Die AKW-Industrie wehrt sich gegen Angela Merkels Energiewende. Der Lobbyverband Atomforum rechnet mit Klagen der Konzerne. Bei E.on sind Pläne dafür offenbar schon weit fortgeschritten.

E.on-Kraftwerke Isar 1 und 2
© dpaE.on-Kraftwerke Isar 1 und 2: Mehrheit der Deutschen will Turbo-Ausstieg.
Hamburg/Berlin - RWE hält sich noch bedeckt. Ob der Energieriese gegen die ungeliebte Brennelementesteuer klagen will, lässt der Konzern bislang offen. Anders dagegen Branchenprimus E.on: Nach Informationen des "Handelsblatts" aus Unternehmenskreisen bereitet der Konzern bereits eine Klage vor.

Andere dürften folgen, sagt Ralf Güldner, Präsident des Lobbyverbands Deutsches Atomforum. Er rechne in Kürze mit ersten Klagen der Stromwirtschaft gegen die Steuer, die auch nach dem beschlossenen Ausstieg aus der Kernenergie erhoben werden soll. "Das wird sich in den nächsten Tagen und Wochen ergeben", sagte Güldner am Dienstag im Deutschlandfunk.

Die Steuer wird fällig, wenn die Brennelemente in ein Atomkraftwerk eingebracht werden. In der Nacht zu Montag hatte Schwarz-Gelb endgültig das Ende der Kernenergie besiegelt. Das letzte Kraftwerk soll 2021, spätestens aber 2022 vom Netz gehen.

Die Energiekonzerne hatten gehofft, die Regierung würde im Zuge einer Rücknahme der Laufzeitverlängerung auf die Steuer verzichten. Diese sollte dem Staat ursprünglich bis 2016 rund 2,3 Milliarden Euro pro Jahr einbringen, bei dem geplanten Aus für acht Meiler verringern sich die Einnahmen auf jährlich 1,3 Milliarden Euro. Auf die Einnahmen will der Staat aber nicht verzichten.

Güldner kritisierte nun, die Stromwirtschaft werde durch den beschlossenen Ausstieg aus der Atomenergie und durch die Beibehaltung der Steuer doppelt belastet. Damit habe die Branche nicht gerechnet, und das führe im europäischen Strommarkt zu Wettbewerbsnachteilen.

Und dagegen wollen die Unternehmen offenbar juristisch vorgehen. "Es gibt gute Gründe für eine Klage, aber eine Entscheidung ist noch nicht getroffen", sagte ein E.on-Sprecher dem "Handelsblatt". Konzernchef Johannes Teyssen hatte bereits Anfang des Monats verkündet, bis Ende Mai zu entscheiden, ob das Unternehmen gegen die Steuer klagt, weil sie dann zum ersten Mal anfiele. Wer die Brücke nicht mehr wolle, der könne auch keine Maut dafür verlangen, sagte er und meinte damit die Atomkraft als Brücke in ein neues Energiezeitalter. Er hatte jedoch gehofft, dass die Regierung in der Debatte um die Steuer von sich aus einlenken würde.

Jeder zweite Deutsche für Turbo-Ausstieg

Anders als die Konzerne begrüßt die Mehrheit der Deutschen den Ausstieg aus der Atomkraft - möglichst sogar schneller als geplant. 56 Prozent sind dafür, die Kraftwerke sofort oder spätestens in fünf Jahren abzuschalten, geht aus einer "Stern"-Umfrage hervor. 12 Prozent sind demnach für einen sofortigen Ausstieg. 44 Prozent wollen, dass das letzte Atomkraftwerk spätestens in fünf Jahren vom Netz geht.

Damit ist der Anteil der Befürworter eines raschen Ausstiegs in den vergangenen beiden Monaten allerdings leicht gesunken: Mitte März, direkt nach der Atomkatastrophe von Fukushima, waren noch 63 Prozent für einen sofortigen Ausstieg (11 Prozent) oder spätestens in fünf Jahren (52 Prozent).

Aktuell will laut der Umfrage ein Viertel der rund 1000 Befragten (25 Prozent), dass die Atomkraftwerke noch bis zu 22 Jahre laufen. 16 Prozent halten sie dauerhaft für unverzichtbar. Mitte März waren 20 Prozent für einen Ausstieg in 22 Jahren, 17 Prozent hielten sie für dauerhaft unverzichtbar.