Homosexuelle Männer können von Blutspenden ausgeschlossen werden. Dies ist zulässig, wenn ein hohes Übertragungsrisiko für schwere Infektionskrankheiten wie HIV besteht und es keine anderen, weniger belastenden Alternativen gibt, urteilte am Mittwoch, 29. April 2015, der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg (Az.: C-528/13).
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Luxemburg - Im konkreten Fall hatte ein Arzt im April 2009 im französischen Metz die Blutspende eines schwulen Mannes verweigert. Der Arzt verwies auf die französischen Regelungen, nach der Männer, die mit anderen Männern sexuelle Beziehungen hatten, von der Blutspende ausgeschlossen sind. Vergleichbare Regelungen gibt es auch in Deutschland.

Das hier zuständige Verwaltungsgericht in Straßburg fragte beim EuGH nun an, ob die französischen Vorschriften gegen EU-Recht verstoßen. Danach führt es zu einem Ausschluss von der Blutspende, wenn das jeweilige „Sexualverhalten“ zu einem hohen Übertragungsrisiko etwa von Aids führt. Was damit gemeint ist, führt die Blutspende-Richtlinie aus 2004 nicht näher aus.

Die Luxemburger Richter urteilten nun, dass unter engen Voraussetzungen homosexuelle Männer von Blutspenden ausgeschlossen werden dürfen. Dies sei der Fall, wenn im jeweiligen Land ein hohes Übertragungsrisiko für schwere Infektionskrankheiten wie HIV besteht und keine „wirksamen Nachweistechniken oder weniger belastende Methoden“ zur Verfügung stehen.

Ob dies in Frankreich der Fall ist, muss das zuständige Verwaltungsgericht nun prüfen. Nach den Daten für die Jahre 2003 bis 2008 gingen fast alle HIV-Infektionen auf sexuelle Kontakte zurück. In der Hälfte der Fälle betrafen die Ansteckungen ausschließlich homosexuelle Männer. Diese wiesen eine 200-mal höhere Ansteckungs-Rate auf als die heterosexuelle Bevölkerung.

Ob diese Daten auch heute noch relevant sind, müsse das Verwaltungsgericht in Straßburg noch ermitteln. Doch selbst wenn weiterhin ein hohes Übertragungsrisiko besteht, bedeute dies nicht, dass automatisch alle schwulen Männer von Blutspenden ausgeschlossen werden dürfen, zumal diese sich auf das Verbot der Diskriminierung wegen der sexuellen Ausrichtung berufen können.

In das Diskriminierungsverbot dürfe nur eingegriffen werden, wenn dies „erforderlich“ ist, betonte der EuGH. Hier tragen die französischen Vorschriften zwar zu einer Verringerung des HIV-Übertragungsrisikos und damit zur Sicherstellung eines hohen Gesundheitsschutzniveaus bei. Es sei jedoch denkbar, dass die Regelungen gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen. Könne eine HIV-Infektion wirksam mit Tests nachgewiesen werden, könnten unter Umständen Blutspenden von homosexuellen Männern möglich sein.

Falls keine wirksamen Tests zur Verfügung stehen, müsse das Verwaltungsgericht prüfen, ob es nicht andere, weniger belastende Methoden als den Ausschluss von der Blutspende gibt. Möglicherweise könne auch anhand eines Fragebogens und der persönlichen Befragung riskantes Sexualverhalten genauer identifiziert werden.

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