Rotschimmelreis oder Red Rice wird vorzugsweise übers Internet als Nahrungsergänzung verkauft - und wirkt so stark wie ein Arzneimittel. Experten warnen ausdrücklich: Das Mittel kann schaden.
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Red Rice wird im Internet als Nahrungsergänzungsmittel verkauft. Die Kapseln mit einem Ferment aus Reis sollen beim Senken des Cholesterinspiegels helfen und den Fettstoffwechsel stabilisieren - oft versehen mit den blumigsten Versprechen. In seiner Heimat in Asien wird der Rotschimmelreis zum Färben und Konservieren von Lebensmitteln benutzt.

Der wichtigste Inhaltsstoff in Red-Rice-Produkten ist Monakolin K - und der ist chemisch identisch mit dem Wirkstoff Lovastatin. Dieser Wirkstoff ist keine harmlose Substanz: Arzneimittel mit Lovastatin müssen zugelassen werden, zudem sind sie verschreibungspflichtig. Das heißt: Ohne Rezept vom Arzt ist Lovastatin zumindest in Deutschland nicht zu bekommen.

"Zubereitungen mit rotem Reis können die gleiche Wirkung entfalten wie Arzneimittel mit Lovastatin", warnt das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM). In Studien mit verschiedenen Red-Rice-Produkten zeigte sich schon bei Dosierungen ab fünf Milligramm pro Tag eine nennenswerte pharmakologische Wirkung. Bei Red-Rice-Kapseln aus Online-Apotheken sind Produkte mit der 66-fachen Dosis nicht ungewöhnlich.

Schäden an Muskeln und Leber möglich

Das Monakolin K kann allerlei unerwünschte Wirkungen hervorrufen: So wurden Schädigungen der Skelettmuskulatur und der Leber beobachtet.

Werden Arzneimittel zur Cholesterinsenkung gleichzeitig mit Red-Rice-Nahrungsergänzungsmitteln eingenommen, potenziert sich die Wirkung. "Es kann zu Nebenwirkungen wie Muskelschädigungen kommen", erklärt das BfArM. Deshalb hatten die Experten bereits 2002 vor dem Verzehr von Red-Rice-Produkten als Nahrungsergänzungsmittel gewarnt.

Jetzt bestätigt eine aktuelle Stellungnahmedie Sicht: Eine Gemeinsame Expertenkommission vom Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) und vom BfArM kümmert sich darum, wie Stoffe einzustufen sind, die als Lebensmittel oder Lebensmittelzutat in den Verkehr gebracht werden. In der Kommission arbeiten auch Wissenschaftler mit, die keiner der Behörden angehören.

Red-Rice-Produkte so stark wie Arzneimittel

Sie kamen jüngst zu dem Ergebnis, dass Red-Rice-Produkte ab einer Tagesdosis von fünf Milligramm Monakolin K wegen der nennenswerten pharmakologischen Wirkung als zulassungspflichtige Arzneimittel einzustufen sind. "Diese Produkte dürfen in Deutschland nicht als Nahrungsergänzungsmittel vertrieben werden", meinen sie.

Ihre Begründung: Eine pharmakologische Wirkung ist nach den gesetzlichen Regelungen ausschließlich Arzneimitteln vorbehalten. Zulassungspflichtige Arzneimittel dürfen nur in Verkehr gebracht werden, wenn in einem behördlichen Zulassungsverfahren Wirksamkeit, Unbedenklichkeit und Qualität belegt worden sind."

Rotschimmelreis entsteht bei der Fermentation von "normalem" Reis mit bestimmten Stämmen vom Schimmelpilz. Bei der Fermentation entstehen unter anderem rote Farbstoffe und eben Inhaltsstoffe wie Monakoline, die pharmakologisch und toxikologisch wirkend können. Mit rotem Reis werden in Asien auch Beschwerden des Magen-Darm-Trakts und des Herz-Kreislauf-Systems behandelt.

Ein wenig kompliziert wird es allerdings rechtlich: In der EU-Verordnung 432/2012 steht geschrieben, dass Nahrungsergänzungsmittel mit Rotschimmelreis mit gesundheitsbezogenenen Angaben beworben werden dürfen. Aber: Diese Verordnung greift nur, wenn das Produkt im betreffenden EU-Mitgliedsstaat als Lebensmittel eingestuft ist - und das ist es in Deutschland nicht. Und so bleiben die Experten dabei: Red-Rice-Kapseln dürfen ihrer Meinung nach in Deutschland nicht verkauft werden.

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