Soldaten & Panzer nähern sich Daraa
© REUTERSSoldaten und ein Panzer nähern sich Daraa. Das Bild stammt aus einem Amateurvideo vom 24. April.
In Syrien versucht Staatschef Baschar el Assad dem um sich greifenden Volksaufstand mit einer Gewaltoffensive Herr zu werden. Regierungstreue Kräfte stürmten in die Protest-Hochburgen und eröffneten das Feuer.

Hunderte von Sicherheitskräften mit Panzerwagen seien in der Nacht zum Montag in die Widerstandshochburg Daraa im Süden des Landes eingerückt und hätten geschossen, berichteten Einwohner und Menschenrechtsgruppen. In der Stadt nahmen die Proteste gegen Assad im vergangenen Monat ihren Ausgang. Ein Augenzeuge berichtete, er habe mindestens fünf Leichen gesehen, nachdem Soldaten auf ein Auto geschossen hätten.

Ein weiterer Augenzeuge berichtete, in Daraa seien Truppen mit Panzern eingerückt, danach sei Gewehrfeuer zu hören gewesen. Für die Angaben gibt es keine unabhängige Bestätigung. Die Zeugen wollten aus Furcht vor Repressalien ihre Namen nicht nennen. Ein Gesprächspartner im TV-Sender El Dschasira sprach ebenfalls von fünf Toten.

Vorort von Damaskus offenbar umzingelt

Syrische Sicherheitskräfte gingen auch in einem Vorort von Damaskus, in Duma, mit Waffengewalt gegen die Protestbewegung vor. Die Stadt sei umstellt worden, bevor das Feuer eröffnet worden sei, berichtete ein Bewohner. Nach Angaben eines Menschenrechtsaktivisten schossen Sicherheitskräfte auf unbewaffnete Zivilisten und nahmen Einwohner fest. Es handele sich um dasselbe Muster in allen Zentren des Aufstands. „Sie wollen die Revolution niederschlagen und gehen mit äußerster Brutalität vor“, sagte der Aktivist. Die Telekommunikationsverbindungen nach Duma seien inzwischen unterbrochen worden.

Auch Duma ist ein Brennpunkt der seit fünf Wochen anhaltenden Proteste gegen das Regime des syrischen Präsidenten. Mehr als 300 Menschen wurden bisher bei Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften getötet, allein 112 starben Berichten zufolge am vergangenen Freitag.

Schüsse auf Demonstranten, Damaskus
© REUTERSDas Foto zeigt den Angaben zufolge Demonstranten in Damaskus, auf die geschossen wird. Es stammt aus einem Amateurvideo vom 23. April.
In der Küstenstadt Dschabla wurden nach Angaben einer Menschenrechtsgruppe am Sonntag mindestens 13 Zivilisten von Regierungstruppen und Scharfschützen getötet. Zuvor hatte es auch dort Demonstrationen gegeben.

Protest-Erklärung von Schriftstellern und Journalisten

In Nawa, wo auf einem Begräbnis ebenfalls Tausende zum Sturz des Staatschefs aufgerufen hatten, richteten sich Einwohner auf einen Angriff ein. Manche bewaffneten sich und errichteten Straßensperren. Die Bewohner reagierten auf Berichte, nach denen Bulldozer und Militärfahrzeuge in Richtung der 25 Kilometer nördlich von Daraa gelegenen Stadt unterwegs sind. In Banias südlich von Dschabla drohten Protestanführer mit einer Unterbrechung der Küstenautobahn, sollte die Belagerung Dschablas nicht aufgehoben werden.

Der Aufstand gegen Assad scheint sich immer stärker auszuweiten. Am Montag veröffentlichten gut 100 syrische Schriftsteller und Journalisten eine gemeinsame Erklärung, in der das Vorgehen der Regierung scharf angeprangert wird. „Wir verurteilen die unterdrückerischen Akte der Gewalt des syrischen Regimes gegen die Protestierenden und betrauern die Märtyrer des Aufstands“, heißt es darin. Unterzeichnet haben auch Intellektuelle der alawitischen Minderheit, die in Syrien das Sagen hat. Vergangene Woche erklärten zwei Abgeordnete des Parlaments in Daraa und ein Geistlicher ihren Rücktritt aus Protest gegen die anhaltende Gewalt. Die Führung in Damaskus stellt die Demonstrationen als Angriff krimineller Banden auf die Sicherheitskräfte dar und rechtfertigt so ihr Durchgreifen.

Demos in Syrien lebensgefährlich
© REUTERSSyrien: Demonstrationen sind weiter lebensgefährlich.