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© Uriel Sinai/Getty ImagesPalästinensische Demonstranten liefern sich Auseinandersetzungen mit der israelischen Polizei am Kalandia-Grenzübergang bei Ramallah.

Am 63. Jahrestag der Entstehung Israels ist es an den Grenzen des Landes zu Ausschreitungen gekommen. Israelische Soldaten schossen auf Demonstranten.

Neue Eskalation in Nahost: Beim Sturm auf Israels Grenzen sind am sogenannten Nakba-Tag zahlreiche Palästinenser getötet oder verletzt worden. Die Palästinenser gedenken am Tag der Nakba (Katastrophe) der Flucht und Vertreibung Hunderttausender Araber aus dem historischen Palästina nach der israelischen Staatsgründung von 1948.

Erstmals seit Jahrzehnten durchbrachen am Sonntag Tausende palästinensische Zivilisten von Syrien aus die streng bewachte Grenze zu den von Israel kontrollierten Golanhöhen, wie die israelische Armee mitteilte. Dutzenden von ihnen gelang es sogar, bis in die nahe gelegene drusische Ortschaft Madschd al-Schams vorzudringen. Bei dem Sturm auf die Grenze wurden nach unterschiedlichen Angaben bis zu vier Menschen getötet. Mehrere Dutzend Palästinenser wurden nach Angaben der Armee bei den Auseinandersetzungen verletzt und in israelischen Krankenhäusern behandelt.

Auch im südlichen Libanon überrannten Palästinenser Absperrungen der libanesischen Armee und warfen Steine gegen israelische Soldaten. Die Israelis feuerten Tränengasgranaten und scharfe Munition auf die Demonstranten ab. Fünf von ihnen wurden getötet und 30 weitere verletzt, berichteten Augenzeugen am Sonntag. Die Organisatoren brachen daraufhin die Kundgebung ab.

Ähnliches spielte sich auch im Gazastreifen ab. Dort durchbrachen palästinensische Demonstranten Absperrungen der herrschenden Hamas und drangen bis zu dem israelischen Eres-Kontrollpunkt vor. Bei Konfrontationen mit israelischen Soldaten wurden nach Angaben von Sanitätern knapp 70 Menschen verletzt. Die meisten von ihnen hätten Schusswunden erlitten, hieß es. Etwa 15 seien von Granatsplittern getroffen worden.

Auch an einigen Militärsperren im Westjordanland und in Ost-Jerusalem kam es zu Krawallen. Am Kalandia-Grenzübergang bei Ramallah warfen palästinensische Demonstranten Steine auf Soldaten, diese setzten Tränengas gegen die Menge ein. An Ägyptens Grenze zum Gazastreifen blieb es am Sonntag hingegen ruhig. Die Behörden hatten bereits im Vorfeld Kundgebungen am Grenzübergang Rafah oder dessen Überquerung untersagt.

Die zentrale Nakba-Gedenkveranstaltung der Palästinenserbehörde von Präsident Mahmud Abbas begann am Mittag in Ramallah. Tausende Menschen marschierten von dem Präsidentenamt zum zentralen Manara-Platz. Teilnehmer der Kundgebung trugen palästinensische und schwarze Flaggen. "Es gibt keine Alternative zur Rückkehr in die Heimat", hieß es in Schriftzügen. Einige Demonstranten trugen einen großen hölzernen Schlüssel als Symbol für den Wunsch nach Rückkehr in die verlorenen Häuser.

Ismail Hanija, Führer der radikal-islamischen Hamas im Gazastreifen, drückte seine Hoffnung auf ein "Ende des zionistischen Projekts in Palästina" aus. Hanija bekräftigte während einer Ansprache, seine Organisation werde den Staat Israel weiterhin nicht anerkennen.

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sagte während der wöchentlichen Kabinettssitzung: "Ich bedaure, dass es unter den israelischen Arabern und unseren Nachbarn Radikale gibt, die den israelischen Unabhängigkeitstag in einen Tag der Kriegshetze und des Zorns verwandeln."

Israels Armee hatte das Westjordanland aus Furcht vor Anschlägen radikaler Palästinenser in der Nacht zum Sonntag abgeriegelt. Israel und die Palästinenserführung hatten bereits am Freitag die Sicherheitsvorkehrungen massiv verschärft, um Ausschreitungen zu verhindern. Bei Krawallen nach dem Freitagsgebet in Jerusalem hatte ein 16-jähriger Palästinenser eine Schussverletzung erlitten, an der er am Samstag im Krankenhaus starb. Am Sonntag waren landesweit etwa 10.000 Polizisten im Sondereinsatz. Über soziale Netzwerke hatten Palästinenser für den 15. Mai zu einem neuen Aufstand gegen Israel aufgerufen.