Temperaturregler Klimaanlage
© Jan Woitas/dpaDer Temperaturregler einer Klimaanlage in einem Intercity-Reisezug

Klimaanlagen entzweien die Menschen. Manche schätzen es, an heißen Sommertagen zumindest im Büro einen kühlen Zufluchtsort zu haben, für andere ist die künstliche Kaltluft grundsätzlich des Teufels. Manche Büroguerillas verstopfen sogar die Lüftungsgitter, um sich vor der Klimatisierung zu schützen. Ein häufig wiederholtes Argument: Klimaanlagen seien »Virenschleudern«, sie machten die Menschen krank.

Was ist da dran? Viren, Bakterien und Pilzsporen können die Anlagen nur verteilen, wenn die Mikroben irgendwo im System nisten. Und tatsächlich haben Studien gezeigt, dass Klimaanlagen, die schlecht gewartet werden und bei denen es an vielen Stellen permanent feucht ist, offenbar zu Brutstätten von Krankheitserregern werden können. In einer Studie, die 2003 in The Lancet veröffentlicht wurde, reduzierte eine Bestrahlung aller feuchten Stellen in der Klimaanlage die Zahl der Atemwegserkrankungen bei den Büroangestellten deutlich.

Aber gehen wir einmal davon aus, dass die Klimaanlage gut gewartet ist und nirgendwo Keime brüten - ist die klimatisierte Luft an sich schlechter als natürliche? Oder ist das nur ein Vorurteil der Deutschen, die ja auch panische Angst vor der anderswo gar nicht bekannten »Zugluft« haben?

Es gibt eine mögliche Erklärung dafür, wie auch keimfreie kühle Luft Erkältungen fördern kann: Die Luft, die aus der Klimaanlage kommt, ist nicht nur kälter, sondern auch trockener als die Luft, die angesaugt wurde. Das muss so sein, weil kalte Luft weniger Feuchtigkeit fassen kann. In gekühlter Luft trocknen unsere Schleimhäute aus, etwa in der Nase, und das ist nicht nur unangenehm: Trockene Schleimhäute sind ein Einfallstor für Erkältungsviren.

Dieser Mechanismus könnte eine Erklärung für das Ergebnis einer Studie sein, die 2004 im International Journal of Epidemiology erschien. Die Forscher des nationalen Gesundheitsinstituts Inserm werteten eine Stichprobe von 920 berufstätigen Frauen in Nordfrankreich aus und stellten fest: Frauen, die in Büros mit Klimaanlage arbeiteten, gingen mehr als doppelt so oft wegen Atemwegsproblemen zum Arzt, und der Krankenstand war um 40 Prozent höher als in Büros mit naturbelassener Luft. Fazit: Klimaanlagen können nicht nur ein ökologisches Problem sein.

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