Der Jetstream habe den Äquator gekreuzt, nun kämen die Jahreszeiten aus dem Takt, schreiben zwei Autoren unter Berufung auf eine globale Windkarte.
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Eine mögliche Verwechselung in der oberen Atmosphäre spült heute eine Welle von Weltuntergangswarnungen durch die digitalen Medien: Der Jetstream habe den Äquator gekreuzt und fließe jetzt von Pol zu Pol, was Sommer und Winter "vermische". Von einem "Klimanotstand", den man jetzt erklären müsse, schreibt der kanadische Klimatologe Paul Beckwith, der über abrupte Klimawandelszenarien promoviert. Als Indiz dienen Screenshots einer globalen Animation, die Luftströmungen in Echtzeit zeigt - dort sieht man tatsächlich einen Ast des Jetstreams den Äquator kreuzen.

Allerdings handelt es sich dabei nicht um den Polarfront-Jetstream, der auch das Wetter in Mitteleuropa bestimmt und dessen Bedeutung für Extremwetter im Zusammenhang mit dem Klimawandel seit einigen Jahren in Fachwelt und Medien intensiv diskutiert wird. Vielmehr ist es der subtropische Jetstream der Südhalbkugel, der einen Ast über den Äquator ausstreckt. Der subtropische Jetstream ist wesentlich schwächer als ein subpolares Gegenstück, jahreszeitlich variabel und für das Wetter am Boden weniger bedeutsam.

Dass solche Luftmassen auch mal den Äquator kreuzen, sei nicht ungewöhnlich, zitiert ein Meinungsartikel in der Washington Post eine ganze Reihe von Fachleuten. "Ich habe keine Ahnung, was das Problem sein soll", kommentiert auch der Meteorologe Jörg Kachelmann auf Twitter. Inzwischen sind die beiden Urheber der steilen These von den vermischten Jahreszeiten ein ganzes Stück zurückgerudert: Sie wollen nun lediglich eine allgemeine Warnung vor den Effekten des Klimawandels ausgesprochen haben - die immerhin wohl berechtigt wäre. Möglicherweise aber haben die beiden einfach die Jetstreams verwechselt, wie der Klimatologe Cliff Mass vermutet, oder ihnen ist ein Denkfehler unterlaufen: "Am Äquator steht ja keine Mauer, die die Hemisphären trennt", sagt der Doktorand Sam Lillo von der University of Oklahoma.