Akute Gefahr: Rund um das Tote Meer klaffen immer mehr tiefe Löcher im Boden auf. Weil der See schrumpft, bilden sich verborgene Hohlräume im Untergrund, die plötzlich einstürzen. Rund 4.000 solcher Löcher gibt es inzwischen - und es werden täglich mehr, warnen Geologen und Umweltschützer. Eine Pipeline vom Roten Meer zum Toten Meer soll nun endlich den schrumpfenden Salzsee vor dem endgültigen Aus retten.
© Doron / CC-by-sa 3.0Ein Teil der Einsturzlöcher am Toten Meer ist wassergefüllt
Das Tote Meer ist eines der salzigsten Gewässer der Erde: Sein Salzgehalt liegt zehnmal so hoch wie im Mittelmeer, denn das aride Klima und die extreme Sonneneinstrahlung lassen das Wasser schnell verdunsten - und Nachschub fließt nur spärlich. Denn das Wasser des Jordans, seines Hauptzuflusses, wird immer stärker von den Flussanrainern verbraucht. Dadurch sinkt der Wasserspiegel des Toten Meeres heute um rund einen Meter pro Jahr - der Salzsee
trocknet aus.
Und das hat fatale Folgen: Rund um das Tote Meer klaffen immer mehr tiefe Löcher im Boden auf - fast täglich kommt eine neue Doline hinzu. Diese klaffenden Spalten und Trichter sind bis zu 25 Meter tief und können 49 Meter Durchmesser erreichen. Die ersten vereinzelten Löcher dieser Art entstanden in den 1980er Jahren, doch inzwischen haben sie sich rasant vermehrt. Mehr als 4.000 solcher Dolinen gibt es bereits, die meisten von ihnen am Westufer des Toten Meeres.
Durchlöcherter Untergrund"Das ist die Rache der Natur", sagte Gidon Bromberg, Leiter der Naturschutzorganisation EcoPeace Middle East kürzlich in den ABC News. Denn Schuld ist die mangelnde Wasserzufuhr zum Toten Meer. Im Untergrund um den Salzsee herum haben sich im Laufe der Zeit Salzablagerungen gebildet, die bisher von Sole umspült wurden.
© Neukoln / CC-by-sa 3.0Durchlöchert wie ein Schweizer Käse: Einsturzlöcher am Toten Meer aus der Luft gesehen.
Doch mit dem sinkenden Wasserspiegel im Toten Meer dringt nun an vielen Stellen salzarmes Grundwasser in den Boden ein. Dieses löst nach und nach das Salz auf und es bilden sich unterirdische Hohlräume. Stürzen diese Hohlräume ein, sackt scheinbar aus heiterem Himmel der Boden weg und ein klaffendes Loch öffnet sich. "Sie können jederzeit aufreißen, das macht sie unberechenbar und sehr gefährlich", meint Bromberg.
Verwerfungen erhöhen EinbruchsgefahrBesonders viele dieser "Sinkholes", wie sie im Englischen heißen, reißen entlang der geologischen Verwerfungen auf, die das Tal des Jordan und Toten Meeres der Länge nach durchziehen, wie der Geologe Eli Raz vom Dead Sea and Arava Research Center herausfand. Weil entlang dieser Verwerfungen die Landmassen auseinanderdriften, seien die Salzablagerungen im Untergrund hier besonders instabil und anfällig, erklärt er.
Schon jetzt musste die Hauptstraße zwischen Israel und Eilat am Roten Meer zeitweilig geschlossen werden, weil die Fahrbahn an einer Stelle um fünf Zentimeter abgesackt war. Überall am Ufer des Toten Meeres stehen inzwischen Warnschilder, die auf die Gefahr durch die Dolinen hinweisen und Wanderer davor warnen, dieses Gebiet zu betreten.
© Hoshana / CC-by-sa 3.0Ein tiefes Einsturzloch am Toten Meer
Pipeline vom Roten Meer soll helfenUm das weitere Schrumpfen des Toten Meeres zu verhindern, haben Jordanien und Israel im Februar 2015 ein Abkommen unterzeichnet, mit dem sie zunächst umgerechnet 230 Millionen für Rettungsmaßnahmen bereitstellten. Damit soll eine Kombination aus Kanälen und Pipelines gebaut werden, die das Tote Meer mit dem Roten Meer verbinden und ihm so den fehlenden Wassernachschub verpassen. Eine solche Zufuhr wurde bereits 2009 von Forschern
vorgeschlagen.Die 200-Kilometer lange Leitung soll pro Jahr 100 Millionen Kubikmeter Wasser in den schwindenden Salzsee pumpen. Zudem soll nördlich des Touristenorts Aqaba am Roten Meer eine neue
Entsalzungsanlage gebaut werden, deren salzreiches Abwasser dann ebenfalls in diese Pipeline eingespeist und zum Toten Meer geleitet wird. Ob und wann diese Projekte jedoch fertig gestellt werden und ob es für das sterbende Tote Meer rechtzeitig kommt, bleibt abzuwarten.
(Livescience/ Times of Israel /ABC News / EcoPeace, 08.04.2015 - NPO)
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