Neu entdeckter Sternenhaufen
© EXO/J. BorissovaFamilienfoto der bislang unbekannten Sternenhaufen (Klicken Sie auf die Bildmitte, um zu einer vergrößerten Darstellung zu gelangen)

Garching/ Deutschland - Ein internationales Astronomenteam hat mithilfe von Daten des Infrarot-Durchmusterungsteleskops VISTA am Paranal-Observatorium der ESO 96 neue offene Sternhaufen in unserer Milchstraße entdeckt, die von dichtem Staub verborgen werden. Früheren Studien waren diese kleinen und lichtschwachen Objekte noch entgangen. Die empfindlichen Infrarotdetektoren des weltgrößten Durchmusterungsteleskops, die durch Staub hindurch sehen können, konnten sie dagegen aufspüren. Noch nie zuvor war die Entdeckung so vieler lichtschwacher, kleiner Sternhaufen auf einen Schlag gelungen.

Die Entdeckung der Sternhaufen wurde genau ein Jahr nach Beginn des Beobachtungsprogramms “VISTA Variables in the Via Lactea" (VVV), zu Deutsch etwa “VISTA-Beobachtungen von Veränderlichen in der Milchstraße“) bekannt gegeben, einer der sechs großen Durchmusterungen, die mit dem neuen Teleskop durchgeführt werden. Demnächst wird in der Fachzeitschrift Astronomy & Astrophysics ein Artikel über die Entdeckung erscheinen.

“VISTA und der VVV sind hervorragend dazu geeignet, Sternhaufen zu finden, insbesondere diejenigen, die sich in den staubreichen Sternentstehungsgebiete in der Milchstraßenebene verbergen. Der VVV dringt dabei tiefer in diese Himmelsregionen vor als andere Durchmusterungen”, erklärt Jura Borissova, die Erstautorin des Fachartikels.

Der Großteil der Sterne, die mehr als eine halbe Sonnenmasse besitzen, entstehen in größeren Gruppen, so genannten offenen Sternhaufen. Solche Sternhaufen sind die Bausteine von Galaxien wie unserer Milchstraße und lebensnotwendig für die Entstehung und Entwicklung solcher Sternsysteme. Allerdings bilden sich Sternhaufen nur in sehr staubreichen Gegenden des Alls, und das erschwert ihre Beobachtung: Solche Staubregionen zerstreuen und verschlucken das Licht, das die jungen Sterne in ihrem Inneren aussenden. Diese Sterne sind daher unsichtbar für die meisten Himmelsdurchmusterungen - nicht aber für das VISTA-Teleskop mit seinen 4,1 Metern Durchmesser, das im Bereich des infraroten Lichts arbeitet.

“Um den allerjüngsten Sternhaufen auf die Spur zu kommen, haben wir unsere Suche auf bekannte Sternentstehungsregionen konzentriert. Tatsächlich haben die hochempfindlichen Infrarotdetektoren von VISTA genau dort viele bis dahin unbekannte Objekte in Bereichen nachweisen können, die bei früheren Himmelsdurchmusterungen im sichtbaren Licht leer zu sein schienen”, ergänzt Dante Minniti, der Leiter des VVV-Programms.

Mithilfe von sorgfältig optimierter Software gelang es dem Team, die Vordergrundsterne in den Bildern zu eliminieren, die nicht Teil des Sternhaufens sind sondern nur zufällig von der Erde aus vor dem Haufen stehen. So konnten die Wissenschaftler anschließend die echten Haufenmitglieder zählen. Dann ermittelten die Astronomen anhand der Aufnahmen den Durchmesser der Sternhaufen sowie, bei den Haufen mit ausreichend großer Mitgliederzahl, die Entfernung, das Alter und die Rötung des Sternlichts durch den interstellaren Staub zwischen ihnen und uns.

“Wir haben herausgefunden, dass die meisten dieser Sternhaufen sehr klein sind und aus gerade einmal zehn bis zwanzig Sternen bestehen. Verglichen mit typischen offenen Sternhaufen sind sie sehr lichtschwach und stark konzentriert. Der Staub verdunkelt ihr Licht um einen Faktor 10.000 bis 100 Millionen. Kein Wunder, dass man sie bisher nicht entdeckt hat”, erläutert Radostin Kurtev, ein weiteres Mitglied des Teams.

Bislang sind in der Milchstraße gerade einmal 2500 offene Sternhaufen identifiziert. Die Astronomen schätzen, dass sich hinter Staub und Gas bis zu 30.000 weitere Haufen verbergen. Während sich helle und große offene Sternhaufen leicht auffinden lassen, hat man nun erstmals eine ganze Reihe von lichtschwachen, kleinen Haufen auf einen Schlag entdecken können. Und doch dürften diese 96 Neuentdeckungen nur die Spitze des Eisberges sein: “Wir haben soeben begonnen mit einer noch ausgeklügelteren automatischen Software nach weniger konzentrierten, älteren Sternhaufen zu suchen. Ich bin zuversichtlich, dass wir bald fündig werden und dass noch viele weitere Haufen hinzukommen”, schließt Borissova.

Bei dieser Meldung handelt es sich um eine Pressemitteilung der Europäischen Südsternwarte, ESO.org
Quellen: eso.org / grenzwissenschaft-aktuell.de