Der Downing-Street-Report
drogen
Ein von der Downing Street geheim gehaltener Bericht über Crack und Heroin bescheinigt dem von der Regierung geführten Krieg gegen Drogen das Scheitern. Aus dem Dokument geht hervor, dass Forscher herausgefunden haben, dass die Repression harter Drogen durch die Polizei kaum einen Effekt auf die Drogenproduktion hat, schließlich können festgenommene Kleindealer schnell ersetzt werden. Damit ist eine dauerhafte Versorgung der Märkte durch Festnahmen nicht gefährdet.

Es gibt dem Bericht zufolge auch keine Hinweise darauf, dass eine Bekämpfung des Drogenangebots eine positive Auswirkung auf die Beschaffungskriminalität hätte. Berichtet wird, dass eine Angebotsreduktion maximal die Preise steigen ließe mit der Folge, dass die Drogenkriminalität zunimmt, weil Drogenabhängige mehr für ihre Drogen zahlen müssen, infolgedessen mehr Geld beschaffen müssen und nebenher den Drogenbaronen natürlich höhere Profite winken.

Es ist erstaunlich, dass in jedem Land, welches eine starke Drogenprohibition durchgesetzt hat, gleichzeitig die Anzahl der Menschen, die illegale Drogen konsumieren, besonders hoch ist. Gleichzeitig wird von Gegnern argumentiert, es könne einen Drogenboom geben, was somit eindeutig widerlegt wäre, da es keine empirischen Stützen gibt, die die Aussage bekräftigen. Tatsächlich entstehen durch die Prohibition neue, gefährlichere Drogen. Krokodil wird aus Codein, Iod und rotem Phosphor hergestellt, außerdem ist der Herstellungsprozess so ähnlich wie der von Meth. Dabei wird Pseudoephedrin benutzt, weshalb das Endprodukt unrein und äußerst toxisch ist. Demgegenüber stehen die Legal Highs, deren Zusammensetzung variiert und niemand genau kennt. Das ist äußerst gefährlich und außerordentlich gesundheitsschädlich.


Kommentar: In den Niederlanden, wo Cannabis erlaubt ist, ist der Drogenkonsum weltweit am niedrigsten. Das wäre zumindest ein Beispiel, wo dies nicht der Fall ist.


Durch die Prohibition werden die Existenzen von Gelegenheitskonsumenten zerstört, zu denen Jugendliche gehören, die leicht an die Drogen herankommen, aber die rücksichtslosen Drogenbosse, für die die Szene ein lukratives Monopolgeschäft ist, erwischt niemand. Skrupellose Drogenbosse können sich durch die Prohibition ein Imperium aufbauen, Al Capone ist das beste Beispiel dafür. Der Konsument verliert seinen Arbeitsplatz, muss möglicherweise eine Geldstrafe zahlen und wird als Straftäter behandelt.

Des Weiteren versetzten die durch die Repressionen erzeugten hohen Gewinnspannen die Drogenszene in die Lage, Verluste durch Repressionen zu verkraften. Die Studie stellt fest, dass “trotz Interventionen an jedem Punkt der Versorgungskette der Konsum harter Drogen noch angestiegen ist, die Preise gefallen sind und die Drogen weiterhin die Konsumenten erreicht haben.”

Der Drogenmarkt sei dem Bericht nach gewaltig, flexibel und äußerst dynamisch. Die Bekämpfung von Verteilern wie Großdealern koste viele Ressourcen, aber einen Effekt soll es nicht haben. Trotz des schnellen Ersatzes festgenommener Dealer könnten in der Summe dem Drogenmarkt nur kleine Drogenmengen entzogen werden. Die Drogenproduktion in Entwicklungsländern zu stoppen, scheiterte immens, es erscheint düster wie peinlich. Dabei ist zu erwähnen, dass die Produktion illegaler Drogen in beispielsweise Afghanistan durch Armut sowie Mangel an Alternativen bedingt ist. Somit verlagert eine Bekämpfung die Produktion von einem Land ins nächste.


Ferner werden die Kosten der Kriminalität in Zusammenhang mit Crack und Heroin von den Forschern auf maximal 24 Milliarden Pfund geschätzt, in Deutschland sind es 3,8 Milliarden Euro. Es gibt auch mehr als 3 Millionen Menschen in Großbritannien, die jedes Jahr illegale Drogen konsumieren. 794 Heroin-Tote pro Jahr gibt es, was vergleichsweise wenig gegenüber den 6000 Toten durch Alkohol und 100.000 Toten durch Tabak ist. 674 Menschen würden wegen psychischen Problemen durch Cannabis behandelt werden, demgegenüber 3.480 bei Heroin.


Kommentar: Tabak selbst erzeugt keinen Lungenkrebs, sondern andere Giftstoffe - wie Autoabgase, Fabriken oder unnatürliche Inhaltsstoffe in den Zigaretten.

Der Report wurde auf den freedom of information-Act Freitagnacht veröffentlicht, allerdings bis Seite 53. Die Ergebnisse des vollständigen Berichtes enthalten laut The Guardian eine derart vernichtende Kritik an der Prohibition, dass es erst unwahrscheinlich war, ob er überhaupt veröffentlicht werden sollte. Dem anschließend doch veröffentlichten, vollständigen Bericht ist auch zu entnehmen, dass der internationale von den USA angeführte Drogenkrieg nichts weiter bewirkt, als die Drogenproduktion von einem Land ins nächste zu verlagern. Auf Seite 62 kommen die Forscher z. B. zu dem Schluss, dass „wirkungsvolle Bemühungen zur Vernichtung von Kokafeldern in Kolumbien dazu geführt haben, dass Getreidefelder in Peru und Bolivien zunehmend zu Kokafeldern umfunktioniert wurden.“

Außerdem kommen die 280.000 stark schädigenden Heroin- oder Crack-Abhängige regelmäßig mit Behandlungen oder der Justiz in Berührung, bleiben aber durch den Suchtdruck nur kurzzeitig in Drogenersatzprogrammen oder erkennen gar keinen Nutzen in deren Existenz. Der Staat muss effektiver mit den Drogenkonsumenten arbeiten, wenn sie mit staatlichen Stellen in Berührung kommen und Wege finden, dass sie weniger Schaden anrichten.

Jedenfalls ist der Markt für harte Drogen dramatisch gewachsen. Die Preise für Heroin sowie Kokain in Großbritannien haben sich trotz Beschlagnahmungen in den letzten zehn Jahren halbiert und die Preise nicht hoch genug, um Neulinge vom Einstieg abzuhalten. Nichtsdestoweniger sind sie hoch genug, um ein hohes Maß an Kriminalität und Schäden durch Abhängige zu erzeugen, die ihre Sucht finanzieren müssen.

Eine neue Drogenpolitik

Wir müssen dem Drogenkrieg ein Ende setzen. Einige Staaten gehen mit gutem Beispiel voran. Colorado wird in diesem Bezug oft als Vorbild stilisiert. Zum Jahreswechsel 2014 legalisierte der Staat Marihuana und dokumentierte die Auswirkungen, die die Auflösung des Verbots hatte:
Sechs Monate nach der Legalisierung gab es
  • 10 Prozent weniger Diebstähle
  • 60 Prozent weniger Morde
  • 5,6 Prozent weniger Gewaltverbrechen
  • 40 Prozent weniger Verfahrenskosten
  • 10.000 neue Arbeitsplätze in der Cannabis-Industrie
  • fast ein Rekordtief bezüglich der Anzahl an Autounfällen
Ich bin für eine komplette Auflösung der Drogenprohibition. Anstatt einer strikten Repression, bin ich für eine liberale Politik, die den Menschen ins Zentrum stellt. Wie ich bereits in meinem Text über die Legalisierung von Cannabis geschrieben habe, würde kein Konsument in einen illegalen Schwarzmarkt seine Substanzen kaufen wollen, wenn es einen staatlich geprüften Markt gibt, in dem hochreine chemische und pflanzliche Substanzen an die User gebracht werden. Wenn man beispielsweise Cannabis mit Blei streckt, wird das zu einer tödlichen Mischung. Bei Heroin und Kokain kriegt man nur etwa 10 Prozent reines Material, der Rest, von dem, was man bezahlt, ist gestreckt und genau das macht die beiden Drogen so gefährlich. Der Alternativ-Markt würde den Schwarzmarkt eindämmen und einen Krieg gegen Drogen überflüssig machen. (Übrigens: Es mag utopisch klingen, doch ich würde auch den Verkauf von Alkohol und Tabak in diesen spezialisierten Apotheken regeln. Schließlich sind beide Drogen sehr gefährlich, weshalb sollte man sie dann neben gesunde Lebensmittel im Supermarkt stellen?)


Kommentar: Bezüglich Tabak können Sie sich den oberen Kommentar noch einmal durchlesen.


Ähnlich wie beim Führerschein sollte man einen Drogenführerschein in einem Drogenkurs erhalten müssen - durch differenzierte Aufklärung über die Auswirkungen und Folgen vom Drogenkonsum, von Risiken und Nebenwirkungen, mit Prüfungen, die man absolvieren muss, um zu zeigen, dass man darüber Bescheid weiß. Absolute Freiheit würde es in diesem Modell auch nicht geben, da ich für eine Altersbeschränkung der Drogen bin, genauso wie bei Alkohol und Tabak, zumal Gegner der Legalisierung die Fürsorgepflicht des Staates ihren Bürgern gegenüber einwenden. Dealern dagegen ist egal, wie alt ihre Kunden sind und es ist schließlich bekannt, dass Drogen in der Entwicklungsphase von Jugendlichen erheblichen Schaden im Gehirn anrichten können. Eine Altersbeschränkung würde Jugendliche vor potentiellen Schäden schützen.

Und selbst in den staatlichen Drogenapotheken würde der Konsum wiederum etwas eingeschränkt werden: Ich wäre dafür, dass man nicht jeden Tag endlos viele Kokain-Lines ziehen darf, sondern beispielsweise eine Line pro zwei Wochen. Wenn es diese Einschränkung nicht gäbe, könnten einige User wirklich süchtig werden. Diese Einschränkungen müssten je nach Droge und User angepasst werden. Dafür ist ausführliches Wissen über das Suchtpotenzial einer Droge notwendig, genauso wie über das Suchtrisiko eines Konsumenten. Dies erfährt man durch psychologische Tests, die jenes messen. Neben dem Suchtrisiko ist auch die Vulnerabilität wichtig, da bei einem erhöhten Risiko für psychische Krankheiten der Konsum von Drogen den Durchbruch von beispielsweise einer latenten Schizophrenie ermöglichen kann. Das sollte man auch zu verhindern versuchen.


Kommentar: Gabor Maté - langjähriger Arzt für Drogenabhängige in Kanada - beschreibt in seinem Buch, In The Realm of Hungry Ghosts, dass Drogen selbst nicht abhängig machen, sondern Drogen einen Ersatz darstellen, um die emotionale Leere oder auch Schmerzen zu deckeln.


Falls es doch zu dem wohl unwahrscheinlichen Fall einer Abhängigkeit kommt, steht dem Konsumenten ein Therapeut oder gegebenenfalls eine Selbsthilfegruppe zur Hilfe, die ihm aus der Krise befreien. Wer Hilfe braucht, bekommt sie auch und wird nicht bloß als Junkie abgestempelt und von der Gesellschaft verachtet. Er bräuchte keine Wiedereingliederung in die Gesellschaft, weil er nie verstoßen werden würde. Dazu ist natürlich eine Veränderung der Mentalität der Gesellschaft notwendig, und bis diese sich ändert, vergeht einige Zeit, die sich auf der anderen Seite auf jeden Fall lohnt. Heute ist die gesellschaftliche Diskussion über Drogenkonsum nahezu unmöglich, weil es ein Tabu darstellt. Das erschwert den bewussten Konsum, weil Schüler und Studenten ihre Erfahrungen mit Lehrern oder Eltern kaum reflektieren können.


Kommentar: Diese Ignoranz und das Tabu von Drogen spiegelt sich auch innerhalb der Medizin und Wissenschaft wider.


In Deutschland werden 3,8 Milliarden Euro wegen der Prohibition von Cannabis verschwendet. 1,9 Milliarden Euro werden diesbezüglich in die Polizei investiert, 1,2 Milliarden Euro werden wegen Gerichtsverhandlungen aus dem Fenster geschmissen und 0,7 Milliarden Euro werden verbrannt, damit die Konsumenten ihre Gefängnisstrafe absitzen. Doch Drogen könnte man besteuern. Allein an Cannabis würde man 1,4 Milliarden Euro verdienen. Ließe man noch das Verbot auflösen, würde man allein wegen Cannabis 5,2 Milliarden Euro zur Verfügung stehen haben, um Banken zu retten, Drogenprävention zu betreiben, oder um sie in sinnvolle Sachen wie Bildung oder Umwelt zu investieren.

Einer der wichtigsten Punkte ist jedoch, dass es keine opferlosen Verbrechen mehr gäbe, dass Existenzen, Familien nicht zerstört werden wegen einer veralteten Drogenpolitik von reaktionären sowie konservativen Politikern. Das erspart der Welt eine Menge Leid.

Quellen, verwendetes Material und weiterführende Links:
Wikipedia: “War on Drugs
Wikipedia: “Anzahl stationärer Krankenhausbehandlungen in Deutschland aufgrund von Drogenproblemen” (6.1.2015)
Wikipedia: “Verhältnis von wirksamer zu tödlicher Dosis sowie Abhängigkeitspotenzial psychoaktiver Drogen” (26.11.2014)
Telepolis: “Eine Ideologie am Ende: Die globale Drogenprohibition” (26.06.2004)
The Observer: “Secret report says war on hard drugs has failed” (03.07.2005)
The Guardian: “Revealed: how drugs war failed” (05.07.2005)
The Guardian: “Der vollständige Downing-Street-Report im Original (englisch)” (105 Seiten (PDF)) (05.07.2005)
WikiNews: “Großbritannien: Geheimbericht erklärt Anti-Drogen-Krieg für gescheitert” (22.07.2005)
ZeitOnline: “Kiffer sind keine Kriminellen” (8.10.2014)
ZeitOnline: “Alle Drogen sind schädlich, aber nicht alle sind gleich schädlich” (22.4.2014)
ZeitOnline: Drogenpolitik
ZeitOnline: “Der Streit um die Drogen” (06/2014)
Hanfverband: Argumentation Drogenlegalisierung
Open Mind: “Warum man alle Drogen legalisieren sollte - 15 Argumente” (20.07.2014)
Open Mind: “Wirklich alle Drogen legalisieren? - Ja! - Gegenargumente gegen Gegenargumente” (23.11.2014)
Open Mind: “Wie ich alle Drogen legalisieren würde” (04.05.2014)
Teilzeitnerd: “Wieso der Drogenkrieg gescheitert ist! | Teilzeitnerd” (27.11.2014)
ZDF: “Zoff ums Kiffen - Hinkt Deutschland bei Legalisierung hinterher? | ZDFzoom” (12.05.2015)
Spiegel: Drogen
The Lancet: “Development of a rational scale to assess the harm of drugs of potential misuse” (24.3.2007)
The Lancet: “Drug harms in the UK: a multicriteria decision analysis” (Folgestudie) (01.10.2010)