Neurologen haben eine 29 neue genetische Varianten identifiziert, die mit der Krankheit Multiple Sklerose (MS) in Zusammenhang stehen. Offenbar gehören diese Gene zum Immunsystem, das somit entscheidend ist in der Entwicklung der Krankheit. Die Ergebnisse der Studie wurden in der Fachzeitschrift Nature veröffentlichten und bestätigen MS als Autoimmunreaktion.
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© DreamstimeForscher entdecken Risiko-Gegen des Immunsystems, die für Multiple Sklerose verantwortlich sind.

Einem Verbund von Wisseschaftlern unter Beteiligung des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein (UKSH) und des Schleswig-Holsteinischen Exzellenzclusters Entzündungsforschung ist es gelungen, 29 neue Genvarianten zu identifizieren, die mit der Entstehung von Multipler Sklerose (MS) in Verbindung stehen und tiefe Einblicke in die Biologie einer der häufigsten neurologischen Krankheiten gewähren. Da viele der erkannten Gene in direktem Zusammenhang mit dem Immunsystem stehen, konnten die Experten eine Immunschwäche als wahrscheinliche Ursache von MS ausmachen.

Bei Multipler Sklerose wird die schützende Hülle (Myelinschicht) geschädigt, mit der die Nervenfasern im Gehirn und im Rückenmark ummantelt sind, sodass Erregungssignale nicht mehr weitergeleitet werden. Ebenso werden die Nervenfasern selbst geschädigt. Je nachdem welche Bereiche des Nervensystems angegriffen werden, sind die Folgen unter anderen Gehbehinderungen, Taubheitsempfindungen oder Sehstörungen. Die veröffentlichten Ergebnisse zeigen die grundlegende Rolle des Immunsystems bei der Zerstörung der Nervenzellen und helfen zu verstehen, wie genau der Immunangriff auf Gehirn und Rückenmark aussieht.

Im Rahmen der Studie untersuchten die Wissenschaftler die Erbsubstanz von 9.772 Personen mit MS und von 17.376 gesunden Kontrollpersonen. Das internationale Forscherteam konnte 23 bereits bekannte genetische Zusammenhänge bestätigen sowie 29 weitere neue genetische Varianten identifizieren, die mit der Entstehung von Multipler Sklerose zusammenhängen. Es ist die weltweit größte MS-Genomstudie. Laut Aussage des Experten haben 80 Prozent der Gene, die bei MS eine Rolle spielen, einen immunologischen Hintergrund, was den Schluss nahe legt, „dass es sich um eine Immunerkrankung handelt“.

„Dieser Forschungserfolg ist ein Meilenstein auf dem Weg der Entdeckung der Entstehungsmechanismen der Multiplen Sklerose“, sagt Professor Dr. Stefan Schreiber, Direktor der Klinik für Allgemeine Innere Medizin am UKSH und Sprecher des Exzellenzclusters Entzündungsforschung. „Diese Arbeit wird großen Einfluss auf die Debatte über die Ursachen der MS nehmen und damit neue Wege zur Erforschung kausaler Therapien eröffnen“, ergänzt der Neurologe Professor Dr. Dr. Kuhlenbäumer, Direktor des Instituts für Experimentelle Medizin am UKSH.

An der Studie beteiligten sich mehr als 250 Wissenschaftler in 23 Forschergruppen aus 15 Ländern, die im “International Multiple Sclerosis Genetics Consortium” unter der Leitung von Prof. Alastair Compston, Universität Cambridge, und im “Wellcome Trust Case Control Consortium” unter der Leitung von Prof. Peter Donnelly, Universität Oxford, zusammengeschlossen sind.