Der frühere Tagesschau-Redakteur Volker Bräutigam und Friedhelm Klinkhammer, Ex-Vorsitzender des ver.di-Betriebsverbandes NDR, haben Programmbeschwerde gegen die ARD eingereicht. Der Vorwurf: "Musterbeispiel an tendenziöser und propagandistischer Nachrichtengebung".
Kampfjet
© ReutersSymbolbild: Israelische F-15 bei einem Militärmanöver im August 2016
Sehr geehrte NDR-Rundfunkräte,

Israel, von zahlreichen internationalen Beobachtern längst als tatkräftiger Unterstützer der in Syrien mordenden al-Kaida und des IS identifiziert, hat in den frühen Stunden des 7. September seine Luftwaffe in den syrischen Luftraum einfliegen und eine militärische Anlage bei Hama mit Raketen bombardieren lassen.


Kommentar: In der Tat wurde Israel bei der tatkräftigen Unterstützung des IS immer wieder erwischt...


Mindestens zwei syrische Soldaten kamen dabei ums Leben. Offizielle Erklärungen aus Jerusalem gab es dazu nicht. Die syrische Nachrichtenagentur SANA meldete den Vorfall.

Und ARD-aktuell? Leistete sich einmal mehr ein Musterbeispiel an tendenziöser und propagandistischer Nachrichtengebung von der israelischen Parteiseite her.

Der Angriff wurde mit keinem Wort als unstreitig eine schwerwiegende Verletzung des Völkerrechts dargestellt. Berichte über das Bombardement gab es in keiner einzigen TV-Sendung, sondern lediglich auf den Nebengleis tagesschau.de. Dort wurde mit dem reißerischen Titel
Israel greift Chemiefabrik in Syrien an
eine blanke und hochassoziative Spekulation (Chemiefabrik = Chemiewaffenfabrik) als Tatsache vermittelt, obwohl es keinerlei Beleg dafür gibt. In dem journalistisch inakzeptablem Beitrag taucht das ebenso verharmlosende wie unsäglich bescheuerte Wort "Luftschlag" als Synonym für ein mörderisches Bombardement gleich dreimal auf. Ausführlich werden unqualifizierbare "Twitter"-Äußerungen israelischer Ex-Militärs und Ex-Geheimdienstler zitiert, zum Beispiel in indirekter Rede diese propagandistische Widerwärtigkeit:
Wenn der Luftschlag von Israel durchgeführt worden sein sollte, so wäre es eine moralisch lobenswerte Aktion gewesen. In der Fabrik seien chemische Waffen und Fassbomben hergestellt worden.
Die Tagesschau publiziert nicht erst seit diesmal menschenverachtende Äußerungen über Kriegshandlungen und Völkerrechtsbruch, die sich auf reine Spekulationen stützen. Sie macht sich gemein mit einer nicht zu rechtfertigenden Sache der Israelis. Diese Art der Berichterstattung liegt voll auf der transatlantischen Propagandalinie, die Syriens Recht auf Selbstverteidigung und Wahrung seiner Souveränität missachtet, militärische Erfolge der Syrer und ihrer russischen Verbündeten gegen den IS- und al-Kaida-Terrorismus verschweigt und andererseits die Verbrechen der "pro-westlichen" Seite schönredet und -schreibt.

Auch im hiesigen Beitrag ist die propagandistische Tendenz nicht zu übersehen. Da ist zwar von Bestrebungen der Israelis die Rede, Waffenlieferungen an die schiitische Hisbollah in Syrien mit allen Mitteln zu unterbinden, ohne dass die Frage nach den Rechtsgrundlagen israelischen Handelns betrachtet wird. Nicht aber wird auch nur erwähnt, dass die Israelis der al-Kaida und dem IS in Syrien mit Waffenlieferungen und Geheimdienstinformationen dabei behilflich sind, sich gegen die syrische Armee und deren russische Verbündete zu behaupten. Kein Wort davon, dass Israel den von den USA und einer supranationalen Elite inszenierten Terrorkrieg in Syrien zur Wahrung seiner eigenen Interessen als regionale Hegemonialmacht unterstützt und dabei das Völkerrecht mit Füßen tritt. "Freundschaft mit Israel ist deutsche Staatsräson" (A. Merkel), ein solcher Satz geht natürlich in Fleisch und Blut redaktioneller Konformisten bei ARD-aktuell über.
Offenbar israelischer Luftangriff auf Fabrik in Syrien
lautet nur der Schluss-Titel des Beitrags auf tagesschau.de. Seine vorsichtige Sachlichkeit kommt da allerdings zu spät und kann die Programmverstöße nicht mehr reparieren, die im Text zuvor fabriziert wurden. Dass überdies eine Reihe von wichtigen Aspekten des Vorfalles unbedacht und unerwähnt blieben, ist leicht erkennbar: Die Frage beispielsweise, warum die überlegene russische Luftabwehr in Syrien die Israelis gewähren ließ. Welche Zusammenhänge des Raketenangriffs auf Hama es mit dem militärischen Erfolg der Syrer gegen den IS bei Deir-Ezzor gibt, usw.

Fazit: ARD-aktuell hat einen weiteren erheblichen Verstoß gegen Programmauftrag und Programmrichtlinien zu verantworten.

Volker Bräutigam, Friedhelm Klinkhammer