konkreten Fahrplan aus der Atomkrise sei es noch zu früh. Experten zufolge könnte es noch Monate dauern, die Reaktoren zu stabilisieren, und Jahre, bis die Gefahr für die Umwelt beseitigt ist.

Die Folgen des Erdbebens, des folgenden Tsunamis und der AKW-Havarie sind eine schwere Last für das ohnehin schon hoch verschuldete Japan. Die Kosten der Katastrophe werden auf 300 Milliarden Dollar geschätzt. So extrem schlug noch nie eine Naturkatastrophe zu Buche.