Die Bundesanstalt für Geowissenschaften gibt beim umstrittenen "Fracking" Entwarnung: Die Gasförderung sei für das Grundwasser ungefährlich. Auch die Erdbebengefahr habe man bislang überschätzt.

fracking
© dpaFracking in Pennsylvania: In den USA wird mit der umstrittenen Methode bereits viel Gas gefördert
Die Öl- und Gasförderung mithilfe der sogenannten Fracking-Technologie ist offenbar weit weniger gefährlich als bislang angenommen. "Trinkwasserschutz und Fracking sind vereinbar", ist das Fazit der neuen, 180 Seiten langen Studie derBundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR).

Die BGR in Hannover ist das zentrale geowissenschaftliche Kompetenzzentrum der Bundesregierung. Zwischen ihr und anderen Behörden, beispielsweise dem Umweltbundesamt, gab es aber in der Vergangenheit auch durchaus Streit über die Vor- und Nachteile des Fracking. Nun hat die Anstalt in ihrer Studie auch die Vorkommen an Schiefergas neu bestimmt, die mithilfe des "hydraulic fracturing" gefördert werden könnten: Sie betragen in Deutschland zwischen 320 und 2030 Milliarden Kubikmeter.

Damit übersteigt das Förderpotenzial des unkonventionellen Erdgases deutlich die bisher genutzten konventionellen Erdgasreserven von rund 90 Milliarden Kubikmeter. Das inländische Erdgas trägt bislang rund zehn Prozent zur Deckung des deutschen Bedarfs bei.

Fracking-Gesetz liegt im Bundestag auf Eis

Beim "hydraulic fracturing" wird tief liegendes Schiefergestein mit Wasserdruck aufgebrochen. Durch die entstehenden Risse fließt Gas und Öl zusammen und kann an die Oberfläche geleitet werden. Diese als "Fracking" bekannte Technologie hat in den USA zu einem Förderboom geführt, der die Vereinigten Staaten erstmals fast unabhängig von Gasimporten gemacht hat. Die so verstärkte Öl- und Gasschwemme auf dem Weltmarkt hat auch zum tiefen Fall der Erdöl- und Gasnotierungen beigetragen.

In Deutschland ließ sich die Förderung von Schiefergas und Schieferöl bislang nicht durchsetzen. Umweltschützer, Grünen-Politiker, aber auch Wasserversorger machten geltend, dass Fracking das Grund- und Trinkwasser gefährden könne. Für Kritik sorgte vor allem die Praxis, dass der Frackingflüssigkeit in geringem Umfang chemische Stoffe, etwa Antioxidationsmittel, beigegeben werden.

Fracking erhöhe zudem die Erdbebengefahr, hieß es außerdem. Die Bundesregierung hatte sich deshalb auf einen Gesetzentwurf geeinigt, der nur in sehr begrenztem Umfang Testbohrungen zulässt. Wasserschutzgebiete aller Art sind für Gasbohrungen danach tabu. Noch hat der Bundestag jedoch nicht darüber abgestimmt.

Gasförderunternehmen hatten auf die Kritik bereits reagiert und den Anteil giftiger Substanzen in der Fracking-Flüssigkeit stark reduziert. Die Bundesanstalt für Geowissenschaften gibt nun Entwarnung. "Injizierte Fracking-Fluide steigen aus dem tieferen Untergrund nicht in das Grundwasser auf, aus dem unser Trinkwasser gewonnen wird", lautet ein Studienergebnis. "Auch die künstlich durch Fracking erzeugten Risse im Gestein erreichen nach den Untersuchungen nicht die zur Trinkwassernutzung geeigneten Grundwasserschichten."

Fazit der BGR-Experten: "Gefahren für das Grundwasser bestehen bei der Auswahl geeigneter Standorte im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben sowie der Einhaltung des Standes der Technik nicht."

Beim Erdgas droht vollständige Importabhängigkeit

"Videosequenzen wie die vom brennenden Wasserhahn, vorgeblich durch Fracking im Untergrund verursacht, oder Satellitenbilder von einer durch Bohrplätze und Zufahrtstraßen zerstückelten Landschaft haben dazu beigetragen, dass große Teile der Bevölkerung besorgt sind und die Technologie ablehnen", erklärt BGR-Präsident Hans-Joachim Kümpel: "Beides hat mit Fracking zur Förderung von Schiefergas, wie es für Deutschland diskutiert wird, wenig zu tun."

Den Befürchtungen stehe auch "die Einschätzung der großen Mehrheit der Geowissenschaftler und aller staatlichen geologischen Fachbehörden entgegen, die darauf hinweisen, dass die Risiken der Technologie für Mensch und Umwelt überschätzt werden".
Ohne die Erschließung von neuen Lagerstätten mittels Fracking würden unsere Erdgasreserven in absehbarer Zeit aufgebraucht sein

Hans-Joachim Kümpel
Präsident der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe
Allerdings gibt es laut BGR-Studie immer noch Umweltrisiken, wenn das aus der Tiefe geholte Lagerstättenwasser, das oft mit natürlichen Schwermetallen verunreinigt ist, nicht sachgemäß entsorgt wird.

Eine Erdbebengefahr schließen die BGR-Experten allerdings aus. Selbst bei Injektionen in einer relativ geringen Tiefe von 1700 Metern bleibe die maximale Magnitude der Erdbewegung "deutlich unterhalb der Spürbarkeitsgrenze", heißt es in dem Bericht.

"Erdgas - und dazu zählt auch Schiefergas - ist weiterhin nach Erdöl der wichtigste Energieträger in Deutschland", erklärte BGR-Präsident Kümpel: "Beide zusammen decken derzeit über 50 Prozent des Primärenergiebedarfs. Diese Dominanz wird auch unter den Zeichen der Energiewende noch viele Jahre fortbestehen."

In Deutschland trägt die heimische Förderung laut BGR derzeit nur noch mit etwa zehn Prozent zum Erdgasbedarf und nur zu zwei Prozent zum Erdölbedarf bei — Tendenz weiter sinkend. "Ohne die Erschließung von neuen Lagerstätten mittels Fracking würden unsere Erdgasreserven in absehbarer Zeit aufgebraucht sein", warnte Kümpel: "Deutschland wäre dann komplett abhängig von ausländischen Erdgaslieferungen, wie schon nahezu beim Erdöl und ab 2019 bei der Steinkohle."