Das Problem mit Gruppengewalt ist eines der wichtigsten Themen, die die Gesellschaft konfrontieren. Nicht nur ist das eines der entscheidendsten Themen unserer amerikanischen Gesellschaft, sondern wir sind mit Ereignissen konfrontiert, die auf der ganzen Welt auftreten, auf allen Kontinenten und in allen Ländern ...
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Das Kind glaubt, dass die Mutter / die Brust / die Nahrung -- Alles -- nurTeil von es selber ist; es erfährt sich lediglich durch neuronalen Input.
Dieses Zitat stammt von Dr. Ernest Wolf, aus einer Rede am International Self-Psychology Symposium in Dreieich, Deutschland, im Mai 2001, vier Monate vor dem 11. September 2001.

Wir wurden vor Kurzem auf sein Essay aufmerksam gemacht, als es im SOTT Forum mit der ausdrücklichen Absicht veröffentlicht wurde, um auf Wolfs Beschreibung von narzisstischer Wut hinzuweisen. Ehrlich gesagt war dieser Teil das Beste seines Essays, der Rest war hoffnungslos konfus und naiv.

Warum?

Nun, Dr. Wolf versucht die Ursachen des Bösen -- auf individueller und makrosozialer Ebene -- innerhalb der Rahmenbedingungen von Heinz Kohuts Theorie der Selbst-Psychologie (oder psychoanalytischer Psychologie des Selbst) zu erklären. Bei allem gebotenen Respekt gegenüber Dr. Kohut und Dr. Wolf sind wir der Auffassung, dass diese Theorie nicht schlecht ist, solange man über normale Menschen spricht, die gesund geboren wurden und die in mehr oder weniger gesunder Umgebung leben. Was diese Theorie nicht in Betracht zieht, ist die Rolle von pathogenen Faktoren in unserer Gesellschaft - menschliche Wesen, die Träger von abnormalen psychopathologischen Zügen sind - welche Gruppen von Menschen, und sogar ganze Gesellschaften, infizieren können, was zu pandemischem Unheil von makrosozialen Ausmaßen führt. Darüber hinaus bemühen sie sich, die Schuld auf alle Menschen zu verteilen - und ignorieren die Tatsache, dass das moralische Böse und das psychobiologische Böse in Tat und Wahrheit mittels derart mannigfachen kausalen Bezügen und gegenseitigen Beeinflussungen miteinander verbunden sind, dass sie nur mittels Abstraktion voneinander getrennt werden können. In der Tat muss die soziale Körperschaft geschwächt werden, bevor sie einer Infektion erliegen kann; wenn kein infizierender Erreger vorhanden ist, wird sie lediglich schwach und ineffektiv sein.

Kurzgesagt handelt es sich bei Wolfs Essay um nicht viel mehr als eine Entschuldigung der narzisstischen Persönlichkeitsstörung und Psychopathie, und es trägt lediglich zur Verwirrung unserer Zeit bei, wenn die Probleme, die von solchen Typen auf unsere Menschheit gepresst werden, nichts geringer als katastrophal sind.

Wie wir aber schon erwähnt haben, hat Wolf uns eine ausgezeichnete Beschreibung von narzisstischer Wut geliefert. Da sie wirklich gut ist, lassen Sie uns einen Blick darauf werfen:
Wenn er [Kohut] über rasendes Verhalten sprach, erwähnte er, dass man oftmals unterhalb der Wut ein kompromissloses Beharren auf die Perfektion des idealisierten Gegenübers findet. Das Kleinkind erlebt sich immer noch in einem Zustand von grenzenloser Macht und Wissen, einem Zustand, den wir als Außenseiter abwertend als die Grandiosität des Kindes bezeichnen, sein grandioses Selbst.

Wenn aus verschiedenen Gründen dieser kleinkindliche grandiose Zustand des Narzissmus daran gehindert wird, zu einem gesunden Selbstwertgefühl zu reifen, treffen wir Personen an, welche wie Erwachsene aussehen, aber in Tat und Wahrheit sehr wacklig zusammengefügte, übersensible und zu Scham neigende Narzissten sind.

Der Fanatismus ihres Verlangens nach Rache und der niemals endende Drang, nach einer Beleidigung die Rechnung begleichen zu müssen, sind demzufolge nicht Attribute einer Aggressivität, die mit den erwachsenen Absichten des Egos integriert sind - im Gegenteil, eine solche Besessenheit weist drauf hin, dass die Aggression im Dienste eines archaischen, grandiosen Selbst mobilisiert worden ist und dass sie innerhalb der Rahmenbedingung einer archaischen Wahrnehmung der Realität aktiviert wird.

Das zur Scham neigende Individuum, das bereit ist, Rückschläge als narzisstische Verletzungen zu erleben und diese mit unstillbarer Wut zu beantworten, anerkennt sein Gegenüber nicht als ein Zentrum von unabhängiger Initiative, mit dem er einfach uneins ist. Aggression, die im Streben nach Ursachen verwendet wird und die auf erwachsene Weise erlebt wird, ist nicht unbegrenzt. Wie heftig diese Aggression auch immer mobilisiert wird, ihr Ziel ist begrenzt und definiert: die Niederlage des Feindes, welcher den Weg zu einem gewünschten Ziel blockiert. Sobald das Ziel erreicht ist, verschwindet die Wut.

Der narzisstisch Verwundete hingegen kann nicht aufhören, bis er einen schemenhaft wahrgenommenen Widersacher ausgelöscht hat, der es wagte, sich ihm zu widersetzen, oder ihn in den Schatten zu stellen. Er kann keine Ruhe finden, da er niemals in der Lage sein wird, die Beweise auszulöschen, die seiner Auffassung widersprochen haben, dass er einmalig und perfekt ist. Diese archaische Wut geht einfach weiter und weiter. Darüber hinaus sieht der narzisstisch Verwundete den Feind, der diese archaische Wut hervorgerufen hat, nicht als eine autonome Quelle von Trieben, sondern als Mangel in einer narzisstisch erfahrenen Realität. Der Feind wird als widerspenstiger Teil eines erweiterten Selbst empfunden, über das die narzisstisch verwundbare Person erwartete, volle Kontrolle ausüben zu können. Mit anderen Worten, die einfache Tatsache, dass die andere Person unabhängig oder verschieden ist, wird von Personen mit intensiven narzisstischen Bedürfnissen als Angriff erlebt.

Das heißt, nicht in voller Kontrolle über das Selbst und über eine narzisstisch erlebte Welt zu sein, lässt das betroffene Individuum eine Erfahrung von äußerster Machtlosigkeit erleben. Diese Machtlosigkeit und das Gefühl der Hilflosigkeit der Welt gegenüber sind unerträgliche traumatische Erfahrungen, die mit allen Mitteln beendet werden müssen. Das verletzende Gegenüber muss ausradiert werden.

Narzisstische Wut tritt in verschiedenen Formen auf. Sie alle haben aber eine spezifisch psychologische Eigenschaft, die ihnen eine herausragende Position im weiten Spektrum der menschlichen Aggressionen verleiht. Das Verlangen nach Rache, ein Unrecht zu korrigieren, die Verletzung um jeden Preis ungeschehen zu machen und einen zutiefst verankerten unerbittlichen Trieb in der Verfolgung dieser Ziele, der denjenigen, die eine narzisstische Verwundung erfahren haben keine Ruhe lässt - das sind die charakteristischen Züge der narzisstischen Wut in all ihren Formen und was sie von anderen Formen der Aggression unterscheidet.

Obwohl jedermann dazu neigt, narzisstischen Verwundungen gegenüber mit Verlegenheit und Wut zu reagieren, treten die intensivsten Erlebnisse von Scham und die gewalttätigsten Formen von narzisstischer Wut in denjenigen Individuen auf, für die ein Gefühl von absoluter Kontrolle über eine archaische Umwelt unabdingbar ist, weil die Aufrechterhaltung des Selbstwertes - und überhaupt des Selbst - auf die bedingungslose Verfügbarkeit des zustimmenden und widerspiegelnden Selbstobjektes angewiesen ist, oder auf die idealisierte Form, welche ein Verschmelzen zulässt.

(Search for the Self, Band 2, pp. 643ff)
Wolf hat die narzisstische und psychopathische Wut meisterhaft beschrieben; wenn Sie jemals das Ziel eines Narzissten oder Psychopathen gewesen sind, wissen Sie das bereits schon und sie haben durch die ganze Beschreibung hindurch mit dem Kopf genickt. Das Problem ist, dass diese Beschreibung, die in vieler Hinsicht den Nagel auf den Kopf trifft, mit dermaßen vielen anderen irrelevanten Konzepten vermischt ist, dass es schwierig erscheint, diese auseinander zu lösen. Er malt ein wirklich gutes Bild der unglaublichen Hartnäckigkeit, mit der Narzissten und Psychopathen attackieren -- was wir den „Energizer-Hasen-Effekt“ nennen.

An diesem Punkt jedoch möchte ich gerne eine Bemerkung über eine bestimmte Unterscheidung machen. Ich habe drei Personen in meinem Leben gekannt, die mir nahe standen und die als „narzisstisch verwundet“ diagnostiziert worden sind. Es ist tatsächlich wahr, dass, wenn diese Individuen „getriggert“ werden, sie die Existenz ihres Opponenten tatsächlich ausradieren wollen. Die Sache ist die, dass sie schnell und einfach darüber hinweg kamen -- und diese Tatsache selber ist Teil des Problems. Sie konnten vollständig ausrasten, die schrecklichsten Dinge sagen und tun, und 30 Minuten später war alles wieder gut, und sie konnten sagen: „OK! Alles gut! Ich fühle mich jetzt so viel besser, wie wär’s mit einem Stück Erdbeerkuchen?“ Ihr Mangel an Empathie ist dermaßen vollständig, dass sie nicht nur nicht in Betracht ziehen, dass der andere unter dieser Wut gelitten haben könnte, sondern es wird auch erwartet, dass man keinen Grund haben kann, nachher wütend zu sein.

Nun, woran erinnert uns das?

Ein Beobachter dieses Phänomens traf in unserem Forum-Thread „Garden Variety Narcissism“ [Feld-Wald-und-Wiesen Narzisst] den Nagel auf den Kopf, indem er erwähnte, dass es für ihn so aussieht, als ob man es mit einem Sechsjährigen zu tun hat. Woran uns das nicht erinnert, ist an die pathologische Hartnäckigkeit des Psychopathen oder der schwerwiegenderen Formen der narzisstischen Persönlichkeitsstörung.

Es stellt sich natürlich die Frage, was hat das Verhalten eines Sechsjährigen mit „Gruppenhilflosigkeit“ und den „Wurzeln der Gewalt“ und dem makrosozialen Bösen zu tun? Ist das bei allen üblich? Kann jeder von uns von einem gewissen primitiven Abwehrmechanismus gefangen werden und auf einen erbarmungslosen Rache- und Vergeltungsfeldzug aufbrechen, wie Kinder, die Cowboy und Indianer spielen, bis wir von der Wut vollständig erschöpft oder des Spiels überdrüssig sind? Ich bezweifle das, doch wie ich bereits erwähnt habe, gibt es diejenigen, welche diese Charakteristiken haben: pathologische Perverslinge: Krankheitserreger in unserer Gesellschaft, welche die soziale Körperschaft angreifen, wenn sie geschwächt ist. Ich möchte dem nicht widersprechen, dass das Gefühl der Machtlosigkeit und Hilflosigkeit für die Schwachheit der normalen Gesellschaft verantwortlich sein könnte, es kann sicherlich Teil eines solchen Syndroms sein. Doch sind die Triebe und Direktiven, die von Krankheitserregern ausgehen, unterschiedlich von denjenigen von gesundem Fleisch in einem physischen Körper, und das gleiche gilt auch für die sozialen Körperschaft. Ein Virus oder eine Bakterie ist nicht dasselbe wie eine Muskelzelle, oder eine Zelle eines anderen Organs im Körper, sogar wenn diese heruntergewirtschaftet, gealtert oder auf andere Weise geschädigt ist.

Wolf schlägt vor, dass seine (und Kohuts) Interpretationen der narzisstischen Wut den Grundstock für jedes gewalttätige Verhalten bildet, überall und in jedem Maßstab; sie ist in jedermann enthalten und einfach nur eine Frage des Ausmaßes. Und zu guter Letzt ist das lediglich eine Frage des Gefühls der Hilflosigkeit und Machtlosigkeit. An einer bestimmten Stelle schlägt Wolf sogar vor, dass es dieses Gefühl der Hilflosigkeit war, welches aufrechte Deutsche in mordende Nazis verwandelte:
Ähnliche dynamische Bedingungen in Deutschland während der wirtschaftlichen Krise in den 30er-Jahren -- zusätzlich zu einem verlorenen Ersten Weltkrieg -- unterstützten ein Umfeld, das Gefühle der Hilflosigkeit förderte, und den Sinn nach Bedeutung und Richtigkeit gefährdete. In diesem Zustand eines geschwächten Selbst erscheint es sehr einfach, eine Erhöhung und Stärkung dieses Selbst zu erfahren, indem eine Uniform getragen wird, und mittels Märschen zu kriegerischer Musik unter der Leitung eines charismatischen und redegewandten Führers, dieses Gefühl der Hilflosigkeit zu verbannen. Die Nazibewegung kann als eine narzisstische Wutreaktion eines gesamten Volkes gegenüber dem Verlust ihres nationalen Selbstwertgefühls verstanden werden.
Bitte beachten Sie, dass Wolf immerhin ein Lippenbekenntnis zu dem Unterschied zwischen den sich hilflos fühlenden Massen und einem „charismatischen und redegewandten“ Hitler abgibt. Doch anstatt die Erkenntnis seiner eigenen Bemerkung weiterzuführen, fährt Wolf mit seiner Theorie fort, und landet ... wo? Was ist Wolfs Lösung des Problems der Gruppenhilflosigkeit aufgrund von narzisstischer Verwundung, das seinen Angaben nach die Wurzel von sozialer Gewalt ist? Er schreibt:
Was kann getan werden? Unsere psychologische Argumentation würde uns dazu verleiten, zu glauben, dass der Weg, die Wut zu reduzieren, darin besteht, die Erfahrung der Hilflosigkeit zu reduzieren, und sie graduell mit einem Gefühl zu ersetzen, gewisse Macht zu besitzen. Der erste Schritt bestünde in einem Bemühen, wirklich aufeinander zu hören und die Erfahrung des anderen zu verstehen zu versuchen. Wirklich zu fühlen, dass man gesehen wird; wenn man zugehört wird, führt das meistens zu einem Gefühl des Verstandenwerdens. Die Erfahrung, dass man verstanden wird, ist eine Erfahrung der Befähigung des Selbst. Wir wissen von der Arbeit mit Individuen, die sich unter Behandlung verstanden fühlen, dass sie unmittelbar gestärkt werden.
Wolf fährt mit seinen kindergartenniveau-ähnlichen psychologischen Erklärungen weiter und ignoriert vollständig die Realität des Bösen, sowohl auf individueller, als auch auf makrosozialer Ebene. Sie können das gesamte Essay hier lesen, somit kann ich mir sparen, es hier weiter zu reproduzieren. Wenn er nicht diese fantastische Beschreibung über narzisstische Wut geschrieben hätte, würden wir darüber nicht einmal reden, da alles andere, was er geschrieben hat, vollständig albern ist. Da jedoch diese überaus zutreffende Beschreibung dort enthalten ist, und diese mich dazu geführt hat, auf eine gewisse Art und Weise zu denken, dachte ich, dass sie erwähnt werden sollte. Wie kann es sein, dass eine Person etwas dermaßen richtig sieht, und alles andere dermaßen falsch?

Die Sache ist die, dass Kohuts Interpretation von narzisstischer Wut TATSÄCHLICH das äußerliche Verhalten dessen, was sie genau zu beschreiben vorgibt, in Betracht zieht und beschreibt: die Wut des Narzissten; obwohl es eindeutige Unterschiede zwischen dieser Wut und derjenigen von gewöhnlichen Narzissten gibt, die im Alter von sechs Jahren stecken geblieben sind. Der „ernsthafte“ Narzisst kann wirklich (und tut es auch) darin festhalten, sein Ziel zu zerstören, egal was die Kosten sind, und er ist nicht in der Lage, innerhalb einer halben Stunde darüber hinwegzukommen und dann einen Erdbeerkuchen zu essen. Darüber hinaus kann diese Zerstörung regelrecht eine physische Zerstörung mit einschließen, als ob der Narzisst eine Waffe genommen und sein Ziel erschossen hätte. Und das führt mich zu der Auffassung, dass viele Personen, die als „Narzissten“ bezeichnet werden, in Tat und Wahrheit Psychopathen sind. Da ein hohes Maß an Narzissmus eine Schlüsselkomponente der Psychopathie darstellt, und viele Experten heutzutage die Narzisstische Persönlichkeitsstörung (NPS) dem Spektrum der Psychopathie zuordnen, können wir zu Kohuts und Wolfs Beschreibung der Wut des Narzissten zurückkommen und zur Auffassung gelangen, dass es sich dabei um die Wut des Psychopathen handelt, und ihr Werk lediglich ein weiterer Versuch darstellt, von der wirklichen Aufdeckung der Psychopathen und der Psychopathie in unserer Welt abzulenken, und sie zu entschärfen.

Wenn wir zur Beschreibung des Verhaltens zurückkehren, die uns Kohut und Wolf geliefert haben, sehen wir, dass die beiden im Wesentlichen zwei Aussagen machen: Erstens, in einem Ausbruch von narzisstischer Wut sehen Narzissten andere Menschen als Objekte, die ein Subjekt nicht verdienen. Mit anderen Worten, sie sind vollständig egozentrisch und haben keinerlei Empathie. Zweitens werden Narzissten ihr Ziel mit hyperaktiver Rücksichtslosigkeit verfolgen. Mit anderen Worten, es fehlt ihnen die normale menschliche Qualität der Hemmung im Bezug auf die Verfolgung ihrer Ziele (die von einfachen Trieben wie Aggression, Sex, Selbsterhaltung, Besitznahme, Überlegenheitsbedarf etc. gelenkt werden).

Was die beiden beschreiben sind in Wirklichkeit die essenziellen Züge eines Psychopathen, und nicht die eines „narzisstisch verwundeten“ Individuums. Bei einem Narzissten, der nicht die volle Kontrolle über sich selber hat, führt dies nicht zu einer „Erfahrung von äußerster Machtlosigkeit“. Im Gegenteil, der Narzisst identifiziert sich völlig mit diesen Grundtrieben und Launen, welche sein Verhalten kontrollieren. Das Bewusstsein und die Intelligenz eines Narzissten stehen vollständig im Dienste, denjenigen Trieb, der gerade in diesem Moment vorherrscht, zu befriedigen. Mit anderen Worten sind Narzissten -- diese sind völlig selbstzentriert -- konstitutionell zur Selbsterkenntnis unfähig. Sie sind NICHT IN DER LAGE, „aus ihrer Haut“ zu treten und sich in das Gemüt und die Gefühle eines Anderen hineinzuversetzen. Das einzige Unterlegenheitsgefühl, das ein Narzisst kennt, ist das Wissen, dass jemand etwas hat (Besitz, Prestige, Macht), was er nicht besitzt. Und er wird daraufhin seine typische Rücksichtslosigkeit in Bewegung setzen, um dies seinem „Bessergestellten“ wegzunehmen.

Mit anderen Worten, was Kohuts Modell NICHT beschreibt ist die innere Landschaft sowohl des schweren Narzissten, wie auch des Psychopathen.

Wie können wir das wissen? Nun, wir haben bereits die Unterschiede zwischen der Tiefe, Intensität und Grenze der Begriffe „narzisstischer“ und „psychopathischer“ Wut beschrieben. Es gibt andere Züge, von denen interne Motivationen abgeleitet werden können, und diese Motivationen korrelieren auch nicht mit den „narzisstisch Verwundeten“. Manchmal braucht es viel Zeit und ist es sehr schwierig, genügend Hinweise zu sammeln, um diese Züge zu beurteilen, weil das Lügen in der primären Natur des Psychopathen liegt (und das trifft nicht immer auf die narzisstischen Verwundeten zu). Aber es ist möglich.

Gemäß Robert Hare, Cleckley, Stout, Salter, Brown, Łobaczewski und vieler anderer Experten in Psychopathie kann eine Diagnose von Psychopathie nicht auf der Basis von sichtbaren Verhaltenssymptomen, und unter Ausschluss von interpersonellen und affektiven Symptomen gestellt werden, weil eine solche Prozedur im Wesentlichen aus vielen Menschen Psychopathen macht, die vom Leben oder der Gesellschaft verletzt worden sind, und es den wahren Psychopathen erlaubt, die eine sorgfältig konstruierte „Maske der Normalität“ besitzen, der Erfassung zu entgehen.

Dieses diagnostische Problem wütet seit einigen Jahren im Bezug auf Psychopathie, Soziopathie und antisozialer Persönlichkeitsstörung (und einige verwandten und/oder überlappenden Störungen). Das Problem liegt darin, dass die Symptome als die Krankheit missverstanden werden, und eines oder mehrere der Symptome isoliert untersucht und zu Grafiken und Zahlen verarbeitet werden. Danach wird ein weiteres Symptom dem hinzugefügt und auf die selbe Art und Weise untersucht, und die Grafiken und Zahlen widersprechen zum Teil den Studien, die über das erste Symptom angefertigt worden sind. Es ist wie beim Medizinmann: Eine Person fällt mit Schaum vor dem Mund um; deshalb muss diese Person von einem Teufel besessen sein; keinerlei Bewusstsein über Infektionserreger Lyssavirus oder über virale neuroinvasive Zoonosen, die eine akute Enzephalitis verursachen, wie zum Beispiel die Tollwut.

Dieser Stand der Dinge im Bezug auf diese Voodoo-Theorie von Psychopathie und NPS hat lange genug angehalten, und heute möchte ich über die strukturelle Theorie der Psychopathie (und des schweren Narzissmus) sprechen, die auf keinen Fall vollständig ist, aber irgendwo muss man ja beginnen!

Um diese Ideen zu erklären, ist es notwendig, zu einigen von Kohuts Beschreibungen und Konzepten zurückzukehren und darüber zu sprechen, wo er recht hat: seine ausgezeichnete Beschreibung von psychopathischer Wut. Beginnen wir dort und versuchen, die verschiedenen Stränge zu entwirren, um zu sehen, wohin uns das führt. Kohuts Werk wird von den Befürwortern seiner Theorien wie folgt beschrieben:
Die Psychologie des Selbst ist eine Entwicklungspsychologie, die ihr Verständnis über die sich entwickelnde Psyche von moderner Kindesforschung ableitet. Zusätzlich dazu erhält die Psychologie des Selbst das Konzept aufrecht, dass menschliches psychologisches Funktionieren immer in sozialen Interaktionen eingebettet ist. (Dr. Martin Grossmann)

[...] Im Gegensatz zur Freud'schen Theorie ist die Psychologie des Selbst kein Triebmodell und erachtet den ödipalen Konflikt im Bezug auf menschliche Motivation und Pathologie nicht als zentral. [In Kohuts Theorie] werden die schwerwiegendsten psychologischen Probleme, welche das Resultat von verletzenden Erfahrungen mit der Umwelt sind, als unkontrollierte Wut zum Ausdruck gebracht - als narzisstische Wut. [Gemäß Kohut] entsteht narzisstische Wut aus extremer Furcht und dient dazu, das bedrohte verletzliche Selbst zu stärken, wodurch einem geschwächten und verletzlichen Selbst vorübergehend ein Gefühl von Stärke, Kohäsion und Selbstwert verliehen wird. Beziehungen, wie auch kreative, produktive Handlungen, bieten erforderliche Erfahrungen von Wertschätzung und Bewunderung des Selbstobjektes.

Seit Kohut 1959 über Empathie und der Psychologie des Selbst zu schreiben begann, hat die Theorie zunehmendes Interesse bei Psychoanalytikern und Psychotherapeuten, wie auch bei Studenten der Geisteswissenschaften, wie Philosophie und Anthropologie, ausgelöst. Außer dass sie eine offene Struktur als theoretische Basis für den erfolgreichen klinischen Einsatz in der Psychoanalyse anbietet, ist die Psychologie des Selbst darin nützlich, den Kliniker in seiner täglichen Praxis und Konzeptualisierung von Psychotherapie und Beratung zu leiten. (Dr. David Wolf)
Wir können sehen, warum Wolf diese Ideen dorthin geführt hat, wenn wir lesen, dass „narzisstische Wut aus extremer Furcht entsteht und dazu dient, das bedrohte verletzliche Selbst zu stärken“, welches dann angeblich „einem geschwächten und verletzlichen Selbst vorübergehend ein Gefühl von Stärke, Kohäsion und Selbstwert verleiht“. Wenn Wut aus Furcht in einem Individuum entsteht, lässt sich daraus offensichtlich schließen, dass extreme soziale Furcht sich in Wut verwandeln kann, wodurch einer Gesellschaft ein vorübergehendes Gefühl von Stärke verliehen wird. Doch wie wir weiter oben erwähnt haben, fehlt hier das entscheidende Element des Pathogens. Sicher, die Deutschen fühlten sich hilflos und machtlos, was eine Schwäche ihrer gesellschaftlichen Körperschaft war, doch sie wurde erst dann zur „narzisstischen Wut“ nachdem sie von Hitler und seinen Nazis infiziert und ausgenutzt worden war. Harrison Koehli schreibt in seiner Rezension des Buches The Paranoia Switch von Martha Stout:
Traumatische Ereignisse überwältigen unser limbisches System. Die verstärkte Antwort unserer Amygdala, welche die emotionale Bedeutung von Ereignissen registriert, führt zu einer gedämpften Antwort im Hippocampus, welcher üblicherweise Information Prioritäten setzt und den höheren Hirnzentren aufgrund derer emotionalen Wichtigkeit erlaubt, kohärente Erinnerungen zu formen. Das heißt, dass traumatische Ereignisse von den höheren Hirnzentren nicht als echte Erinnerungen integriert werden, sondern uns nicht-integrierte Fragmente von Erinnerungen in der Form von isolierten Bildern und Empfindungen hinterlässt. Diese Erinnerungen können dann von ähnlichen Bildern „getriggert“ werden. Auf diese Weise kann ein fehlzündender Motor einen Kriegsverteranen in einen Zustand der Paranoia versetzen. Sein „Paranoia-Schalter“ ist aktiviert worden.
„Die überwältigendsten von allen traumatischen Erfahrungen werden nicht durch Unfälle (unbeabsichtigte Explosionen oder Verkehrsunfälle), oder durch Ereignisse von „höhere Gewalt“ (Erdbeben, Vulkanausbrüche, usw.) ausgelöst, sondern viel eher durch absichtliche Handlungen von anderen Personen, wie zum Beispiel Angriffe, Kidnapping, Vergewaltigung - oder Terrorismus. Daraus scheint zu folgen, dass aus welchen Gründen auch immer, wir dazu veranlagt sind, die größte Furcht dann zu entwickeln, wenn die Handlungen von unseren Mitmenschen aus Boshaftigkeit verübt werden, und diese spezielle Variante der Furcht ist die ansteckendste von allen.“ (62)
Wie Stout später in ihrem Buch erklärt, erhalten die „Makler der Angst“ ihre Macht dadurch, dass sie menschliche Schwächen ausbeuten. Ironischerweise sind es oftmals die gleichen Menschen, die auf Furcht „programmiert“ sind (sprich psychopathische Individuen), welche diese Furcht ausbeuten, indem sie sie auf eine willkürliche und geeignete Gruppe fokussieren. Hitler benutzte Anarchisten, Kommunisten und Juden dazu. Bush verwendet „Terroristen“, Moslems und Kritiker seiner Politik. [...]

Obwohl ein Terroranschlag lediglich einen sehr kleinen Teil der Bevölkerung auf direkte Weise trifft, kann das ganze Land seine Wirkung fühlen. Dieses Phänomen hat ihre Ursache in unserem limbischen System. „Das limbische System spielt eine hervorragende Rolle in der Regulation unserer Gefühle, in der Zugänglichkeit unserer Erinnerungen, unserer Motivationen, die unseren Handlungen zugrunde liegen, unserer Fähigkeit, unseren Erfahrungen Sinn zu verleihen, und sogar in unserem Gewissen“ (77). „Das Gewissen ist ein unwiderstehliches Gefühl der Verpflichtung, welches immer auf unserer Neigung beruht, Bindungen mit Anderen einzugehen ... es entspricht genau unserer Fähigkeit emotionale Bindungen einzugehen, die zu einem moralischen Charakter führt ...“ (75).
Durch die Information von all unseren Sinnen, die durch das limbische System verarbeitet werden, können wir den inneren Zustand eines anderen Menschen wahrnehmen - sein physiologischer und emotionaler Status - hinsichtlich dessen wir ansonsten „blind“ wären. ... Das limbische System erlaubt uns nicht nur die Gefühle der Anderen wahrzunehmen ... sondern funktioniert dahingehend, unsere Emotionen mit denjenigen der Menschen um uns herum in Einklang zu bringen, und umgekehrt.“ (78)
Auf diese Weise ist ein Terroranschlag ansteckend. Wir werden alle von den emotionalen Zuständen der Menschen in unserer Umgebung beeinflusst; wir alle werden traumatisiert. „Limbische Resonanz ist einer der mannigfachen Gründe warum Persönlichkeit, und vor allem Charakter, eine herausragende Bedeutung bei der Wahl unserer Führerschaft haben sollte. Im Guten wie im Bösen kann eine hochgestellte Führungskraft einen ausstrahlenden emotionalen Einfluss auf eine sehr große Anzahl von Menschen haben“. (83)

Wenn eine Führungskraft sich dazu entschließt, diesen Ansteckungseffekt zu missbrauchen, eher als ihn zu beruhigen und zu heilen, betätigt dieser was Stout als „limbische Kriegsführung“ bezeichnet. „Wenn eine Führungskraft sich dazu entschließt, die Aufmerksamkeit der Gruppe auf die furchteinflößenden „Anderen“ zu konzentrieren - indem er auf den Paranoia-Schalter drückt, der durch Trauma eingebaut worden ist - , wird das Ausmaß der Frucht wahrscheinlich für lange Zeit übertrieben sein, und unabhängig davon, ob er kompetent ist oder nicht, wird die Autorität der Führungskraft so bleiben. ... Nach Gruppentraumen können weitreichende soziale Veränderungen, absichtlich oder nicht, von einer Handvoll Panikmachern, die mit der Wut und der Paranoia der verletzlichen Bevölkerung spielen, eingeführt werden. (92-3, 95)
Somit sehen wir auf klare Weise, dass makrosoziales Böses und die Hilflosigkeit der Gesellschaft, nicht derart simpel ist, wie Wolf und Kohut uns glauben machen wollen. Alleine genommen ist es sehr unwahrscheinlich, dass ängstliche Menschen sich zusammen tun und in eine Art narzisstischer Wut ausbrechen, um „vorübergehend“ sich gestärkt zu fühlen! Unabdingbar ist ein Pathogen, die Triebkraft, der infektiöse Erreger.

Die wiederholte Aktivierung des Paranoia-Schalters wurde von Ivan Pavlow erforscht, und er bezeichnet den Moment, in dem alles „umschaltet“ als „transmarginale Inhibition“ bzw. „Überlastungshemmung“. Transmarginale Inhibition, oder TMI, ist die Antwort eines Organismus auf einen überwältigenden Stimulus. Ironischerweise ist TMI auch eine populäre Abkürzung für „too much information“ [zu viel Information], was ein gemeinsamer Faktor der transmarginalen Inhibition in unserer heutigen Kultur sein kann.

Pavlow fand heraus, dass die Toleranz eines Organismus gegenüber verschiedenen Stimuli auf signifikante Weise variiert, je nach den fundamentalen Unterschieden in seinem Temperament, einem Faktor, der heutzutage weitgehend ignoriert wird. Er schrieb dazu: „Der grundlegendste vererbte Unterschied zwischen Menschen war, wie schnell sie diesen Abschaltpunkt erreichten, und dass diejenigen, die ihn schnell erreichten, ein gänzlich unterschiedliches Nervensystem besaßen.“ Das verleitete ihn dazu, vermehrte Aufmerksamkeit dem Erfordernis zu schenken, seine Subjekte gemäß ihrer vererbten Konstitution zu klassifizieren, bevor er sie experimenteller Konditionierung unterwarf.

Das bringt uns zurück zum Punkt über den Unterschied zwischen sichtbarem Verhalten und innerem Zustand. Eine Person kann mit Schaum vor dem Mund zu Boden fallen, nicht nur wenn sie Tollwut hat, sondern auch, wenn sie einen Schlaganfall erleidet. Die wissenschaftlichen Ursachen zu verschleiern ist ebenso schädlich, wie wenn keinerlei Wissenschaft darin verwickelt ist, und eine Behandlung für eine Krankheit verwendet wurde, wenn eine andere Behandlung notwendig gewesen wäre.

Nun lasst uns an den Anfang zurück gehen und einige der Ideen untersuchen, auf denen Kohuts Theorien basieren.

Alle Experten sagen uns, dass Neugeborene und Kleinkinder das Gefühl haben, das Zentrum des Universums zu sein, allmächtig und allwissend. Am Anfang nehmen wir unsere Eltern lediglich als „Verlängerungen“ unserer selbst wahr, im dem Sinne, dass wenn wir uns auf irgend eine Art und Weise unwohl fühlen, diese Schattenfiguren, die Landschaft unseres Universums, in unserem Auftrag handeln. Somit wird von den frühesten Entwicklungsstufen an diese „Antwort des Universums“ auf unsere Bedürfnisse zu unserem tiefsten Glauben über uns und über das Leben selbst - ein Glaube, der uns eingeprägt wird, bevor wir verbale Fähigkeiten erworben haben. Das ist die zentrale Theorie der modernen Bindungstheorie.

Wenn wir hungrig oder kalt oder zu warm sind, oder einsam und Berührung und Trost bedürfen, und wenn das Universum als Mutter umgehend mit der angemessenen Lösung antwortet, sagt uns unser frühester und tiefster Sinn für die Existenz, dass das Universum sicher ist, dass es gut ist, dass es auf uns reagiert, dass wir „Macht“ über uns selber und unsere Umwelt haben. Dies unterstützt eine „gesunde“ Art des kindlichen Narzissmus (oder eine „sichere Bindung“). Dies wird zur fundamentalen Plattform, von der wir während unseres ganzen Lebens aus operieren. Wir haben gelernt, dass das Universum sicher ist, dass es uns gut gestimmt ist, und wenn wir die Hand zum Universum ausstrecken oder in tiefster Not aufschreien, dann wissen wir, dass das Universum, und alles darin Enthaltene, uns auffangen wird. Doch dann müssen wir natürlich aufwachsen und lernen, dass wir NICHT das Zentrum des Universum sind, und es ist in diesem Prozess des Erwachsenwerdens, in dem sich der gesunde kindliche Narzissmus in ein gesundes Selbstwertgefühl des Erwachsenen verwandelt.

So weit, so gut.

Nehmen wir ein Kind her, das dem Universum vertraut, weil das Universum - die Mutter und Andere im Leben des Kleinkindes - immer liebevoll und auf positive Weise geantwortet haben. Was auch immer im späteren Leben diesem Kind zustoßen wird, wir können voraussagen, dass das Kind dieses „sichere Universum“ in sich tragen, und in der Lage sein wird, sich darauf abstützen zu können.

Interessant ist, dass narzisstische Eltern oftmals ziemlich gute Kindpflegepersonen sind, solange das Kind vollkommen hilflos und abhängig ist, weil sie sich vollständig für alle ihre Bemühungen geschätzt fühlen. Und weil sie „Eltern spielen“, haben sie natürlich ein idealisiertes Bild der Mutter-Kind-Beziehung aus Filmen oder großartigen Ölgemälden, die sie nachzuspielen trachten, um auf diese Weise von den Anderen Lob für sich zu gewinnen, die ihre großartigen Leistungen als Eltern miterleben!

Das ist natürlich für das Kind eines Narzissten günstig, weil, sobald es alt genug ist, um der Mutter oder dem Vater „Nein“ zu sagen oder zu widersprechen, oder seinen eigenen Weg gehen zu wollen, der dem Willen der Eltern widerspricht, beginnt die narzisstische Verwundung und der Prozess der Dissoziation und des Rückzugs in eine reiche Welt der Phantasie.

Das Kind wird auch SEHR wachsam der Umgebung gegenüber, um Angriffe des Narzissten abzuwehren, und zu versuchen, für sich selber etwas Liebe und Beachtung zu erhaschen (was normal ist). Doch von einem Narzissten Liebe zu erhalten ist wie auf ein nicht existierendes Ziel zu schießen. Somit wird das Kind eines Narzissten überaus geschickt darin, die „Realität zu lesen“ und ihr Verhalten demgemäß anzupassen, weil ihr Leben weitgehend davon abhängig ist. Wenn sie nicht direkt mit dem narzisstischen Elternteil zu tun haben, werden sie auch zu großartigen Phantasten, weil sie dann eine eigene Welt kreieren, in der sie Liebe und Anerkennung für irgendwelche fabelhaften Qualitäten bekommen. Es besteht natürlich die Gefahr, dass sie selber zu Narzissten werden und die Infektion weiterreichen. Und es besteht die reale Gefahr, dass sie sich auf romantische Weise mit schweren Narzissten und/oder Psychopathen verwickeln, weil „unbändige Liebe“ die einzige ist, die sie jemals erfahren haben! Stephanie Donaldson-Pressman und Robert M. Pressman schreiben in ihrem Buch The Narcissistic Family:
Die Zusammenhänge von Erfahrungen des Kindes mit ihren manchmal dauerhaften Auswirkungen auf das Verhalten des Erwachsenen haben Beobachter des menschlichen Verhaltens schon lange fasziniert. Von besonderem Interesse war der Einfluss der Herkunftsfamilie auf die persönliche Entwicklung. Im letzten Jahrzehnt hat das Konzept des „erwachsenen Kindes von Alkoholismus“ [adult child of alcoholism (ACOA)] uns geholfen, die fast voraussagbaren Auswirkungen, in einem Alkohol-Familiensystem aufzuwachsen, zu verstehen. Als Therapeuten haben viele von uns jahrelang mit Individuen gearbeitet, die augenscheinlich unter unverbesserlichem niedrigem Selbstwertgefühl, der Unfähigkeit, intime Beziehungen aufrechtzuerhalten, und/ oder blockierten Wegen zur Selbsterkenntnis litten. Das Konzept der ACOA hat neue Türen zum Verständnis solcher Probleme geöffnet. [...]

Einhergehend mit den Vorteilen, mit dem ACOA und Missbrauch-Konzept zu arbeiten, entstand ein Rätsel. Wie steht es mit Individuen, welche Züge eines ACOA haben, aber dessen Eltern weder tranken, noch vergewaltigten oder schlugen? Freilich, man konnte Dysfunktionen in deren Familien finden, doch der gemeinsame Nenner blieb verborgen. Unter den erwachsenen Kindern von dysfunktionellen (aber nicht-alkoholischen und nicht-missbrauchenden) Familien, fanden wir eine Gruppe von Persönlichkeitszügen, die vorher mit dem ACOA-Modell identifiziert worden waren. Diese umfassten chronische Depression, Unentschlossenheit und ein Mangel an Selbstwertgefühl.

Innerhalb dieser Population fanden wir auch gemeinsame Verhaltenszüge: ein chronisches Bedürfnis zu gefallen; eine Unfähigkeit, Gefühle und Bedürfnisse zu identifizieren; und ein Bedürfnis nach konstanter Bestätigung. Diese Gruppe von Patienten hatte das Gefühl, dass die schlechten Dinge, die ihnen widerfuhren, wirklich verdient waren, während die guten Dinge, die ihnen widerfuhren, vermutlich Fehler oder Zufälle waren. Sie zeigten Schwierigkeiten darin, sich durchzusetzen, und fürchteten insgeheim, dass ein alles durchdringendes Gefühl der Wut zur Oberfläche dringen könnte. Sie fühlten sich wie Papiertiger - oftmals sehr wütend, aber einfach niederzuknüppeln. Ihre interpersonellen Beziehungen waren von Misstrauen und Argwohn (die an Paranoia grenzte) charakterisiert, durchsetzt von oftmals verheerenden Episoden von totalem und unüberlegtem Vertrauen und verheerender Selbstoffenbarung.

Sie waren chronisch unzufrieden, fürchteten aber, als Jammerlappen und Nörgler gesehen zu werden, wenn sie ihre wahren Gefühle offenbarten. Viele davon waren in der Lage, ihre Wut während extrem langen Perioden zu kontrollieren, explodierten dann aber wegen relativ unbedeutenden Dingen. Sie fühlten sich leer und unbefriedigt mit dem, was sie erreichten; das konnte sogar bei Individuen gefunden werden, die äußerlich als sehr erfolgreich gesehen werden konnten. Die Liste der Personen umschloss Fachkräfte, die auf obsessive Weise in ihren Tätigkeiten involviert waren, jedoch außerstande, auf einem Niveau zu wirken, auf dem sie Befriedigung fanden. In Beziehungen fanden sich diese Individuen häufig in ausweglosen Situationen wieder. [...]

Der Haupthinweis war, dass in Abwesenheit von Alkoholmissbrauch andere Formen von dysfunktionaler Erziehung (wie Inzest, physischer Missbrauch, emotionale Vernachlässigung und physische Abwesenheit) scheinbar die gleichen Symptome produzierten. [...]

Indem wir begannen, die gemeinsamen Züge zu verfolgen, die von den Elternsystemen der Überlebenden gemeinsam getragen wurden, konnten wir ein Muster der Interaktion identifizieren, das wir als narzisstische Familie benannt haben. Ungeachtet des Vorhandenseins oder Nicht-Vorhandenseins von identifizierbarem Missbrauch, fanden wir einen alldurchdringenden Zug, der bei allen Familien vorhanden war: die Bedürfnisse des Elternsystems standen über den Bedürfnissen der Kinder.

Wir fanden, dass in der narzisstischen Familie die Bedürfnisse der Kinder nicht nur zweitrangig hinter denen der Eltern stehen, jedoch sogar für diese oftmals überaus problematisch sind. Wenn man versucht, die narzisstische Familie mit irgendeiner der gut bekannten Entwicklungsskalen (wie derjenigen von Maslow oder Erikson) zu verfolgen, sieht man, dass die fundamentalsten Bedürfnisse des Kindes - Vertrauen und Sicherheit - nicht abgedeckt werden. Darüber hinaus wird die Verantwortung für die Erfüllung dieser Bedürfnisse von den Eltern auf das Kind verlagert.

In dieser Familiensituation muss das Kind auf die Bedürfnisse der Eltern reagieren, und nicht umgekehrt. Tatsache ist, dass die narzisstische Familie vollständig mit dem Umgang der emotionalen Bedürfnisse des Elternsystems beschäftigt ist.

Mit der Zeit lernen diese Kinder, dass ihre Gefühle wenig, oder gar negativen Wert haben. Sie beginnen, sich von ihren Gefühlen abzukoppeln und verlieren die Verbindung zu ihnen. Oftmals ist dieses Ableugnen von Gefühlen für das Kind funktionell, da diese auszudrücken nur weiter Öl auf das Feuer gießt. Anstatt ihre Bedürfnisse zu verstehen, sie zu erkennen und sie zu bestätigen, entwickeln diese Kinder einen übertriebenen Sinn für ihren Einfluss auf die Bedürfnisse der Eltern. Tatsächlich werden sie zum Spiegelbild der emotionalen Bedürfnisse ihrer Eltern. Die Bedürfnisse der Eltern werden zu einem beweglichen Ziel, auf das sie sich nur schwer konzentrieren können. Da sie sich verantwortlich fühlen, die Situation zu korrigieren, ohne die dafür erforderliche Macht und Kontrolle zu besitzen, entwickeln die Kinder ein Gefühl des Versagens. Darüber hinaus lernen sie nicht, ihre eigenen Gefühle anzuerkennen und ihre eigenen Bedürfnisse abzudecken. Als Erwachsene wissen diese Individuen unter Umständen nicht, was sie fühlen, außer unterschiedliche Ausmaße von Verzweiflung, Frustration und Unzufriedenheit. (Pressman, The Narcissistic Family, Lexington Books, 1997)
Zusammengefasst lässt sich sagen, dass das von einem Narzissten großgezogene Individuum zum Sklaven trainiert wird und eine Zielscheibe für andere Narzissten und/oder Psychopathen darstellt. Das ist die schlechte Nachricht. Die gute Nachricht ist, dass ihnen geholfen werden kann. Diese Art von narzisstischer Verwundung kann korrigiert werden, weil wie oben erwähnt, aus irgendeinem seltsamen Grund Narzissten oftmals für neugeborene Kinder anständige Eltern darstellen, womit das Kind dieses bestimmte Fundament an Vertrauen in das Universum, das später im Leben dermaßen wichtig ist, mitbekommt. Natürlich lernen sie später, dass Vertrauen schlecht ist, und dieses Gefühl alterniert mit ihren Gefühlen des Vertrauens auf die oben erwähnte Weise: Zurückhaltung in Abwechslung mit verheerender Offenheit.

Nun, lasst uns ein anderes Kind betrachten. Es hat sehr aufmerksame - vielleicht übertrieben aufmerksame - gebildete Eltern, die auf rigide Weise an Zeitpläne und Kindeserziehungsmaßnahmen glauben, die auf „Wissenschaft“ basieren und die dazu dienen, einen guten Christen aus dem Kind zu machen, ein leidgeprüftes spartanisches Kind, das intelligent genug, männlich (oder weiblich) genug, und keine Heulsuse ist. Ein fleißiger Arbeiter zu sein wird hoch bewertet, womit das Kleinkind von Anfang an lernt, kein Faulenzer zu sein!

Mit einer derartigen Sichtweise der Eltern kann das neugeborene Kind in kurzer Zeit psychologisch vernichtet werden!

Wenn ein Kind von den frühesten Phasen seines Lebens an als ein durch Reglementierung „geformtes und gestaltetes“ Objekt behandelt wird (als eine Form der Kindesmisshandlung), wird auf der tiefsten Ebene des Seins ein schreckliches Verbrechen gegen das existentielle Selbst verübt. Ein Kind, das hungrig gelassen wird, weil jetzt gerade nicht die geplante Essenszeit ist, wird dazu konditioniert zu glauben, dass das Universum keine Nahrung als Antwort auf seine Schreie liefert. Seine schützende „Grandiosität“ wird zerstört. Wie die Autoren oben erwähnt haben, werden „die fundamentalsten Bedürfnisse des Kindes - Vertrauen und Sicherheit - nicht abgedeckt “. Das führt zu unsicherer Bindungsfähigkeit. Ein Kind, das nicht aufgenommen und getröstet wird, wenn es Angst hat, sich erschreckt, oder einfach alleine ist und das Bedürfnis nach Berührung hat, wird dazu konditioniert zu glauben, dass es sinnlos ist, die Hand auszustrecken, oder auf irgendeine Weise mit dem Universum zu interagieren. Sein Sinn von Mächtigkeit wird auf schwerwiegende Weise geschädigt. Somit hat ein Kind, das gemäß dem kartesischen Modell vom „Menschen als Maschine“ oder dem christlichen Modell von „Zucht und Ordnung“ großgezogen wird, keinerlei Sinn für Sicherheit oder Zulänglichkeit.

Ein Kind, das abrupten und willkürlichen „Zeitplänen“ unterworfen wird, das von Eltern propagiert wird, die von den „wissenschaftlichen und psychiatrischen Theorien“ überzeugt sind und glauben, dass sie „das Richtige“ tun, endet mit schwerwiegenden Verletzungen seines primären Selbst. Solche Verletzungen können schwerwiegend und irreversibel, entlang der Linie der transmarginalen Inhibition bzw. Überlastungshemmung, sein. In gewissen Fällen findet man bei einem Kind, das zu lange schreien gelassen, oder zu schwer und zu oft traumatisiert wurde, tatsächlich einen Hirnschaden. Im Kortex bilden sich kongestive Zentren, und primitive Abwehrmechanismen (PAM) können durch irgend etwas ausgelöst werden, welche das Individuum an das ursprüngliche Trauma erinnern, wovon das meiste, wie wir uns erinnern, präverbal ist. Und in der Tat dissoziiert in vielen Fällen das Kind in eine alternative Persönlichkeit, die grandios und allmächtig ist. Diese Dissoziation wiederholt sich möglicherweise bis zu dem Punkt, an welchem sie das Leben des Individuum übernimmt, und es ist sehr wahrscheinlich, dass solche Fälle des Narzissmus dadurch entstanden sind, dass das Kind hilf- und machtlos gemacht worden ist. Und solche Individuen können Unmengen von Wut in sich tragen, weil der Hauptschaden auf dem primitivsten Niveau der Hirnfunktion angerichtet worden ist.

Die empathische Unterstützung unserer „primären Objekte“, der Eltern, ist in diesen frühen Phasen von herausragender Bedeutung. In seiner Abwesenheit neigt unser Selbstwertgefühl als Erwachsener dazu, wild zwischen Überschätzung des Selbst durch Regression in den kindlichen narzisstischen Modus oder Selbstentwertung als der Kindersklave von sadistischen, wenn auch wohlmeinenden Eltern, hin und her zu schwanken.

Ein solches Kind kann mit einem schwerwiegenden Gefühl von bitterer Enttäuschung und radikaler Desillusionierung gegenüber dem gesamten Universum aufwachsen. Sie sind oftmals nicht in der Lage, Limitierungen des Selbst, Enttäuschungen, Niederlagen, Misserfolge, Kritik oder Desillusionierung mit Anmut und Toleranz zu akzeptieren. Ihr Selbstwertgefühl ist inkonstant und negativ. Sie haben eine Tendenz zu glauben, dass alles, was ihnen widerfährt, das Resultat von externen Ereignissen sind, oder dass alles irgendwie ihre eigene Schuld ist. Sensibilität oder Übererregbarkeit spielt bei diesen Reaktionen eine große Rolle.

Es scheint ziemlich klar zu sein, dass ein Kind, das in den frühesten Phasen der Entwicklung vernachlässigt oder missbraucht wird, in seinem Leben Schwierigkeiten jeglicher Art haben wird. Die Gesundung hängt davon ab, wie lange und wie schwerwiegend die Misshandlung war, und welche Korrekturen, wie früh und wie konsistent, ergriffen wurden. Und vor allem hängt es vom Individuum ab und von seinem WILLEN, gesünder zu werden. Doch da steckt noch sehr viel mehr dahinter. Martha Stout schreibt in ihrem Buch The Myth of Sanity:
In Zusammenhang mit der Arbeit, die ich mache, frage ich mich natürlich, ob es irgendwelche organisierenden Systeme von Sinn und Wert gibt - „gute“ und „schlechte“ - die mit der erfolgreichen Erholung von dissoziativen Erkrankungen einhergehen, oder die gegen ein solches Resultat sprechen. Gibt es Seelen, sozusagen, für welche die Prognose besser ist als für andere? Und wenn ich alle meine Patienten betrachte, über all die Jahre hinweg, ist die Antwort „Ja“: es gibt tatsächlich eine erstaunlich robuste Korrelation zwischen einer erfolgreichen Erholung eines Individuums auf der einen Seite, und der vorher vorhandenen Überzeugung einer Person, dass sie und sie alleine für etwas verantwortlich ist. Dieses „etwas“ könnte ein Bestreben oder eine spezifische Person sein, oder vielleicht am ehesten ihr Verhalten dem Leben gegenüber im Allgemeinen. Menschen, die von einem Verantwortungssinn für ihr Verhalten getrieben und organisiert werden neigen dazu, sich zu erholen.

Und traurigerweise, im umgekehrten Falle, neigen die Menschen, deren führende Bedeutungssysteme solch eine Überzeugung nicht beinhalten, dazu, in dissoziativer Hinsicht fragmentiert und verloren zu bleiben. ... Der Unterschied besteht in der beharrlichen Annahme von persönlicher Verantwortung für die eigenen Handlungen, und damit die Auferlegung von persönlichen Risiken, im Vergleich zu denjenigen, die den höchsten Wert auf ihre persönlichen Sicherheit legen, sowohl physisch, wie auch emotional, was oftmals die Anerkennung von Verantwortung ausschließt. (Wenn ich Verantwortung gegenüber meinem Kind anerkenne - oder gegenüber meinem Freund oder meinen Ideen oder meiner Gemeinschaft - kann ich womöglich dazu bewegt werden, meinen Hals zu riskieren. Ich muss womöglich etwas tun oder fühlen, das mich verletzlicher macht.)

Hier schließt die Traumpsychologie den Kreis, indem die ursprüngliche Funktion von Dissoziation ein Puffer ist und ein Schutz; und deshalb scheinen Patienten, die Selbstschutz über alles bewerten, Kandidaten für ein Therapieversagen zu sein.

Ein selbstschützendes System der Psyche kann sich verhaltensmäßig auf verschiedene Weise ausdrücken. Drei der häufigsten Wege können charakterisiert werden als: 1) eine Taten verhindernde Abhängigkeit von einer anderen Person oder begrenzenden Satz von Regeln, 2) ein Verharren auf Schuldzuweisung, Handlungen und Beschwerden, die auf eine Perspektivlosigkeit gegenüber den eigenen Problemen im Vergleich zu denen von Anderen hinweisen. 3) Die dritte Verhaltensäußerung einer sich selbst schützenden Seele - die auf eine Perspektivlosigkeit gegenüber den eigenen Problemen im Vergleich zu denen von Anderen herrührt - widerspiegelt sich in unserer Gesellschaft im Großen und Ganzen durch das gängige Phänomen der Opferidentifikation.

... Ein Überlebender eines Trauma ist gewiss ein Opfer: aber ein „Opfer“ zu sein beinhaltet nicht die Gesamtheit seiner - oder aller anderen - Identität. Helfer müssen den Heilungsprozess in beiden Phasen unterstützen: der Überlebende muss die Entdeckung, dass er ein Opfer ist, ertragen, und muss dann die Verantwortung dafür übernehmen, es nicht mehr länger zu sein. Beide Anteile sind gleichermaßen wichtig, und in keiner der beiden Phasen kann Selbstschutz das primäre Ziel sein. Das Untermauern einer langfristigen Identität als Opfer beraubt sie eines wichtigen Menschenrechtes, nämlich für das eigene Leben verantwortlich zu sein. [...]

Wir können uns nicht gleichzeitig schützen und das Leben vollständig erfahren. Diese zwei Begehren schließen sich proportional aus. In dem Ausmaß, in dem wir versuchen, uns zu schützen, können wir nicht wirklich leben; und in dem Ausmaß, in dem wir wirklich leben, können wir nicht den höchsten Wert auf unseren Selbstschutz legen. Diese Lektion ist nicht neu, aber es ist interessant, dass das Thema sich selber wiederholt, bis hinunter auf unserer neurologischen Baupläne. Vielleicht gibt es keine Erlösung für uns außerhalb des Bedeutungssystems, das uns durch persönliche Verantwortung zur Verfügung gestellt wird, trotz all der abschreckenden Risiken. Vielleicht ist das der Grund, warum wir so beharrlich nach Beispielen von Rechenschaft in unseren Vorbildern, unseren Eltern und unseren Führern suchen.

Nun, wie steht es mit Kindern, deren Bedürfnisse in den frühen Lebensphasen vollständig erfüllt werden, deren Familien nicht narzisstisch sind, und die trotzdem einen schwerwiegenden Narzissmus oder Psychopathie zeigen?

Wir sind nun an einem Verzweigungspunkt angelangt: dem Unterschied zwischen narzisstischer Verwundung und NPS/ Psychopathie.

Beachten Sie die Charakteristiken von narzisstisch verwundeten Kindern: sie wachsen mit einem Gefühl der bitteren Enttäuschung und radikaler Desillusionierung mit dem Universum als Ganzes auf. Sie sind oftmals nicht in der Lage, Selbstlimitierungen, Enttäuschungen, Rückschläge, Misserfolge, Kritik oder Desillusionierung mit Anmut und Toleranz zu akzeptieren. Ihr Selbstwertgefühl ist inkonsistent und negativ. Sie haben die Tendenz, alles, was ihnen zugestoßen ist, als das Resultat von externen Ereignissen zu interpretieren, oder dass alles auf irgend eine Weise ihre Schuld ist.

Wenn wir versuchen „narzisstische Verwundung“ als die Ursache von allen Fällen von Narzissmus herbeizuziehen, und Scham und Empfindlichkeit als intermediären Schritt zur Auslösung dieser „archaischen Wut“, sehen wir uns schwerwiegenden Problemen gegenübergestellt, sowohl empirischer, als auch theoretischer/ logischer Art.

Betrachten wir das logische Problem: Wenn das Kind sich selbst im Zustand der grenzenlosen Macht und Wissen erfährt, einem Zustand, der als „Grandiosität“ bezeichnet wird, stellt sich die Frage, wie sich das in eine erwachsene Persönlichkeitsstruktur umsetzen lässt, die „auf schwachen Beinen steht“, übersensibel ist und zur Scham neigt (d.h. psychoneurotisch ist)? Das ist eine ziemlich bemerkenswerte Verwandlung. Wenn dem kindlichen Zustand nicht erlaubt wird, „sich zu entwickeln“, wie vorgeschlagen wird, dann muss das heißen, dass er gleich bleibt, sich nicht verändert. Und wenn das der Fall ist, muss der erwachsene Narzisst genauso sein wie das unterentwickelte Kleinkind: er oder sie erfährt sich selber in einem Zustand von unbegrenzter Macht und Wissen, und tut dies trotz aller Hinweise auf das Gegenteil; es handelt sich um eine felsenfeste Struktur; es ist unerschütterlich! Hier finden wir weder „Übersensibilität“, noch eine „Neigung zur Scham“, weil Sensibilität und Scham während dem Aufwachsen erlernt werden.

Manche traumatisierten Individuen scheinen in diesen narzisstischen Zustand zurückzufallen, wenn sie unter Stress, oder unter bestimmten Arten von Stress, stehen. Wenn sie in diese Regression fallen, nennt man das Dissoziation, und je häufiger sie das tun, desto eher machen sie das in der Zukunft und desto einfacher und automatischer geschieht das. (Siehe Martha Stout, The Myth of Sanity)
Somit wäre ein Narzisst, so wie ihn Kohut beschreibt, einer, dessen Entwicklung auf einer gewissen Stufe des normalen Aufwachsens gehemmt oder verzerrt worden ist - weil eine GEWISSE Entwicklung stattgefunden hat, die zur Fähigkeit geführt hat, Scham zu empfinden, sensibel zu sein, voranzuschreiten und zurückzufallen, zu assoziieren und zu dissoziieren. Daraus folgt, dass das Zuordnen der narzisstischen Wut als kompensatorische Reaktion, die von „Übersensibilität“ und der „Neigung zur Scham“ herrührt, nicht dasselbe ist, wie die Zuordnung der narzisstischen Wut als einen primären kindlichen Narzissmus. Kurzgefasst, man kann nicht beides haben! Wenn ein unterentwickelter infantiler Narzissmus die Ursache der Wut ist, kann sie nicht partiell entwickelt sein, weil dann kein infantiler Narzißssus hinter der Wut stecken würde.

Und trotzdem gibt es diese Beschreibung der narzisstischen Wut, der psychopathischen Wut, die jedermann erkennt, der sie jemals erfahren hat! (Natürlich macht mich dies gegenüber der ganzen Geschichte und den Personen, die dahinter stecken, argwöhnisch, doch möchte ich an dieser Stelle nicht drauf eingehen!)

Die Quintessenz ist die, dass Kohut und Wolf tatsächlich die REALITÄT der narzisstischen/psychopathischen Wut beschreiben, wenn Wolf schreibt:
[Kohut] beobachtete, dass dieser Wut zugrundeliegend, oftmals ein kompromissloses Beharren auf die Perfektion des idealisierten Anderen gefunden werden kann. Das Kleinkind erfährt sich immer noch in einem Zustand von unlimitierter Macht und Wissen, einem Zustand, den wir als Außenstehende abwertend die Grandiosität des Kindes, sein grandioses Selbst, nennen.

Wenn aus verschiedenen Gründen diesem kleinkindlichen grandiosen Zustand des Narzissmus verhindert wird, zu einem gesunden Selbstwertgefühl zu erwachsen, treffen wir eine Person an, die wie ein Erwachsener aussieht ...
Ich glaube, dass wir mittlerweile herausgefunden haben, dass wir den verworrenen Schluss komplett verwerfen können, welcher lautet: „... der jedoch ein auf sehr schwachen Beinen stehender, übersensibler und zur Scham neigender Narzisst ist“.

Danach folgt:
Der Fanatismus des Bedürfnisses nach Rache und der nimmer endende Zwang, nach einer Beleidigung die Rechnungen begleichen zu müssen, sind demzufolge nicht die Attribute von Aggressivität, die mit den erwachsenen Vorsätzen des Ego integriert sind - im Gegenteil, solch eine Besessenheit weist darauf hin, dass die Aggression im Dienste eines archaischen grandiosen Selbst mobilisiert worden ist, und dass es innerhalb des Rahmens einer archaischen Sichtweise der Realität eingesetzt worden ist. Das zur Scham neigende Individuum, das bereit ist, Rückschläge als narzisstische Verwundung zu erfahren und diese mit unstillbarer Wut zu beantworten, anerkennt seinen Gegner nicht als Zentrum unabhängiger Initiative, mit der er zufälligerweise im Widerspruch steht.
An dieser Stelle müssen wir „das zur Scham neigende Individuum, das bereit ist, Rückschläge als narzisstische Verwundung zu erfahren“ verwerfen, doch womit können wir dies ersetzen?

Carl Frankenstein hat vorgeschlagen, dass die Person, die zum Psychopathen wird, sich in einen Zustand der „Ego-Erweiterung“ begibt, wo sie, um sich sicher zu fühlen, ihr Ego vollständig in der Außenwelt als Teil ihrer selbst „inkorporiert“. Er schreibt dazu:
Psychopathie ist als konstitutionelle Unfähigkeit definiert worden, objektive (positive wie auch negative) Beziehungen und effektive menschliche Verbindungen eingehen zu können, oder als konstitutionellen Mangel an Willen und Emotion (im Gegensatz zu intellektuellen Mängeln).

Mangel an Identifikation; ein schwach ausgebildetes Konzept des Ego; eine Tendenz, andere in ihrem Verhalten zu imitieren; ein fehlendes Bewusstsein eines Superego, von Angst, Schuldgefühlen und von neurotischen Reaktionen auf Konflikte oder Frustrationen; Seichtheit von Fantasiematerial; das Fehlen von Sorge um objektive Fakten; ein Schwachpunkt in Hinsicht auf das Konzept von Zeit wird als Hauptcharakteristik der Psychopathie bei Kindern erwähnt

Es ist auch allgemein anerkannt, dass eine Phänomenologie des psychopathischen Verhaltens bei Erwachsenen weitere und noch schwerwiegendere Abweichungen aufdeckt. Wir finden moralische Trägheit, die oftmals zu brutalen Verbrechen führt; eine fehlende Kontrolle gegenüber sexuellen und/oder materiellen Verlangen; hysterischer Fanatismus, scheinbar um der Wahrheit, einem Prinzip, einer Idee willen, in Tat und Wahrheit aber als Reflextion eines unstillbaren Verlangens, im Zentrum von Aufmerksamkeit, Bewunderung oder Angst zu stehen; dasselbe Verlangen produziert den gut bekannte Schwindler- und Hochstaplertypen; narzisstische Erregbarkeit; oder fast unbegrenzte Verführbarkeit. Manchmal werden Vagabunden, Sex-Perverslinge und Süchtige in der Liste der psychopathischen Typen miteinbezogen

(Frankenstein, Psychopathy: A Comparative Analysis of Clinical Picutres, Grune & Stratton, NY und London; 1959).
Man beachte, dass das Problem der „Objektivität“ im obigen Abschnitt zwei Mal erwähnt wird. Wir können den „Schwachpunkt in Hinsicht auf das Konzept von Zeit“ als ein Problem von Objektivität betrachten. Der Hauptfehler mit Narzissten und Psychopathen scheint in seiner Bindungsunfähigkeit zu liegen. Bindungsfähigkeit erwächst aus gesundem Narzissmus, den das Kleinkind nach und nach in ein angemessenes erwachsenes Selbstwertgefühl verwandelt, indem das Kleinkind lernt, zwischen sich selber und Anderen einen Unterschied zu machen. Das gesunde Kind entwickelt sich und bildet eine „vernünftige und exakte Repräsentation“ seines wahren Wertes im Verhältnis zu seiner Welt, seiner Realität, aus. Mängel im Prozess der Entwicklung von fehlendem Ego zur Ego-Identifikation bis hin zu Selbstwertgefühl kann mit dem normalen Prozess des Erwerbens eines gesunden Introjekts (dem inneren Selbst) und der Bildung des Superego (inneren Elternteil) interferieren. Ohne diese zwei Elemente gibt es keinerlei Angst, keinerlei Schuldgefühl, keinerlei Neurosen etc. Kurz gefasst, niemand ist zu Hause. Das wird durch die bekannten intellektuellen Besonderheiten des psychopathischen Kindes widergespiegelt: ein Mangel an Besorgnis, die Unfähigkeit, angemessene Zeitkonzepte zu formen, die Unfähigkeit, Zeit angemessen zu erfahren und ein seichtes Fantasieleben. Psychopathen fehlt ein inneres psychisches Milieu.

Das alles ist lediglich eine andere Art und Weise, das Problem des Psychopathen, des Narzissten, als die Unfähigkeit zu beschreiben, sich selber in Bezug auf die Umwelt außerhalb oder innerhalb des Selbst zu setzen! Der Psychopath/ Narzisst reduziert sich damit zu wenig mehr als einer Maschine, einem zweidimensionalen Konstrukt ohne inneres oder äußeres Selbst, einem Gespenst, einem Vampir, der in keinem Spiegel gesehen werden kann und der keine Schatten wirft. Er verschwindet hinter dem Licht der Wahrheit und Objektivität.

Diese beiden Konzepte veranlassen uns, die kleinkindliche Stufe zu untersuchen, in der das Kind aus irgendwelchen Gründen es versäumt, den Unterschied zwischen dem Selbst und Anderen zu entwickeln. Alles „da draußen“ erscheint dem Psychopathen lediglich als eine Verlängerung seines Selbst, oder dass es nur deshalb existiert, damit er es in sein Selbstpotenzial eingliedern kann. In gewisser Hinsicht stellt sich das wie ein Kleinkind dar, welches glaubt, dass die Mutter, die Brust und Nahrung, Teil seines Selbst ist, für seine eigene Lust da, und es ist nicht in der Lage, über seine Emotionen und egoistischen Zustand hinauszuwachsen.

Frankenstein schreibt dazu:
Lernen heißt, das Nicht-Ego zu internalisieren, die Realität in konzeptionelle emotionale und funktionale Teile des Ego zu verwandeln. Das Ego koordiniert nicht nur die Inhalte des Bewusstseins (indem es die verschiedenen Kontexte von Bedeutung miteinander verknüpft), sondern auch seine eigenen Funktionen (indem es sie miteinander verknüpft, aber auch mit den aktuellen und potenziellen Inhalten des Bewusstseins, je nach ihrer Relevanz in einer bestimmten Situation).
Mit anderen Worten, Lernen ist wie das Zeichnen einer Karte innerhalb des Selbst - im Gehirn - von allem, was „da draußen“ ist, und dem Erlernen, diese Karte zu lesen, damit die Realität wirksam navigiert werden kann. In dem Ausmaß, wie die Karte die äußere Landschaft korrekt beschreibt (auf die selbe Weise, wie eine geographische Karte die Merkmale des realen Ortes beschreibt, wenn wir ihn besuchen), bestimmt sie, wie Objektiv diese innere Karte ist.

Was ein anderes wichtiges Merkmal zu sein scheint, ist die Fähigkeit zu realisieren, dass diese Karte eine Karte ist, und dass die Realität da draußen keine Karte ist, sonder die Realität.

Es könnte sein, dass Psychopathen keine Karten der Realität erstellen, weil sie den Unterschied zwischen der Karte und der Realität nicht erkennen. Sie scheinen zwischen dem, was außen ist, und dem, was innen ist, nicht unterscheiden zu können. Die Art und Weise, wie Psychopathen sich in der Realität bewegen, ist vielleicht dermaßen bizarr, dass wir uns das gar nicht vorstellen können.

Gene oder Umwelt?

Die Anlage-Umwelt-Kontroverse scheint einfach nicht verschwinden zu wollen. Es gibt die Schule, die sagt, dass alle Menschen ziemlich gleich sind, und Menschen, die als Kinder schlecht behandelt werden, wachsen auf, um später andere schlecht zu behandeln; sie lernen von ihnen vorgesetzten Beispielen von Erwachsenen; sie identifizieren sich mit den Aggressoren; das ist die Umwelt-Schule. Die Anlage-Schule sagt, dass es eine breite Streuung der vererbten Veranlagungen gibt und dass viele Menschen, die schlecht behandelt werden, nicht aufwachsen, um Andere schlecht zu behandeln, dass diejenigen, welche das tun, es ohnehin getan hätten, sogar wenn sie gut behandelt worden wären, weil sie als „bösartig“ geboren worden sind. Sie weisen auch auf mannigfache Hinweise hin, dass es viele Narzissten und Psychopathen gibt, welche keinen misshandelnden Hintergrund haben, wie von der Umwelt-Schule postuliert wird.

Robert Hare, ein Experte der Psychopathie, sagt, dass unterschiedliche Komponenten von Umwelt und Anlage involviert sind, doch dass Anlage - Vererbung - der wichtigere Faktor ist. Gegner dieser Idee lehnen das aus dem einfachen Grunde ab, dass Vererbung heißen würde, dass keine Heilung möglich ist.

Oder wie Liane Leedom mir privat geschrieben hat:
Es ist unverantwortbar, dass viele Forscher behaupten, dass eine der schrecklichsten Krankheiten, die Psychopathie, genetischen Ursprungs ist und dann aber niemandem irgendwelche Ratschläge abgeben, wie mit dieser Tatsache umgegangen werden kann. Wenn man eine Mutter und ihr Kleinkind höchstpersönlich trifft, wirft das ein sehr persönliches Licht auf eine unpersönliche und unmenschliche Aussage.
Nun, das tönt sehr nobel, einfühlsam und humanistisch, doch die Natur unterwirft sich nicht immer unseren Forderungen nach Humanität; die Natur hat oftmals, wie ein altes Sprichwort sagt, „blutrote Zähne und Klauen“. Wenn wir irgend etwas über unsere Realität verstehen wollen, müssen wir exakte, objektive Karten erstellen.

Was wir hier sehen ist in Tat und Wahrheit ein weiterer Versuch, die Sache zu verwirren, das „dimensionale“ Modell zu propagieren, weil es sich als das „humanere“ herausstellt. Natürlich hat Dr. Leedom hier auch ein eigennütziges Interesse in dieser Sichtweise, da sie Berühmtheit erlangte, weil sie mit einem Psychopathen verheiratet war, der ihren guten Namen ruinierte und sie mit einem Kind alleine ließ, das möglicherweise ebenfalls ein Psychopath ist! Somit behauptet sie natürlich, dass sie diesem Problem auf den Grund gehen möchte, um „mein Kind zu retten“. Leedom möchte, dass Psychopathie dimensional ist und nicht kategorisch. Sie hat darauf hingewiesen, dass ähnliche Probleme mit geistig Behinderten bestehen; auch sie stellen ein Kontinuum dar, wobei manche eindeutig gestörter sind als andere. Gibt es irgendeine Schwelle, wo man sagen kann, dass diese geistig behinderte Person auf kategorische Weise verschieden ist von einem anderen, aufgrund von aufgelisteten Gründen? Eine behinderte Person mag in einem Test besonders schlecht abschneiden, aber besser funktionieren als eine andere behinderte Person, die im Test besser abgeschnitten hat. Und dann gibt es die idiots savants:

Das Savant-Syndrom beschreibt eine Person mit irgendwelchen Entwicklungs- oder geistigen Behinderungen, die jedoch außergewöhnliche geistige Fähigkeiten besitzen, die man bei den meisten Personen nicht findet. Das bedeutet üblicherweise (aber nicht in allen Fällen) einen unterdurchschnittlichen Intelligenzquotienten (IQ), jedoch eine sehr hohe und begrenzte Intelligenz in einem oder mehreren Bereichen. Die Fähigkeiten innerhalb des Savant-Syndroms umfassen außergewöhnliche Meisterleistungen im Bezug auf Gedächtnis und arithmetischen Berechnungen, und beinhalten manchmal Fähigkeiten in Kunst und Musik. (Wikipedia)

Zurückgebliebenheit ist tatsächlich ein nützliches Modell, um NPS und Psychopathie (und andere damit verbundene und sich überschneidende Persönlichkeitsstörungen) zu vergleichen, da man sagen kann, dass das betroffene Individuum sicherlich in gewisser Hinsicht zurückgeblieben ist und dass es auch dimensionale Aspekte bei diesen Krankheiten gibt. Es gibt zum Beispiel das Down-Syndrom (Mongolismus), welches genetisch ist, und es gibt den Kretinismus, welcher durch eine Schilddrüsenunterfunktion hervorgerufen wird, welche einen Hirnschaden verursacht. Es gibt viele verschiedene Ursachen für diese Schilddrüsenunterfunktion, einschließlich Verletzung bei der Geburt, ein Mangel an Nährstoffen in der Nahrung, Krankheiten wie die Diphtherie, etc.

Zurückgebliebenheit kann aufgrund eines Hydrozephalus entstehen, der zu einem Hirnschaden führt (und es gibt verschiedene Ursachen für einen Hydrozephalus). Oder aber Mikrozephalie, die von verschiedenen Faktoren hervorgerufen wird, wie etwa intrauterine Infektionen oder Bestrahlung des Beckens der Mutter während der Frühschwangerschaft. Genetische Faktoren sind wahrscheinlich auch beteiligt, aber deren Rolle ist unklar.

Zurückgebliebenheit kann auch durch Pheylketonurie hervorgerufen werden, einer seltenen Stoffwechselerkrankung. Bei der PKU erscheint das Neugeborene normal zu sein, aber es fehlt ihm ein Enzym für den Abbau von Phenylalanin, einer Aminosäure in proteinreicher Nahrung. Wenn dieser Zustand unentdeckt bleibt, führt dies zu einer Akkumulation von Phenylalanin im Blut, was zu einem Gehirnschaden führt. Die daraus resultierende Zurückgebliebenheit kann mäßig bis schwerwiegend sein, je nachdem, wie weit die Krankheit fortgeschritten ist, bevor sie entdeckt und Maßnahmen ergriffen wurden. Es wird vermutet, dass PKU durch Veränderungen von rezessiven Genen hervorgerufen wird, und dass eine von 70 Personen Träger ist.

Und weiter: „Dr. Gecz, ein leitender Forscher am Women’s and Children’s Hospital in Adelaide hat in Zusammenarbeit mit einem internationalen Forscherteam entdeckt, wie die verschiedenen Mutationen auf einem kleinen Teil des X-Chromosoms zu geistiger Zurückgebliebenheit führen kann.“

Wie wir sehen können sind eine Reihe von ätiologischen Faktoren daran beteiligt, die zu Zurückgebliebenheit führen. Im Endeffekt heißt das, dass das Gehirn nicht in der Lage ist, sich auf spezifische Weise normal zu entwickeln, und das ist die Definition von Zurückgebliebenheit. Das Gehirn ist BEHINDERT.

Und somit kommen wir zu unserer Frage zurück: Gibt es eine Schwelle, bei der man sagen kann, dass diese behinderte Person aufgrund von aufgelisteten Gründen kategorisch von einer anderen unterschiedlich ist?

Ich glaube, dass diese kurze Abhandlung der geistigen Zurückgebliebenheit zeigt, dass zurückgebliebene Individuen tatsächlich auf kategorische und dimensionale Weise von anderen verschieden sein können, und dies kann im Hinblick auf ihre Pflege von ausgesprochener Wichtigkeit sein. Es gibt mehr als eine Art von genetischer geistiger Behinderung und es gibt mehr als eine Art von mechanischer Behinderung, doch in allen Fällen ist die Behinderung der definierende Faktor und das wird sich niemals ändern: es ist nicht möglich sie zu heilen, was aber nicht heißt, dass sie nicht behandelt werden kann, oder nicht behandelt werden sollte, oder dass keine Forschung notwendig wäre, um zu versuchen, solche Tragödien zu verhindern. Auf jeden Fall erachten wir es als menschliche Wesen zu keiner Zeit als akzeptabel, diejenigen mit geistiger Behinderung, oder die aufgrund von mechanischen Ursachen geistig beschädigt worden sind, zu beseitigen, genauso wie es inakzeptabel ist, diejenigen zu beseitigen, die mit physischen Behinderungen geboren worden sind.

Das Problem ist, dass gegenüber der Psychopathie, NPS und verwandten, überlappenden Persönlichkeitsstörungen, derselbe Ansatz angewendet werden sollte. Soweit wir wissen, sind verschiedene „überlappende“ Persönlichkeitsstörungen lediglich Variationen von emotionaler Zurückgebliebenheit, vergleichbar mit dem Vorhandensein von Variationen der geistigen Behinderung. So ähnlich wie das Down-Syndrom eine Form von geistiger Behinderung darstellt, ist Psychopathie eine Form von emotionaler Zurückgebliebenheit, eine, die genetisch bedingt ist.

Therapeuten werden einwerfen, dass keinerlei Definition des klinischen Zustandes exakt sein kann, weil jedes Individuum derartig verschieden ist. Jedes Individuum ist eine „Mischung“ von verschiedenen klinischen Bildern. Sie werden behaupten, dass eine gründliche und vollständige Analyse des Individuum sehr viel wichtiger ist als ein umfassendes, abstraktes und strukturelles Bezugssystem wie zum Beispiel eine definitive Diagnose. Solch ein Therapeut sucht unaufhörlich nach verbindenden, im Gegensatz zu differenzierenden Konzepten. Er sucht nach den gemeinsamen menschlichen Bedürfnissen und Trieben, der Psychodynamik, und den Mechanismen dieser Zustände - wie Gehirnstruktur und - chemie - und nicht nach der Essenz der spezifischen Struktur der Verhaltensabweichung. Das ist wie wenn ein Arzt versucht, ein verbindendes Konzept der Zurückgebliebenheit eines Individuums mit Down-Syndrom und einem anderen mit PKU zu finden. Gewiss, beide sind geistig behindert und man kann äußerlich betrachtet ähnliche Symptome finden, doch beide sind vom Inneren her in dynamischer Hinsicht verschieden, und die Pflege der beiden Individuen wird in hohem Maße darauf beruhen, welche Diagnose gestellt wurde. Das bringt uns zu Carl Frankenstein’s Standpunkt, der schreibt:
Wir sind der Auffassung, dass nur mit Hilfe von strukturellen Konzepten, strukturellen Tendenzen und Strukturierung das menschliche Verhalten verstanden werden kann; dass Struktur und Dynamiken - keineswegs widersprüchliche oder sich gegenseitig ausschließende Konzepte - sich insofern ergänzen, als beide sowohl auf den Zustand, als auch auf das Resultat des anderen hinweisen; dass die verschiedenen Formen von pathologischem Verhalten sich voneinander nicht nur in den Dynamiken unterscheiden, die intrapsychischen Beziehungen und Dynamiken, sondern auch in der relativen Rolle von strukturellen versus umweltbedingten Determinanten, und der Strukturierung versus der Modifikation; und dass keine klinische Aussage bedeutungsvoll ist, es sei denn, sie basiert auf einer vorhergehenden Analyse der „diskriminierenden Grundzüge“, das heißt, auf einer klinischen Phänomenologie. [...]

Für den pragmatisch orientierten Kliniker ist der Psychopath lediglich ein unheilbarer Patient mit irgend einer Form von dissoziativen Verhaltensmuster. Für uns ist die Unheilbarkeit kein essenzielles Element der Definition, sondern lediglich das notwendige Ergebnis der Verknüpfung von gewissen strukturellen und dynamischen Faktoren. Diese Faktoren, die wohl in vielen Verhaltensstörungen vorhanden sein können, stellen in ihrer spezifischen Konstellation die Essenz der Psychopathie dar.

(Frankenstein, Carl, Psychopathy: A Comparative Analysis of Clinical Pictures, Grune & Stratton, NY, London, 1959).
Der klinische Psychologe Andrew Lobaczewski, bezeichnet diese neuroanatomischen Strukturen als das menschliche „instinktive Substrat“. Lobaczewski schreibt:
Um die Menschheit verstehen zu können, müssen wir ein grundlegendes Verständnis dieses instinktiven Substrats der Menschheit erlangen und seine herausragende Rolle im Leben des Individuums und von Gesellschaften anerkennen. Diese Rolle entzieht sich leicht unserer Aufmerksamkeit, da die instinktiven Reaktionen unserer menschlichen Spezies so naheliegend erscheinen und für so selbstverständlich hingenommen werden, dass sie kaum Interesse erwecken. Ein Psychologe, der in der Beobachtung der Menschen geschult ist, erkennt die Rolle dieses ewigen Phänomens der Natur aber nicht völlig an, höchstens wenn er viele Jahre professioneller Erfahrung hinter sich hat.

Das instinktive Substrat des Menschen weist eine ein wenig unterschiedliche biologische Struktur als die im Tierreich auf. Energetisch gesprochen wurde es weniger dynamisch, dafür plastischer, und damit verlor es seine Funktion als Hauptantrieb des Verhaltens. Es wurde für die Steuerung durch das Denken empfänglicher, ohne jedoch dabei viel von seinem reichen spezifischen Inhalt der menschlichen Art einzubüßen.

Es ist genau diese phylogenetisch entwickelte Basis unserer Erfahrungen und ihre emotionale Dynamik, die dem menschlichen Individuum erlaubt, seine Gefühle und sozialen Bindungen zu entwickeln und ihn somit befähigt, durch Intuition den psychologischen Zustand eines anderen Menschen oder eine individuelle oder soziale psychologische Realität wahrzunehmen. Es ist aus diesem Grund möglich, menschliche Gewohnheiten und moralische Werte zu erkennen und zu verstehen. Von früher Kindheit an stimuliert dieses Substrat die verschiedenen Aktivitäten, die eine Entwicklung der höheren Funktionen des Verstandes zum Ziel haben. Anders gesagt ist unser Instinkt unser erster Lehrer, den wir unser ganzes Leben in uns tragen. Eine korrekte Erziehung ist deshalb nicht darauf beschränkt, einem jungen Menschen die Kontrolle über die allzu heftigen Reaktionen seiner instinktiven Empfindsamkeit beizubringen, sondern ihn auch zu lehren, die Weisheit der Natur, die seine instinktive Begabung beinhaltet und die sich dadurch mitteilt, anzuerkennen.
Beachten Sie bitte diesen Punkt: „Energetisch gesprochen wurde es weniger dynamisch, dafür plastischer, und damit verlor es seine Funktion als Hauptantrieb des Verhaltens. Es wurde für die Steuerung durch das Denken empfänglicher.“

Fast alle Kreaturen außer dem Menschen besitzen gut ausgebildete und einflussreiche instinktive Triebe. Einige von ihnen stehen und gehen innerhalb einer kurzen Periode nach der Geburt; sie sind in der Lage, ihren Weg zu Futterquellen zu finden; verschiedenste wunderbare „festverdrahtete“ Verhaltensweisen existieren in vielfältigen Kreaturen, die nur ansatzweise beim Menschen vorhanden sind, weil sein plastisches Substrat sich viel mehr auf Training als auf festverdrahtete Verhalten abstützt, um sein Überleben zu sichern.

Nehmen wir nun an, dass eine bestimmte Verfassung - entweder traumatisch oder genetisch verursacht - eine angemessene Entwicklung des menschlichen instinktiven Substrats verhindert, oder seine dynamische Rolle steigert, und seine plastische Rolle einschränkt, oder sogar eine Verfassung hervorruft, die eher derjenigen unserer tierischen Verwandten im Baum der Evolution gleicht? Stellen Sie sich die emotionale Natur eines Krokodils in menschlicher Form vor? Das ergibt eine völlig neue Vorstellung des Reptilienhirns, nicht wahr?

Im Hinblick auf ein behindertes oder beschädigtes instinktives Substrat ist es sehr wohl möglich - sogar wahrscheinlich - dass psychologische Abweichungen zum Ausdruck kommen, sogar in einem Ausmaß, dass die emotionale Entwicklung einer Person entweder vollständig in einem frühen kindlichen Zustand eingefroren ist, oder zumindest so erscheint. Solchen Fällen kann vermutlich von der jetzigen medizinischen Wissenschaft nicht geholfen werden, und sie können in vielen Fällen zu antisozialem, gewalttätigem und/oder kriminellen Verhalten führen. Beachten Sie bitte, dass das normale instinktive Substrat eines Tieres bei Menschen nicht normal ist, und wir können lediglich aufgrund des Verhaltens ermessen, was im Innern vor sich geht. Was mir in diesem Zusammenhang als wichtig erscheint ist die Beobachtung, dass das scheinbare Verhalten bei narzisstischer/psychopathischer Wut dynamisch gesehen ähnlich wie das emotionale Verhalten von gewissen Tieren in gewissen instinktgetriebenen Zuständen erscheint. Und beachten sie bitte, dass ich mich hier auf die Emotionen, und nicht auf die Intelligenz, konzentriere.

Doch hier liegt der Hase im Pfeffer: Wenn wir einen erwachsenen Psychopathen betrachten, gibt es hochkomplexe neurologische Schaltkreise, die sich parallel im Lernprozess entwickelt haben, in dem er herausfindet, was seine Forderungen und Bedürfnisse erfüllt. Eine komplexe oder sogar brillante Intelligenz wird in den Dienst einer beschränkten oder abweichenden emotionalen Natur gespannt. Doch dieser scheinbare innere infantile Kern, der im Zentrum eines Bündels von neurologischen Afferenzen und Efferenzen lediglich aus Hunger besteht, ist statisch - er verändert sich niemals. Mit anderen Worten, es gibt kein inneres Selbst, lediglich ein schwarzes Loch, welches alles in sich hineinsaugen will/muss.

Und hier kommen wir zur Ursache für die unstillbare Wut.

Unter dem Einfluss dieser internen Struktur - diesem stets vorhandenen und niemals erfüllten Hunger - ist der Psychopath nicht in der Lage, Bedürfnisse von anderen Menschen anzuerkennen, subtile Schattierungen von Situationen zu erfassen oder Uneindeutigkeit zu tolerieren. Seine gesamte externe Realität wird im Dienste von primitiven Trieben durch diese rigide und primitive interne Struktur gefiltert und angepasst.

Wenn der Psychopath frustriert ist, das heißt, wenn er nicht das erhält, was er will, wenn ihm die Befriedigung seines Hungers verwehrt oder verzögert wird, dann scheinen sie zu empfinden, dass alles in der Welt „da draußen“ gegen sie gerichtet ist, während sie nur das Gute sind. Das kann natürlich zu Gedankenschlaufen führen, in denen er gut und geduldig leidend ist, und nur das Ideal von Liebe, Frieden, Sicherheit, Schönheit, Wärme und Geborgenheit, die mit Befriedigung einher geht, begehrt (auch wenn sie Befriedigung niemals erreichen können). Doch die fundamentalste Tatsache in dieser Angelegenheit ist, dass „das Kind sich selber in einem Zustand grenzenloser Macht und Wissen erlebt, einem Zustand, welchen wir als sein grandioses Selbst bezeichnen“. Das heißt, wenn ein Psychopath auf etwas Unangenehmes trifft, das die Stillung seines Hungers gefährdet, dann wird dieses Objekt (Person, Idee, Gruppe, was auch immer) in die Kategorie der „ganz schlechten“ gestellt, auf dieselbe Weise, wie ein neugeborenes Kind auf ein negatives Trauma oder eine Verweigerung von Bedürfnissen reagiert: mit einer hirnlosen, instinktiven, hysterischen Wut, die dazu dient, dermaßen unangenehm zu sein (möglicherweise aus evolutionären Gründen), dass der Betreuer sofort das tut, was notwendig ist, um die Wut des Kindes zu Ende zu bringen und seinen Hunger (auf was auch immer) zu stillen.

Kurz gesagt, wenn wir postulieren, dass die innere Realität des Psychopathen strukturell ähnlich demjenigen eines Neugeborenen ist - oder zumindest scheinbar ähnlich - dann müssen wir auch realisieren, dass diese Wut ebenso strukturell ist. Wer oder was diese auch immer auslöst MUSS zur Willfährigkeit gebracht werden, das Kind bzw. der Psychopath darf nicht abgewiesen werden; die Wut, das Schreien, der Anfall wird fortdauern, bis das Kind entweder erhält, was es benötigt/bedarf, oder bis es dermaßen erschöpft ist, dass es sich nicht weiter anstrengen kann. Und natürlich hat diese strukturelle Wut bei einem erwachsenen Psychopathen weit mehr Unterstützung und Möglichkeiten (einschließlich der Möglichkeit, sich eines sehr komplexen Gehirns zu bedienen), um diese für sehr viel längere Zeit aufrechtzuerhalten: so lange wie es braucht, um DAS OBJEKT der Wut, wie ursprünglich geplant, sich einzuverleiben.

Im Endeffekt bedeutet dies: Es gibt keinen einzigen Moment, in dem sich der Psychopath „traumatisiert“, „beschämt“ oder „hilflos“ fühlt - die strukturelle Grandiosität ist immer präsent, mitsamt der Wut und der Zurückweisung der Ablehnung.

Wenn man es mit einem erwachsenen Psychopathen zu tun hat, ist die Sachlage natürlich etwas komplizierter, weil das Gehirn, wie weiter oben bereits erwähnt, weiter gewachsen ist und sich ohne begleitende emotionale Reifung entwickelt hat (und dies kann von Individuum zu Individuum unterschiedlich sein, obwohl die Struktur die gleiche bleibt). Wenn das Gehirn des Psychopathen dazu gezwungen wird, sich mehrende Hinweise anzusehen, die zeigen, dass eine Entscheidung oder Handlung seinerseits ein Problem kreiert, oder eine Situation verschlimmert hat, so muss diese Tatsache vom Gehirn, das von Emotionen getrieben wird, als Teil des Selbst abgestritten und als von „Außen kommend“ projiziert werden.

Die interne Struktur des Psychopathen anerkennt kein Unrecht (sie kann es nicht), anerkennt nichts Schlechtes, keine Fehler, womit alles, was als „schlecht“ definiert wird, auf natürliche Weise - strukturell - auf jemanden oder etwas anderes projiziert wird. Und beachten Sie bitte, dass dies nicht deshalb geschieht, weil sie sich dafür entscheiden, sondern weil sie nicht anders können. In ihrem Kern gibt es nichts anderes als Hunger, der mit neuralen Inputs und Outputs verbunden ist, und der in emotionaler Grandiosität und ewiger Perfektion gehüllt ist; das ist die Art und Weise, wie sie gemacht sind.

Als Konsequenz einer dermaßen primitiven Kernstruktur, verbunden mit einem komplexen - und in gewissen Fällen brillanten - Gehirn , werden Psychopathen Meister der projektiven Identifikation. Das heißt, sie projizieren auf Andere alles, was schlecht ist (und „schlecht“ ändert sich gemäß dem, was der Psychopath in diesem Moment will - das ist Teil ihrer Struktur), und die Psychopathen versuchen auf manipulative Weise bei anderen Personen, das, was projiziert wird, hervorzurufen, und Kontrolle über die Person auszuüben, von der wahrgenommen wird, diese „schlechten“ Charakteristiken zu manifestieren. Auf diese Weise erfährt der Psychopath Genuss und fühlt sich „in Kontrolle“, was darauf hinausläuft, irgendwie „gefüttert“ oder „ernährt“ zu werden.

Vergessen Sie nicht, dass das, was der Psychopath als gut erachtet, nichts mit Wahrheit, Ehre, Anstand, Rücksichtnahme auf Andere, oder mit irgend etwas anderem zu tun hat, als was der Psychopath zu einem gewissen Zeitpunkt will. Auf diese Weise kann jegliche Verletzung der Rechte Anderer, jegliche widerliche, boshafte Tat, von einem Psychopathen verübt werden und er wird des Nachts immer noch (buchstäblich) „wie ein Baby“ schlafen, weil er aus seiner Sicht nichts böses getan hat!

Adrian Raine gehirn
USC forscher Adrian Raine: „Man findet bei Psychopathen defekte Verschaltungen. Sie sind unterschiedlich verschaltet als andere Menschen. In diesem Falle ist das buchstäblich der Fall.“
Von diesen pathologischen Elementen stammen allerlei antisoziales, gewalttätiges und kriminelles Verhalten. Wenn man nun die Maxime anwendet, dass „Gewalt und Aggression vor allem deshalb auftritt, weil Narzissten sich verletzt und hilflos fühlen“ (das ist die Zusammenfassung von Dr. Wolfs Publikation), gibt man pathologischen Individuen auf naive Weise einen Weg, um uns mittels unseren Sympathien zu manipulieren. Gewiss wird viel Gewalt von Individuen verübt, die während ihrer Entwicklung psychologisch verletzt worden sind, doch diese erfüllen nicht notwendigerweise die Kriterien von NPS. Klarheit und Konsistenz in der Terminologie ist auf diesem Gebiet dringend nötig.

Kehren wir nun wieder zurück zu Andrew Lobaczewskis Werk Politische Ponerologie zurück, in dem er in Hinsicht auf eine akzeptablere Antwort auf dieses Problem der Gruppengewalt ein kategorisches und dimensionales Modell der Psychopathie, und ihrer verschiedenen Subkategorien, entwickelt hat. Er identifiziert diese Gruppengewalt als eine Angelegenheit von sozialer Fehlanpassung, die von pathologischen Elementen innerhalb der Gesellschaft ausgenutzt worden ist.
Wenn verschiedene Umstände zusammenkommen, einschließlich einer mangelhaften psychologischen Weltsicht einer Gesellschaft, werden die Menschen dazu gedrängt, Dinge zu tun, die nicht mit ihren individuellen Fähigkeiten übereinstimmen. Wenn dies der Fall ist, ist die Produktivität solch eines Menschen nicht besser sondern oft sogar schlechter als die eines Arbeiters mit durchschnittlichen Talenten. Der Mensch fühlt sich sodann betrogen und von Pflichten übermannt, die ihn vom Erreichen seiner Selbstverwirklichung abhalten. Seine Gedanken wandern von seinen Pflichten in eine Fantasiewelt, oder zu Dingen, die für ihn von größerem Interesse sind; in seiner Welt von Tagträumen ist er das, was er sein sollte und was er verdient zu sein. Solch eine Person weiß immer, wenn seine soziale und berufliche Ausrichtung abwärts verläuft; doch gleichzeitig, wenn er es nicht schafft, eine gesunde Kritikfähigkeit gegenüber den oberen Grenzen seiner Talente zu entwickeln, können sich seine Tagträume auf eine ungerechte Welt fixieren, in der das einzige, was benötigt wird, Macht ist. Revolutionäre und radikale Ideen fallen bei solchen Menschen, die eine abwärts gerichtete soziale Einstellung haben, auf fruchtbaren Boden.

Auf der anderen Seite kann ein anderer Menschentyp zu einer wichtigen Position aufsteigen, weil er aus einer privilegierten sozialen Schicht stammt oder einer Organisation angehört, die an der Macht ist, während seine Talente und Fähigkeiten für seine Pflichten, besonders wenn sie schwierige Probleme betreffen, nicht ausreichend sind. Solche Menschen vermeiden die anstehende Problematik und widmen sich recht auffällig unwichtigeren Dingen. In ihrem Benehmen schleichen sich Anflüge von Schauspielkunst ein und Tests zeigen an, dass sich schon nach ein paar Jahren solchen Verhaltens die Genauigkeit ihrer Vernunft schrittweise verschlechtert. Angesichts des steigenden Drucks, sich auf einer Stufe zu behaupten, die für sie eigentlich unerreichbar ist, und aus Angst, für inkompetent gehalten zu werden, beginnen sie jeden direkt zu attackieren, der größere Talente und Fähigkeiten hat als sie selbst, entfernen sie aus geeigneten Positionen und spielen in der Herabsetzung ihrer sozialen und beruflichen Werte eine aktive Rolle. Dies erzeugt klarerweise ein Gefühl von Ungerechtigkeit und kann auch zu den oben beschriebenen Problemen des abwärts gerichteten Menschen führen.

Nach oben gerichtete Menschen befürworten deshalb peitschenschwingende totalitäre Regierungen, die ihre Positionen schützen.

Nach oben und nach unten gerichtete, wie auch qualitativ ungenaue soziale Ausrichtungen, resultieren in jeder Gesellschaft in einer Verschwendung des gesellschaftlichen Grundkapitals, nämlich des Talentfundus ihrer Mitglieder. Dies führt gleichzeitig zu einer steigenden Unzufriedenheit und zu Spannungen zwischen den Menschen und sozialen Schichten; jeder Versuch, sich dem Thema der menschlichen Talente und ihrer Produktivitätsproblematik als rein private Angelegenheit zu nähern, muss aus diesem Grund als gefährlich naiv angesehen werden. Entwicklung oder Rückschritt hängt in allen Bereichen des kulturellen, wirtschaftlichen und politischen Lebens davon ab, bis zu welchem Ausmaß dieser Talentfundus richtig eingesetzt wird. [...]

In jeder Gesellschaft dieser Welt schaffen psychopathische Individuen und auch manche der anderweitig abweichenden Menschen ein ponerogen aktives Netzwerk allgemeiner Absprachen, das teilweise der Gemeinschaft normaler Menschen entfremdet ist. In diesem Netzwerk spielt die essenzielle Psychopathie eine inspirierende Rolle; dies scheint ein übliches Phänomen zu sein. Die essenziellen Psychopathen sind sich ihrer Verschiedenartigkeit bewusst, während sie ihre Lebenserfahrungen machen und mit den verschiedenen Möglichkeiten, um ihr Ziel zu kämpfen, vertraut werden. Ihre Welt ist für alle Zeiten in 'Wir' und 'Sie' geteilt -- in ihre kleine Welt, die ihre eigenen Gesetze und Gebräuche hat, und in die fremde Welt normaler Menschen, die sie als voll von überheblichen Ideen und Gewohnheiten betrachten und von denen sie moralisch abgeurteilt werden. Ihre Wahrnehmung von Ehre lädt sie dazu ein, diese andere menschliche Welt und deren Werte bei jeder Gelegenheit zu betrügen und zu verschmähen. Im Gegensatz zu den Gewohnheiten der normalen Menschen haben sie das Gefühl, dass ein Versprechen zu brechen ein angemessenes Verhalten ist.

Ganz besonders verstörend für einen normalen Menschen -- etwas, womit er bei Psychopathen umzugehen hat -- ist das Faktum, dass Psychopathen sehr früh lernen, wie ihre Persönlichkeiten traumatisierende Auswirkungen auf die Persönlichkeiten normaler Menschen haben können und wie sie aus dieser Wurzel des Schreckens für das Erreichen ihrer Ziele ihre Vorteile ziehen können. Diese Dichotomie der Welten ist immer vorhanden und verschwindet auch nicht, wenn sie bei der Umsetzung ihrer Jugendträume von Macht über die Gesellschaft der normalen Menschen erfolgreich sind. Dies legt nahe, dass diese Trennung biologisch konditioniert ist.

Im Psychopathen entsteht der Traum von einer Utopie einer 'glücklichen' Welt und von einem sozialen System, das ihn nicht zurückweist oder ihn den Gesetzen und Gebräuchen unterwirft, deren Sinn ihm völlig unverständlich ist. Er träumt von einer Welt, in der sein einfacher und radikaler Weg, die Realität zu erfahren und wahrzunehmen, vorherrscht; einer Welt, die ihm natürlich auch Sicherheit und Wohlstand sichert. In diesem utopischen Traum stellen sie sich vor, dass diese 'Anderen' -- die zwar anders, aber technisch begabter als sie selbst -- dafür arbeiten sollten, damit die Psychopathen und ihresgleichen ihre Ziele erreichen. „Wir“, so sagen die Psychopathen, “werden schlussendlich ein neues Regierungssystem, ein gerechtes Regierungssystem, schaffen.“ Sie sind darauf vorbereitet zu kämpfen und bereit, zum Wohl dieser schönen neuen Welt zu leiden, und natürlich auch darauf, anderen Menschen Leid zuzufügen. Solch eine Vision rechtfertigt das Töten von Menschen, deren Leid ihnen kein Mitgefühl entlockt, da 'sie' nicht von ihrer Art sind. Sie realisieren nicht, dass sie dadurch folglich auf Widerstand stoßen werden, der Generationen überdauern kann.

Einen normalen Menschen einem psychologisch abnormen Individuum unterzuordnen hat ernsthafte und schädigende Auswirkungen auf seine oder ihre Persönlichkeit -- es erzeugt Traumata und Neurosen. Dies wird auf eine Weise erreicht, die sich im Allgemeinen der bewussten Kontrolle entzieht. In solch einer Situation wird der Mensch seiner natürlichen Rechte beraubt: seine eigene mentale Hygiene zu leben, eine ausreichend autonome Persönlichkeit zu entwickeln und seinen gesunden Menschenverstand zu benutzen. Im Lichte der Gesetze der Natur ist dies ein Verbrechen -- eines, das auf jeder sozialen Ebene und in jedem Kontext vorkommen kann --, obgleich dies nicht in irgendeinem Gesetzestext festgehalten ist.

Wir haben bereits das Wesen einiger pathologischer Persönlichkeiten besprochen, wie beispielsweise die frontale Charakteropathie, und wie diese die Persönlichkeiten jener Menschen deformieren kann, die mit ihr zusammentreffen. Solcherart hat die essenzielle Psychopathie eine ganz besonders starke Auswirkung.

In einen Menschen, der einem Psychopathen ausgeliefert ist, frisst sich etwas Mysteriöses hinein, das dann wie ein Dämon bekämpft wird. Seine Emotionen kühlen sich ab, sein Sinn für die psychologische Realität wird abgestumpft. Dies führt zu einer bezugslosen Denkweise und einem Gefühl der Hilflosigkeit, was in depressiven Reaktionen kulminiert, die so stark sein können, dass sie von Psychiatern manchmal als manisch-depressive Psychose fehldiagnostiziert werden. Viele Menschen rebellieren gegen eine Herrschaft der Psychopathen schon lange vor solch einer Krise und beginnen nach Auswegen zu suchen, wie sie sich von solch einem Einfluss befreien können.

Viele Lebenssituationen involvieren weitaus weniger rätselhafte Auswirkungen ausgehend von anderen psychologischen Anomalien auf normale Menschen (die in jedem Fall unangenehm und destruktiv sind) und vom skrupellosen Antrieb ihrer Träger, andere Menschen zu beherrschen und auszunutzen. Deshalb haben Gesellschaften -- beherrscht von unangenehmen Erfahrungen und Gefühlen, wie auch von natürlichem Egoismus -- gute Gründe, solche Menschen -- Armut und Kriminalität mit eingeschlossen -- abzulehnen und sie in unwichtige Positionen des sozialen Lebens zu verweisen.

Unglücklicherweise ist es fast die Norm, dass solch ein Verhalten in den Kategorien unserer natürlichen Weltsicht zu einer moralisierenden Rechtfertigung führt. Die meisten Mitglieder einer Gesellschaft fühlen sich berechtigt, ihre eigene Person und ihren Besitz zu schützen. Zu diesem Zweck nutzen sie das bestehende Rechtssystem. Da die rechtlichen Gesetze auf der natürlichen Wahrnehmung von Erscheinungen und auf emotionalen Motivationen beruhen, anstatt auf einem objektiven Verständnis der Probleme, dienen sie in keiner Weise dem Schutz der Ordnung und der Sicherheit, wie wir sie gerne hätten; Psychopathen und andere abweichende Charaktere nehmen diese Gesetze nur als einen Zwang wahr, der bekämpft werden muss.

Für Menschen mit verschiedenen psychologischen Abweichungen erscheint die von normalen Menschen beherrschte soziale Struktur und deren konzeptuelle Welt als 'System des Zwangs und der Unterdrückung'. Ein solcher Rückschluss ist bei Psychopathen die Regel. Wenn dann gleichzeitig in einer gegebenen Gesellschaft eine ganze Menge an Ungerechtigkeit besteht, können die pathologischen Gefühle von Ungerechtigkeit und suggestive Aussagen, die von abweichenden Charakteren ausgehen, bei denjenigen auf fruchtbaren Boden fallen, die tatsächlich unfair behandelt werden. Sodann können revolutionäre Doktrinen mit Leichtigkeit unter beiden Gruppen verbreitet werden, obwohl jede der beiden Gruppen völlig unterschiedliche Gründe für eine Befürwortung solcher Ideen haben.
Ein kürzlich erschienenes SOTT-Editorial diskutierte „Gelernte Hilflosigkeit“ als ein Phänomen, das von vielen normalen Menschen auf diesem Planeten erlebt wird, die sich damit abquälen, die globale Pathokratie, welche gegenwärtig ihre Kontrolle konsolidiert, zu überleben.

Der Zustand der erlernten Hilflosigkeit trifft ohne Zweifel auf viele der etablierten Forscher in den psychologischen Disziplinen zu. Das Wissen um die Psychopathie und Ponerologie ist es, was die „Käfigtür öffnet“, dennoch erscheint es so, dass die stark konditionierten etablierten Psychologen und Psychiater sich davor scheuen, „dorthin zu gehen“ - aus diesem Käfig herauszutreten und wahrhaftig zu sehen, wohin dieses Wissen sie führen könnte. Man findet endlose Versuche und Theorien, um die Quadratur des Zirkels zwischen Psychopathie und dem „humanistischen Dogma“, welches auf die uniforme Natur des Kerns eines jeden menschlich aussehenden Wesens beharrt, zu zeichnen. Manchmal kann dieses Wunschdenken eine egoistischere Attitüde verstärken - Lobaczewski verweist auf diese als „Egoismus der natürlichen Weltsicht“:
Des Weiteren treffen wir häufig auf sensible Menschen, die in Bezug auf psychologische, gesellschaftliche und moralische Aspekte eine gut entwickelte Weltsicht besitzen, die oft mittels literarischer Einflüsse, religiöser Bildung und philosophischer Betrachtungen verfeinert wurde. Solche Menschen haben eine ausgeprägte Tendenz, die Werte ihrer Weltsicht zu überschätzen und verhalten sich so, als ob sie eine objektive Basis besäßen, andere Menschen zu beurteilen. Sie ziehen dabei nicht die Tatsache in Betracht, dass solch ein System der Festlegung menschlicher Angelegenheiten ebenfalls irrig sein kann, da es nicht ausreichend objektiv ist. Wir wollen solch eine Haltung als `Egotismus der herkömmlichen Weltsicht` bezeichnen. Dies ist die bislang am wenigsten schädliche Art von Egotismus, der in diesem Fall nur eine Überschätzung dieser Methode des Verstehens ewiger Werte menschlicher Erfahrungen ist.

Heutzutage wird die Welt jedoch von einem Phänomen gefährdet, dass mittels solch einer herkömmlichen Konzeptsprache weder verstanden noch beschrieben werden kann; diese Art von Egotismus wird deshalb zu einem gefährlichen Faktor, der die Möglichkeiten objektiver Gegenmaßnahmen erstickt. Eine Entwicklung und Verbreitung der objektiven psychologischen Weltsicht könnte somit die Anwendungsbereiche des Umgangs mit dem Bösen bedeutend erweitern -- über sensible Handlungen und zielgenaue Gegenmaßnahmen.

Die objektive psychologische Sprache, basierend auf ausgereiften philosophischen Kriterien, muss die Anforderungen aus ihren theoretischen Grundlagen und die Bedürfnisse der individuellen und makrosozialen Praxis erfüllen. Sie sollte gänzlich auf Basis biologischer Realitäten bewerten und eine Ausweitung der analogen Konzeptsprache sein, die sich aus den älteren Naturwissenschaften, besonders der Medizin, entwickelte. Ihre Anwendungsmöglichkeiten sollten alle Fakten und Phänomene erkennbarer biologischer Faktoren abdecken, für die sich die herkömmliche Sprache als unzureichend herausgestellt hat. Innerhalb dieses Rahmens sollte sie ein ausreichendes Verständnis der Inhalte und verschiedenen Ursachen ermöglichen, die für die Entstehung der oben erwähnten abweichenden Weltsichten verantwortlich sind.

Eine solche konzeptionelle Sprache zu entwickeln, jenseits der Fähigkeit eines einzelnen Wissenschaftlers, ist eine schrittweise Sache; durch die Zusammenarbeit von vielen Wissenschaftlern entwickelt sie sich bis zu einem Punkt, an dem sie unter philosophischer Supervision mit Blick auf die obenerwähnten Grundlagen organisiert werden könnte. Eine solche Arbeit würde zur Entwicklung von allen biohumanistischen und sozialen Wissenschaften beitragen, indem sie diese von Limitierungen und fehlerhaften Tendenzen befreien würde, die von einem übertriebenen Einfluss der natürlichen Sprache der psychologischen Vorstellungskraft herrührt, vor allem in Verbindung mit einer exzessiven Komponente von Egoismus.
Hier bei Sott.net verfolgen wir diesen verheerenden globalen Trend schon viele Jahre, und unsere Forschung hat die Rolle, die Psychopathen und andere im Spektrum dieser Pathologie - wie zum Beispiel die Narzisstische Persönlichkeitsstörung - spielen, um diesen Trend aufrechtzuerhalten, klar herausgearbeitet. Ein vereinheitlichter Ansatz gegenüber dem Problem von pathologischen Individuen ist innerhalb der etablierten Psychologie dringend von Nöten. Lobaczewski hat uns den ersten Schritt vorgezeigt - die Formulierung einer objektiven psychologischen Sprache in Verbindung mit einem dimensionalen und kategorischen Modell der Psychopathie und ihrer verwandten Störungen. Sein Werk wurde in Zusammenarbeit mit vielen Forschern erarbeitet. Doch gegenwärtig gibt es sehr viele Forscher, welche die Psychiatrie dazu benutzen, um Kontrolle über Andere auszuüben, meist über normale Menschen, die aufgrund von äußerlichem Verhalten diagnostiziert werden, während der unheimlich irreführende Psychopath wegen seiner fast perfekten Maske der Normalität nicht erfasst wird.

Es ist nicht die Gruppenhilflosigkeit, die zu narzisstischer Wut führt, sondern es ist narzisstische Wut, welche zur Gruppenhilflosigkeit führt, wie Martha Stout weiter oben aufgezeigt hat. Und eine hilflose Gruppe kann zu jeglichem Bösen getrieben werden, sogar zur eigenen Vernichtung.

Und so wie es aussieht, ist es das, woraufhin wir steuern.