BRICS
© REUTERSHinter dem Kürzel BRICS stehen die neuen Wirtschaftsmächte Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika.
Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika sagen der Allmacht des Dollars den Kampf an: Sie handeln künftig in ihren eigenen Währungen.

Etwas erstaunt ist er immer noch. „Als ich den Begriff schuf, hatte ich nicht erwartet, dass sich als Ergebnis ein Club der Führer der BRIC-Staaten bildet”, sagt Jim O’Neill, heute Chef von Goldman Sachs Asset Management. Vor zehn Jahren prägte er die Abkürzung. Damit fasste er die Länder Brasilien, Russland, Indien und China zusammen, von denen er erwartete, dass sie in der Zukunft der Weltwirtschaft ein völlig neues Gesicht geben.

Inzwischen ist es so weit - die Schwerpunkte der globalen Wirtschaft haben sich dramatisch verschoben, die BRIC-Staaten haben sich zusammengeschlossen - und nun spielen sie ihre neue Macht auch erstmals gemeinsam aus. Auf der chinesischen Ferieninsel Hainan trafen sich zum dritten Mal die politischen Führer der vier Staaten. Dabei holten sie sich diesmal auch noch Verstärkung, indem sie Südafrikas Präsidenten Jacob Zuma offiziell dazu luden - aus BRIC wird damit BRICS.

Gemeinsam sagten sie in ihrem Schlusskommuniqué der Vorherrschaft der Industrieländer und insbesondere der Dominanz des Dollar im Weltwirtschaftssystem den Kampf an. Künftig wollen die fünf Länder sich in ihren Handelsbeziehungen untereinander vor allem der eigenen Währungen bedienen und sich auch gegenseitig Kredite geben. Den Dollar brauchen sie dann nicht mehr. Gleichzeitig forderten sie eine umfassende Reform des internationalen Devisensystems, verlangten ein breiter aufgestelltes und damit stabileres System der Reservewährungen.

„Die gegenwärtige Ära verlangt eine Stärkung des Dialogs und der Kooperation unter den BRICS-Ländern“, sagte hinas Präsident Hu Jintao. Die Finanzkrise habe gezeigt, dass das bisherige, vom Dollar dominierte System zu schwach sei. Das klingt stark. Dahinter verbirgt sich allerdings auch Furcht. Denn vor allem China, aber auch andere Staaten, haben Angst um ihre riesigen Devisenreserven, die sie meist in amerikanischen Staatsanleihen angelegt haben. Mit dem wachsenden Schuldenturm der USA vergrößert sich jedoch die Gefahr, dass diese Anleihen irgendwann kaum noch etwas wert sind, zerfressen von einem Wertverfall des Dollar.

Diese Rekordverschuldung ist aber eben nur möglich, weil die USA mit der Stellung des Dollar als führender Reservewährung privilegiert ist. „Der Dollar ist unsere Währung, aber euer Problem“, sagte einst John Connally, Finanzminister unter Richard Nixon. Jedes andere Land wäre angesichts einer Haushaltspolitik wie in zuletzt in den USA schon längst pleite. Amerika kann es sich jedoch erlauben, weil es eben keine Alternative für globale Investoren gibt.

Genau diese wollen die BRICS-Staaten nun mittelfristig schaffen. Und sie haben auch tatsächlich die Macht dazu. Denn in den vergangenen zehn Jahren, seit O’Neill den Begriff der BRIC-Länder schuf, hat sich die Welt drastisch verändert. Machten europäische Unternehmen beispielsweise 2002 noch gerade mal acht Prozent ihrer Umsätze in den vier Staaten, so hat sich dieser Anteil bis heute verdoppelt. Und in drei bis fünf Jahren dürfte er auf rund ein Fünftel steigen, wie die Analysten der Société Générale prognostizieren. Wer solch einen Anteil am weltweiten Handel hat, der kann auch bestimmen, in welcher Währung dieser abgewickelt wird.

Allerdings: Noch ist es nicht so weit. Noch sind die BRICS-Länder stärker von Europa und den USA abhängig, als es vielen von ihnen lieb sein mag. Am besten ist dies an den Aktienmärkten der Staaten zu erkennen. Diese werden de facto von den Zuflüssen aus dem Dollar- oder Euroraum beherrscht. So zogen gerade im ersten Quartal dieses Jahres die internationalen Anleger im großen Stil Geld aus entsprechenden Fonds ab.

Investoren verlieren das Interesse

Das Ergebnis: Die Börsen der BRIC-Länder hinkten in ihrer Entwicklung jener in den Industriestaaten deutlich hinterher. Und dies könnte durchaus noch einige Zeit so weitergehen. Denn ganz ohne Probleme sind die aufstrebenden Weltmächte auch nicht. Vor allem kämpfen sie seit Monaten gegen eine galoppierende Inflation. Reihenweise mussten ihre Notenbanken bereits die Zinsen anheben - bisher jedoch mit geringem Erfolg.

Zudem hat die internationale Investorengemeinde nach zehn Jahren BRIC irgendwie die Lust an diesem Thema verloren. Man sucht sich neue Ziele. Und inzwischen gibt es diese auch. „Wir geben dem Nicht-BRIC-Segment in den Schwellenländern den Vorzug“, sagt beispielsweise Alain Bokobza von der Société Générale. „Viele andere Schwellenländermärkte sind in der jüngsten Zeit auch zugänglich und handelbar geworden, und das zieht viele Investoren an.“

Dem stimmt Chris Laine, Portfolio-Manager bei State Street zu. „Viele der kleineren Schwellenländer haben in aller Stille anlegerfreundliche Reformen durchgeführt und verdienen die Aufmerksamkeit der Investoren“, sagt er. Viele dieser Länder böten gutes Wachstum und solide Gewinne. „Davor sollten Anleger nicht die Augen verschließen.“

Sie tun es auch nicht. Daher haben die Börsen vieler kleinerer Schwellenländer, gerade in jüngster Zeit, auch wesentlich besser abgeschnitten als die inzwischen so gewichtigen BRIC(S)-Märkte. Das müssen die Führer der fünf Staaten daher wohl noch lernen: Die Sympathien der Investoren gehören nicht immer denen, die am lautesten auftrumpfen.