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© Nasa/JPL/UCSD/JSCForscher glauben, in der Atmosphäre Veränderungen messen zu können, die ein Erdbeben anzeigen
Weltweit suchen Forscher nach Möglichkeiten, starke Beben vorherzusagen. Laut einer neuen Studie liegt der Schlüssel für ein Frühwarnsystem in der oberen Erdatmosphäre.

Das verheerende Erdbeben, das am 11. März dieses Jahres die Region Tohoku auf der japanischen Haupinsel Honshu zerstörte und auch die Nuklearkatastrophe von Fukushima auslöste, ging mit elektrischen Anomalien und einer ungewöhnlichen Emission von Infrarotstrahlung in der oberen Erdatmosphäre einher. Dies zeigen Messungen einer Arbeitsgruppe um den Geophysiker Dimitar Usunow von der Chapman University im kalifornischen Ort Orange. Die Forscher werten dies als weiteren Hinweis auf eine Verbindung zwischen seismischen Prozessen in der Erde und Veränderungen in den obersten Schichten der irdischen Lufthülle. Nun hoffen sie, diese Beobachtung für die Entwicklung eines Erdbeben-Frühwarnsystems nutzen zu können.

Weltweit suchen viele Wissenschaftler in den Erdbebenzonen der Welt nach Effekten, die es ermöglichen, starke Erdbeben vorherzusagen. Dabei messen sie auch Parameter wie die Infrarotemissionen und den Gesamt-Elektronengehalt in der Ionosphäre. Diese Luftschicht erstreckt sich zwischen 80 und 1000 Kilometer Höhe über der Erde und enthält viele freie Elektronen sowie Ionen - also Atome, denen eines oder mehrere Elektronen in den Hüllen fehlen und die deshalb elektrisch geladen sind. Als Folge entsteht ein elektrisch leitfähiger Bereich in der Atmosphäre. Zwar verändern sich beide Parameter auch durch nicht-seismische Phänomene. So variiert die Infrarotstrahlung - sie gibt Auskunft über die Wärmebilanz der Erdoberfläche - mit der Wolkenbedeckung, wogegen der Elektronengehalt beispielsweise bei zunehmender Sonnenaktivität ansteigt.

Anomalie drei Tage vor der Katastrophe

Manche Forscher behaupten jedoch, die mit den Erdbeben verbundenen Veränderungen trotz dieser natürlichen Variabilität erkennen zu können. Entsprechende Berichte gab es bei den verheerenden Katastrophen von 2008 in der chinesischen Provinz Sechuan sowie 2010 auf Haiti. Auch Usunow und seine Kollegen wollen nun vor dem japanischen Beben, das auf der Richter-Skala die Stärke 9,0 erreichte, solche typischen Veränderungen entdeckt haben. Dazu analysierten sie Satellitenmessungen der aus der betroffenen Region ausgesandten Infrarotstrahlung und ermittelten den Elektronengehalt der Ionosphäre anhand leichter Schwankungen in den Signalen von Satelliten des Global Positioning Systems (GPS). Zusätzlich ermittelten sie anhand von Daten von Satelliten in einer niedrigen Umlaufbahn die Schichtdicke der Ionosphäre, und Messungen erdgebundener Stationen - sogenannter Ionosonden - in Japan zeigten die Elektronendichte in der oberen Ionosphäre an. Die kalifornischen Forscher verglichen die Infrarotdaten mit den jeweiligen Messungen des Monats März in den Jahren 2004 bis 2011, die restlichen Messwerte untersuchten sie nur für den Zeitraum vor und nach dem Tohoku-Beben.

Nach Angaben von Usunow gab es bereits am 8. März, also drei Tage vor der Katastrophe, Anzeichen für eine Infrarot-Anomalie. Am Tag des Bebens habe der Ort, von dem die meiste Wärmestrahlung ausging, genau über dem Epizentrum der Erdstöße gelegen. Auch die Elektronendichte habe am 8. März ein Maximum erreicht, wobei die Werte über dem Epizentrum ungewöhnlich heftig schwankten. Die Ionensonden schließlich maßen im Zeitraum vom 3. Bis 11. März einen „starken Anstieg“ in der Ionendichte.