Am Alten Hafen von Marseille haben sich Fans bis nach Mitternacht weiter bekämpft. Insgesamt wurden bereits Dutzende Menschen verletzt. Die Uefa eröffnet ein Verfahren.
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© Jean-Paul Pelissier / Reuters English on holidays in Europe
Nach Tumulten beim EM-Spiel zwischen England und Russland ist es in der Nacht zu weiteren Ausschreitungen gekommen. Am Alten Hafen von Marseille lieferten sich Fußball-Fans auch nach Mitternacht noch Schlägereien, berichtet die Nachrichtenagentur AFP. Der Guardian berichtet von chaotischen Szenen: Hunderte Menschen seien nachts panisch durch die Straßen geirrt, darunter auch Kinder.

Zuvor waren Gegen des Ende des Spiels in Marseille russische Fans in einen Block der Engländer eingedrungen. Die Ordner waren zunächst machtlos. Einige Zuschauer mussten in den Innenraum springen, um sich in Sicherheit zu bringen.


Insgesamt sind bei den Zusammenstößen zwischen den Fangruppen mindestens 38 Menschen verletzt worden, heißt es offiziell. Allein bei Krawallen vor der Partie zwischen England gegen Russland gab es 31 Verletzte. Ein britischer Fußball-Fan schwebt nach Angaben von Frankreichs Innenminister Bernard Cazeneuve in Lebensgefahr. DerGuardian berichtet von zwei schwerverletzten England-Fans. Einer von ihnen soll mit einer kleinen Axt attackiert worden sein. Auch im Austragungsort Nizza lieferten sich Fans Schlägereien. Dabei wurden sieben Menschen verletzt.

Der europäische Fußballverband UEFA kündigte an, wegen der Ausschreitungen ein Verfahren zu eröffnen. Den beiden beteiligten Verbänden drohen nun Disziplinarmaßnahmen. Russland muss dabei größere Strafmaßnahmen als England befürchten, weil russische Fans offenbar hauptsächlich für die Vorfälle im Stade Vélodrome verantwortlich waren. "Die UEFA kann Disziplinarmaßnahmen nur für Vorfälle ergreifen, die im Stadionumkreis passiert sind", teilte der Verband mit. Zwischenfälle an anderen Orten werden in der Regel nicht bestraft.


Kommentar: Das Verfahren wurde noch nicht einmal eröffnet und schon steht fest, dass Russland wieder härter rangenommen wird, obwohl die englischen Fans eine lange und dunkle Tradition an brutalen Hooligans haben.


An den vorhergehenden Auseinandersetzungen in Marseille waren neben englischen und russischen auch französische Randalierer beteiligt. Die Polizei setzte immer wieder Tränengas ein, um die Hooligans auseinander zu treiben. Fernsehbildern zeigten, wie Anhänger beider Teams mit großer Brutalität mit Stühlen, Metallstangen und anderen Gegenständen aufeinander losgingen.


Wer in Nizza an den Krawallen beteiligt war, ist noch nicht bekannt. Im Internet veröffentlichte Aufnahmen zeigten allerdings mehrere Personen in dunkelgrünen nordirischen Trikots, die sich in der französischen Stadt mit anderen Fußballfans prügelten. Die Polizei schritt schnell ein, um die Schlägereien zu stoppen. Insgesamt waren etwa 20 Menschen an den Tumulten beteiligt. In Nizza treffen am Sonntag die deutschen Gruppengegner Polen und Nordirland aufeinander.


Britische Fans sehen sich als Opfer

Trotz der Beteiligung russischer Fans sieht der russische Sportminister Witali Mutko keine großen Risiken bei der WM 2018 in Russland. "Was hat die Weltmeisterschaft 2018 damit zu tun?", sagte er. Mutko ist auch Chef des russischen Fußballverbandes RFS. Er hat zudem hochrangige Posten bei der Fifa und im WM-Organisationskomitee inne. Der Chef des Komitees, Alexej Sorokin, sagte vor Reportern: "Die Weltmeisterschaft ist in zwei Jahren, das ist ein anderes Turnier."


Kevin Miles, Chef der englischen Fanvereinigung, sieht die englische Fans als Opfer von Attacken. "Es waren Gruppen von Einheimischen und Gruppen von Russen, die hierherkommen und die Gewalt gestartet haben", sagte Miles dem englischen Sender Sky Sport News. Einige Engländer hätten sich verteidigt. "Es gibt englische Fans, die deutlich zu viel getrunken haben und nicht wissen, wie sie sich in solchen Situationen verhalten sollen", sagte er. "Die große Mehrheit hat eine großartige Zeit, sie sind laut, haben eine Party und genießen das tolle Wetter."

ZEIT ONLINE, dpa, AP, rtr, afp, spo