Im Erdbebengebiet in Mittelitalien waren die Rettungskräfte auch die Nacht über im Einsatz und ziehen eine traurige Bilanz: Die meisten Opfer, die sie bergen, sind tot.
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© Stefano Rellandini/Reuters
Die Bergungsteams in den von einem schweren Erdbeben zerstörten Dörfern in Mittelitalien finden immer mehr Opfer unter den Trümmern. Nach Angaben der Zivilschutzbehörde vom Donnerstagmorgen ist die Zahl der Toten inzwischen auf 247 gestiegen. Die Helfer seien weiterhin mit schwerem Gerät und mit bloßen Händen im Einsatz, um weiter nach Verschütteten zu suchen, hieß es.

Am Mittwochmorgen um 3.36 Uhr hatte das Beben der Stärke 6,0 Einheimische und Touristen aus dem Schlaf gerissen und im Gebiet zwischen den Regionen Latium, Marken und Umbrien viele Dörfer zerstört. Vor allem drei Orte sind betroffen: Amatrice und Accumoli bei Rieti in Umbrien sowie Pescara del Tronto in der Adriaregion Marken.

Neun von zehn Verschütteten sind bereits tot

Rettungsteams und Freiwillige konnten Dutzende Menschen lebend aus den Trümmern befreien. Kurz vor Einbruch der Dunkelheit retteten sie in Pesara del Tronto beispielsweise ein achtjähriges Mädchen. "Leider sind 90 Prozent derjenigen, die wir herausziehen, tot", sagte der Helfer Christian Bianchetti. "Einige jedoch leben und das ist der Grund, warum wir hier sind."

Gesundheitsministerin Beatrice Lorenzin, die zusammen mit Regierungschef Matteo Renzi vor Ort war, sagte, unter den Opfern gebe es viele Kinder. Die betroffene Bergregion ist bei Urlaubern beliebt. Vor allem in das malerische Dorf Amatrice, das bei dem Erdbeben zu großen Teilen zerstört wurde, kommen im Sommer viele Römer, um der Hitze der nahen Hauptstadt zu entfliehen.

Zu Amatrice gehören 69 kleine Ortschaften, die für die Rettungskräfte teils schwer zu erreichen waren. Ein Augenzeuge verglich die Szenerie mit Dante Alighieris Inferno.

Bewohner übernachten draußen

Viele Menschen bereiteten sich auf eine erste Nacht in Zelten vor, die Helfer auf Feldern und Parkplätzen aufgestellt hatten. "Heute ist unsere erste Nacht der Albträume", sagte Alessandro Gabrielli.

Rettungskräfte mussten am Abend ihren Sucheinsatz an einem stark beschädigten Hotel in Amatrice unterbrechen, da es zu dunkel und gefährlich sei, sagte ein Behördenvertreter. Demnach hatten rund 70 Gäste dort die Nacht verbracht, als sich das Beben ereignet habe. Bisher wurden fünf Leichen aus dem Schutt geborgen.

Auch die wichtigste Straße nach Pescara del Tronto war von Trümmern bedeckt, was den Rettungseinsatz erschwerte. Auf Luftbildern der Feuerwehr war zu sehen, dass der kleine Ort praktisch dem Erdboden gleichgemacht war. Dennoch seien Dutzende Menschen lebend gerettet worden, erklärte die italienische Forstpolizei, die mit Carabinieri, Feuerwehrleuten, dem Zivilschutz, dem Roten Kreuz und dem Heer im Erdbebengebiet im Einsatz war.

Renzi verspricht Wiederaufbauhilfe

Ministerpräsident Matteo Renzi kündigte für Donnerstag eine Kabinettssitzung an, bei der Hilfe für den Wiederaufbau besprochen werden soll.

Bundeskanzlerin Angela Merkel drückte Renzi in einem Kondolenztelegramm "das tiefe Mitgefühl des deutschen Volkes" aus. US-Präsident Barack Obama sagte, die USA schickten Gebete an die Opfer. Der französische Staatspräsident François Hollande und UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sprachen ihr Beileid aus und boten Hilfe an.

Vor sieben Jahren traf ein verheerender Erdstoß den Ort L'Aquila, nur 30 Kilometer vom jetzigen Erdbebenzentrum entfernt. Damals starben mehr als 300 Menschen.

ZEIT ONLINE, ap, dpa, afp, rtr, ces