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Warum Menschen einander helfen, selbst wenn sie daraus keinen persönlichen Nutzen ziehen, ist aus Sicht der Ökonomie und Spieltheorie bis heute nicht zufriedenstellend beantwortet. Eine neue Studie sagt nun: Um sich später nicht schuldig zu fühlen, tut man lieber Gutes. Auch Gehirnbilder sprechen den Forschern zufolge für diese These.

"Nutzlose" Kooperation

Stellen Sie sich vor, Sie sitzen im Kaffeehaus und ein anderer Gast bittet Sie, auf seinen Laptop aufzupassen, während er telefoniert. Welchen Nutzen er davon hat, ist klar, aber welchen haben Sie? Dennoch: In der Regel werden Sie auf das Gerät aufpassen, auch wenn Ihnen das eigentlich nichts bringt.

Der Mensch hat offenbar einen Hang zu "nutzlosem" kooperativen Verhalten, wie zahlreiche Studien belegen. Wechselseitige Unterstützung und gegenseitiges Vertrauen sind letztlich auch die Basis einer funktionierenden Gesellschaft.

Unangenehmes vermeiden?

Die Motive hinter diesem Verhalten, sind jedoch aus evolutionspsychologischer Sicht bis heute nicht gänzlich klar, Erklärungsversuche gibt es viele. Bisher ging man beispielsweise davon aus, dass wir uns einfach besser fühlen, wenn wir Gutes tun. Das heißt, wenn wir schon nichts Handfestes dafür bekommen, dann zumindest ein gutes Gefühl.

Von einem weniger angenehmen Beweggrund geht jedoch das Team rund um Luke J. Chang der University Arizona aus. Die Forscher vermuten, dass schon die Vorstellung, die Erwartungen eines anderen nicht zu erfüllen, bei uns eine Ahnung der bevorstehenden Schuldgefühle erzeugt. Um diesen unangenehmen Zustand zu vermeiden, verhalten wir uns lieber kooperativ. Dass Annahmen über die Erwartungen anderer das eigene Verhalten beeinflussen können, ist nachvollziehbar und wurde bereits in anderen Studien bestätigt.

Eigennutz oder Kooperation?

Untersucht haben die Wissenschaftler ihre These nun, indem sie die Probanden das sogenannte "Trust Game" spielen ließen und gleichzeitig deren Gehirnaktivität mittels Funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRI) beobachtet haben. Eingebettet haben sie das Ganze in ein behaviouristisches formales Modell, welches das Verhalten der Teilnehmer vorhersagt.

Beim Trust Game wird ähnlich wie beim bekannten Ultimatum Spiel das Sozialverhalten der Teilnehmer getestet. Bei dieser Variante erhält einer der beiden Spieler eine Summe Geld. Er kann diese bzw. einen Teil davon an einen zweiten Spieler weitergeben. Dieser Teil wird dann verdrei- oder vervierfacht. Anschließend hat der Empfänger die Möglichkeit, einen Teil davon wieder zurückzugeben. Im Idealfall haben beide etwas davon, nämlich mehr Geld als zu Beginn des Spiels. Handelt der Empfänger eigennützig und behält das Geld, geht der Geber leer aus.

Wie schon in anderen Untersuchungen handelten auch die Teilnehmer dieser Studie zum großen Teil kooperativ. Zusätzlich wurden die wechselseitigen Erwartungen erhoben. Dabei zeigte sich, dass sich die meisten entsprechend dieser verhalten hatten; das heißt, die Annahmen über den anderen hatten ihre Entscheidungsfindung geleitet. So erhielt etwa der Geber vom Empfänger genau jene Summe, von welcher dieser dachte, der Erstere würde sie von ihm erwarten, usw.

Dies stütze laut den Forschern ihre These, dass eine Ablehnung von zukünftigen Schuldgefühlen zu kooperativen Handeln führt.

Vermeidungstaktik

Der Blick ins Gehirn lieferte zusätzliche Belege. Denn vor der Entscheidung zur Kooperation, stellten die Forscher eine erhöhte Aktivität in einigen Gehirnregionen fest, die mit einer Reihe negativer Gefühle in Zusammenhang gebracht werden: unter anderem Ekel, Zorn, soziale Ablehnung und eben Schuld. Teilnehmer, die sich entschlossen hatten, nicht zu kooperieren, zeigten hingegen eine höhere Aktivität in den Belohnungszentren des Gehirns.

Die Studie liefert den Forschern zufolge eine Erklärung dafür, warum wir auch ganz ohne Belohnung über das Eigentum anderer wachen: "Neurologische Signale erinnern uns daran, dass wir die Erwartungen anderer enttäuschen könnten, was bei uns wiederum Schuldgefühle auslösen könnte. Um das zu vermeiden, verhalten wir uns lieber kooperativ", so der Koautor Alan Sanfey.