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© © Nasa/Esa/Goddard Space Flight CenterWeltraumsonden liefern Aufnahmen der Sonne im UV-Bereich – darauf leuchten Sonnenflecken gleißend hell. Diese Aufnahme von 2003 zeigt noch deutliche Aktivität.

Wenn Markus Roth derzeit die Flecken auf der Sonnenoberfläche zählt, ist er rasch fertig. »Da ist momentan deutlich weniger los, als wir erwarten«, sagt der Experte vom Kiepenheuer-Institut für Sonnenphysik in Freiburg. Genau das beunruhigt manche Sonnenforscher. Schon spekulieren einige über einen längeren Einbruch der solaren Aktivität und eine bevorstehende Kälteperiode.

Denn eigentlich wäre die Sonne in ihrem üblichen, elf Jahre währenden Fleckenzyklus auf dem Weg zu einem Maximum, das spätestens im Frühjahr 2013 erreicht sein sollte. Jeweils im Maximum ist ihre Oberfläche dicht übersät mit den dunklen Flecken. Sie signalisieren heftige Aktivität im Zentralgestirn und entsprechend starke Energieabstrahlung. Die Flecken entstehen dort, wo das solare Magnetfeld gestört wird, wo also im Sonneninneren besonders viel Unruhe herrscht. Sie sind oft größer als der Erddurchmesser und lösen sich meist nach wenigen Tagen wieder auf. Da die Stellen mit 4.000 Grad Celsius kühler sind als ihre Umgebung, die bei rund 5.500 Grad mehr sichtbares Licht abstrahlt, wirken sie etwas dunkler. Im energiereichen Ultraviolettbereich leuchten die Sonnenflecken hingegen gleißend hell.

Doch seit einiger Zeit sind sie ungewöhnlich rar. So dauerte bereits ihr Minimum, mit dem jeder neue Zyklus beginnt, untypisch lang. »Eigentlich hatten wir das Minimum auf 2006/2007 berechnet«, sagt Roth. Danach hätte die Fleckenzahl langsam steigen müssen - »doch es tat sich kaum etwas«. Selbst als die amerikanische Behörde für Ozeane und die Atmosphäre (NOAA) im Januar 2008 offiziell den Beginn des neuen Sonnenfleckenzyklus mit der Nummer 24 verkündete, hielten das einige Wissenschaftler noch für verfrüht.

Zwar sind inzwischen wieder mehr dunkle Stellen zu sehen, doch auch dieser Anstieg verläuft ungewöhnlich langsam. »Das plätschert eher vor sich hin«, konstatiert Roth, und sei nicht vergleichbar mit den starken, intensiven Zyklen in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts. »Das Erstaunliche ist nicht nur das wohl schwache Maximum, sondern dass die Sonne irgendwie auch aus dem Tritt zu kommen scheint.«

Die raren Flecken sind nicht der einzige Indikator dafür, dass die Sonne gerade auf Sparflamme schaltet. Seit etwa 16 Jahren können die Forscher dank neuer Technik die Strömungen im Sonneninneren beobachten. »Die haben sich jetzt im Vergleich zum vorangegangen Zyklus deutlich verlangsamt«, sagt Roth. Auch die Magnetfelder der vorhandenen Sonnenflecken seien viel schwächer als üblich.

Diese Fakten sind unumstritten. Deshalb sorgen sich Forscher, es könne eine globale Abkühlung durch ein neues »Maunder-Minimum« bevorstehen. Ein solches trat in den Jahren 1645 bis 1715 auf, damals waren fast keine Sonnenflecken zu sehen. Das Maunder-Minimum bescherte vor allem Europa lange Winter und kühle Sommer. Bremst die Sonne den Klimawandel? »So weit würde ich nicht gehen«, sagt Carolin Liefke, Astrophysikerin am Max-Planck-Institut für Astrophysik in Heidelberg. »Wir haben zwar ein ganz gutes Bild von der Sonne und ihren Prozessen, aber eine Entwicklung für mehrere Jahre vorherzusagen ist nach wie vor sehr schwierig.« Ähnlich sieht es Roth. Keiner könne sagen, ob das solare Schwächeln »zwei, elf oder hundert Jahre dauern wird«. Noch können wir gelassen warten. Die zu erwartende Abkühlung kann den prognostizierten Treibhauseffekt ohnehin nicht kompensieren.