Der französische Außenminister Jean-Marc Ayrault hat die internationale Gemeinschaft auf die Unterstützung der neuen Einheitsregierung eingeschworen und sich wenig verklausuliert für eine Militärintervention ausgesprochen, sollte die neue pro-westliche Regierung in Libyen "nicht angenommen werden".
französischer Außenminister Jean-Marc Ayrault
© ReutersDer französische Außenminister Jean-Marc Ayrault
Die von den Vereinten Nationen unterstützte und neu aufgestellte Einheitsregierung versucht zunehmend aggressiv, ihre Autorität gegen die übrigen zwei rivalisierenden Regierungen im Land durchzusetzen. Doch die offenbar unangekündigte und nicht abgesprochene Ankunft des Vorsitzenden der Einheitsregierung, Fayez al-Sarraj, in Tripoli löste unter der bereits dort ansässigen, jedoch nicht vom Westen anerkannten Regierung der Muslimbruderschaft Empörung aus. Zahlreiche Libyer fürchten, dass der Westen - diesmal über die UN - Libyen eine gefügige Regierung überstülpen wolle.

„Libyen macht allen Staaten der Region und darüber hinaus Sorgen“, stellte der französische Außenminister Ayrault fest und ergänzt:
„Das Chaos, das dort heute regiert, hilft der rapiden Ausweitung von Terrorismus. Es ist eine direkte Gefahr für die Region und Europa.“

Während die Terrormiliz „Islamischer Staat“ in Syrien und im Irak mit Hilfe internationaler Kräfte zurückgedrängt werden konnte, würden die Extremisten in Libyen an Boden gewinnen, warnte der Außenminister.


Kommentar: Es war einzig und allein Russland, das den IS tatsächlich erfolgreich bekämpft haben.


In diesem Zusammenhang befürwortet der französische Diplomat wenig verklausuliert eine Militärintervention, sollte die neue pro-westliche Regierung in Libyen nicht angenommen werden:
„Wir müssen darauf vorbereitet sein, zu reagieren, wenn die Einheitsregierung von Fayez al-Sarraj um Hilfe bittet, notfalls auch an der militärischen Front.“
Auf die Frage, wie wahrscheinlich eine Militärintervention sei, sagte Ayrault:
„Das wird von der Regierung abhängen. Luftschläge, die nicht zum politischen Prozess beitragen, sind keine Option.“
Die vom Westen nicht anerkannte Regierung in Tripoli, die weite Teile des Landes und zahlreiche Erdölquellen kontrolliert, forderte den Vorsitzenden der UN-unterstützten Regierung, al-Sarraj, nur wenige Stunden nach dessen Landung in Tripoli auf, die Stadt wieder zu verlassen.

Inzwischen sind jedoch Berichte aufgetaucht, etwa im Libya Herald, in denen behauptet wird, dass der Vorsitzende der Tripoli-Regierung, Khalifa Ghweil, inzwischen nach Misrata, in seine Heimatstadt, geflohen sei. In Misrata ist einer der einflussreichsten Milizverbände des Landes beheimatet. Die westliche Initiative zugunsten von al-Sarraj könnte deshalb in neuen militärischen Auseinandersetzungen münden.

In einer Fernsehansprache hatte der Vorsitzende der in Tripoli ansässigen Behörden, Khalifa Ghweil, zuvor angekündigt, dass die Regierung von al-Sarraj „illegal“ sei.

Die Tripoli-Regierung erklärte außerdem, dass sie gegen all jene vorgehen wolle, die den Vorsitzenden der Einheitsregierung, Fayez al-Sajjar, heimlich ins Land schleusten.

„Wir sind dabei, gegen die Offiziere der Abu Sitta-Marinebasis eine Anklage auf den Weg zu bringen, die al-Sarraj nach Tripoli ließen“, sagte der stellvertretende Vorsitzende der in Tripoli ansässigen Regierung, Awad Abdel Sadik.

Gegenüber The New Arab sagte Sadik:
„Die Tripoli-Regierung wird legale Maßnahmen gegen eine von ihr als illegale Infiltration angesehene Aktivität von al-Sarraj und seiner Delegation ergreifen.“
Dennoch warnte Ayrault, die internationale Gemeinschaft müsse vermeiden, die Fehler der Vergangenheit zu wiederholen. Damit sprach er die westliche Militärintervention im Irak an - der vor allem von Frankreich betriebene Sturz von Machthaber Muammar al-Gaddafi 2011 blieb unerwähnt:
„Dieser Eingriff erschütterte die Region und mündete in religiösem Extremismus und dem IS.“

Kommentar: Dieser "Eingriff" wurde von westlicher Seite geplant und kaltblütig ausgeführt, einfach um sich dort die Vorherrschaft zu sichern; genau wie z.B. auch in Libyen. Frei nach dem psychopathischen Motto: "Erst zerbomben, dann an sich reißen".


Seit Mitte 2014 existieren zwei Regierungen in Libyen, eine in Tripoli und die andere in Tobruk, welche vom General Khalifa Haftar angeführt wird.