Schmetterlingen fehlt zunehmend die Lebensgrundlage, ihre Zahl nimmt schnell ab. In Hochfranken ist die Lage besonders dramatisch.

Ist der Eindruck richtig, dass man immer weniger Schmetterlinge sieht?

Das ist sogar sehr richtig. Der hauptsächliche Grund ist, dass die Blumenwiesen von einst verschwunden sind. Ich schätze, dass es seit den Fünfzigerjahren etwa 80 Prozent weniger Schmetterlinge gibt. Die allermeisten Schmetterlinge brauchen den Nektar der Blüten, um Eier entwickeln zu können. Deshalb gibt es in der Stadt inzwischen mehr Falter als auf dem Land. Hier bei uns ist das Artensterben übrigens besonders schlimm.

Warum ist das so?

Magerrasen auf Silikatuntergrund, wie sie hier vorkommen, gehören zu den gefährdetsten Lebensräumen, weil man sie mit Gülle und anderem Dünger ertragreicher machen kann. Dabei verschwinden viele Blütenpflanzen, die mageren Boden brauchen, und damit auch die Schmetterlinge. Wiesen sind heute keine Wiesen mehr, sondern Grasflächen, die bis zu fünfmal im Jahr gemäht und mit Gülle gedüngt werden.

Ist das nur ein deutsches Problem?

Ein mitteleuropäisches, das sich im Zuge der EU nach Osten ausbreitet. Überall, wo die Landwirtschaft intensiviert wird, haben wir ein rasantes Artensterben. Das betrifft nicht nur die Schmetterlinge. Es verschwinden auch andere Insekten, die wiederum den Vögeln fehlen, die von einem Gelege mit vielleicht fünf Eiern nur noch ein Junges großziehen können, weil die Nahrung fehlt. Bei den Schmetterlingen ist es nur augenscheinlicher als beispielsweise bei den Haut- und Netzflüglern.

Was kann man dagegen tun?

Jeder einzelne Gartenbesitzer kann etwas bewirken, wenn er statt eines Rasens eine Blumenwiese stehen lässt und nektarreiche Pflanzen hegt, etwa Malvenarten, Glockenblumen, verschiedene Nelken, Königskerzen oder Ziertabak, der viele Nachtfalter anzieht.

Sind Schmetterlinge ortstreu oder wandern sie umher?

Das ist unterschiedlich. Die meisten Schmetterlinge sind an eine bestimmte Futterpflanze gebunden, an denen die Raupen leben. Diese Pflanzen wuchsen früher auf den Wiesen, etwa Malven, Glockenblumen, Wilde Möhre oder Kuckuckslichtnelken. Auf den wenigen Blumenwiesen im Frankenwald oder im Fichtelgebirge sieht man viele Schmetterlinge. Sie kommen oft von weither. Manche fliegen bis zu 20 Kilometer, um Nahrung zu finden. Dann gibt es noch die Wanderfalter, die jedes Jahr aus dem Süden zu uns kommen. Im vergangenen Jahr hat man den Distelfalter häufig gesehen. Oder man findet andere südliche Arten, wie den Postillon oder den Admiral. Sie meisten sterben im Winter, weil sie den Frost nicht vertragen.

Welche Schmetterlinge kommen bei uns am häufigsten vor?

Arten, die an Brennnesseln leben, wie der Kleine Fuchs und das Tagpfauenauge, aber auch der Zitronenfalter und der Rapsweißling.

Wie viele Arten leben hier?

Schätzungsweise 50 Tagfalter, wobei da auch schon seltene Arten dabei sind, die ab und an aus Unterfranken zuwandern. Dazu kommen nochmals etwa 300 Nachtfalter. Diese entziehen sich dem menschlichen Auge, weil sie nachtaktiv sind.

Wie ist das im Vergleich zu beispielsweise den Fünfzigerjahren?

Wenn man in den alten Aufzeichnungen liest, sieht man, dass viele Arten ganz verschwunden sind, etwa die meisten Augenfalter, fast alle Scheckenfalter, viele Dickkopffalter und viele Bläulinge. Der Schwund ist rasant.

In Hof sind zahlreiche Veröffentlichungen über Schmetterlinge erschienen. Was ist der Grund?

Unser Gebiet war einmal ein Schwerpunkt der bayerischen Schmetterlingsforschung. Ich denke da an den Apotheker Walter Rottländer, an Hermann Pfister, Ulrich Roth, den vor zwei Jahren verstorbenen Herbert Pröse, der im Internet als "Papst der Kleinschmetterlingsforschung" bezeichnet wird, an Emil Fischer aus Selb, an Professor Heinrich Vollrath, der im Fichtelgebirge gearbeitet hat, oder Arno Bergmann aus Thüringen, der grenzüberschreitend die Großschmetterlinge Mitteldeutschlands erfasst hat.