Spring Heeled Jack auf einer Illustration um 1890
Einzelne Berichte über einen seltsamen, springenden Mann waren zwar bereits um 1817 aufgetreten aber das erste Mal schriftlich dokumentiert wurden die Taten dieser mysteriösen Person oder dieses Wesen im viktorianischen England des Jahres 1837 in London, wo offenbar sein Hauptaktionsfeld lag. Später wurde er überall in England von London bis nach Sheffield und Liverpool gesichtet, die meisten Berichte und Vorfälle stammten jedoch aus den Vororten von London und später aus den Midlands, wo sie zwischen den 50er- und 80er-Jahren des 19. Jahrhunderts auch gehäuft auftraten. Seinen Namen »Spring Heeled Jack« erhielt er deswegen, weil er unglaublich hohe Sprünge zustande brachte.
Die ersten SichtungenAn den ersten Sichtungen des Spring Heeled Jack in London waren drei Frauen und ein Mann beteiligt. Alle vier waren unabhängig voneinander im September 1837 auf der Straße von einem Wesen angegriffen worden, das sie von seinem Aussehen her nicht richtig einordnen konnten.
Der Mann, Geschäftsmann, war spät in der Nacht auf dem Weg nach Hause, als eine geheimnisvolle Gestalt mit großer Leichtigkeit die Umfriedung eines Friedhofs von beträchtlicher Höhe übersprang und direkt auf dem Weg vor ihm landete. Es hatte einen Mantel an und auffällig spitze Ohren. Seine Augen quellten deutlich hervor und »glühten wie Feuer«. Auch seine Hände sahen wenig menschlich aus, da es krallenähnliche Klauen anstatt Finger hatte. Zudem konnte er angeblich Flammen speien und unmögliche Sprünge vollbringen, die ihn sogar über hohe Mauern und Häuser hüpfen ließen. So war es natürlich sehr schwierig, ihn zu erwischen und festzunehmen.
Nur kurz nach diesem Vorfall griff diese unheimliche Gestalt eine Gruppe von Passanten an. Dabei ergriff er sich eine der Frauen, ihr Mantel riss bei dieser Aktion und so konnte sie glücklicherweise ebenso wie ihre Begleiter entkommen. Die Gruppe rannte eiligst davon aber eine der Frauen, Polly Adams, stolperte und fiel zurück. Als die von dem Überfall informierte Polizei Stunden später den Ort des Angriffs untersuchen will, findet sie die total verstörte Frau noch dort liegen. Sie berichtete ihnen, dass ihr der furchterregende Angreifer die Bluse aufgerissen und ihre nackte Brüste, begrapscht hatte. Nachdem er ihr mit seinen Klauen den Bauch zerkratzte, habe er sie dann bewusstlos und blutüberströmt verletzt liegen gelassen.
Im Oktober 1837, wurde ein Mädchen namens Mary Stevens das Opfer dieser mysteriösen Figur. Sie war zu Besuch bei ihren Eltern in Battersea gewesen und nun auf dem Weg nach Lavender Hill, wo sie als Dienstmädchen arbeitete. Sie befand sich gerade auf der Clapham Common als plötzlich aus einer der dunklen Gassen ein seltsames Wesen auf sie zusprang. Die Gestalt hielt sie fest und begann, sie zu küssen und ihr die Kleider vom Leib zu reißen. Als die Klauen ihren Körper berührten, hatte sie das Gefühl,
dass sie sich kalt und steif wie bei einer Leiche anfühlten. Als das Mädchen in ihrer Panik anfing, laut zu schreien, flüchtete der Angreifer hastig. Durch den Lärm angezogen, eilten einige Bewohner sofort zu ihr aber trotz intensiver Suche konnten sie ihren Peiniger nicht mehr ausmachen.
Benutzte er eineSprungvorrichtung?Ein Tag später fuhr eine Kutsche ganz in der Nähe von Mary Stevens' Wohnung die Straße entlang, als eine große, dunkle Gestalt ihr mitten in den Weg sprang. Die Pferde scheuten, der Kutscher verlor die Kontrolle über das Fahrzeug und verursachte einen Unfall, bei dem er schwere Verletzungen erlitt. Zeugen sagten später aus, dass die mysteriöse Gestalt schnell entkommen war, indem es eine rund drei Meter hohe Mauer übersprang und dabei ein lautes Lachen von sich gab.
Nur wenige Tage darauf wurde Jack in der Nähe des Kirchhofs von Clapham aktiv und griff eine Frau tätlich an. Die Polizei konnte in diesem Fall erstmalig auch einige Spuren am Tatort ausmachen. Es handelte sich um zwei Fußabdrücke, die in etwa 7,5 cm tief im Boden eingelassen waren und darauf hindeuteten, dass hier jemand aus großer Höhe gelandet sein musste. Das Seltsame daran war, dass weitere Abdrücke innerhalb der Fußabdrücke vorhanden waren. Das könnte darauf hindeuten, dass er eventuell irgendeine Sprungvorrichtung unter seinen Schuhen installiert haben könnte. Dies war zwar endlich ein wichtiger Hinweis für die weitere Fahndung nach dem Phantomspringer aber leider wurde es nicht weiter beachtet und es geriet in Vergessenheit. Eine ebenso grobe Fahrlässigkeit war der Umstand, dass vergessen wurde, Gipsabdrücke der Spuren zu machen, bevor sie verwischt wurden.
Knapp fünf Monate später, am Abend des 18. Februar 1838, waren die zwei Schwestern Lucy und Magret Scales im Londoner Stadteil Limehouse unterwegs, als ein großes Wesen aus einer düsteren Seitenstraße auf sie zusprang und zu Tode erschreckte. Es baute sich vor ihnen auf, öffnete seinen Mund und
spuckte Lucy bläuliche Flammen ins Gesicht. Die Frau bekam sofort einen Schock und selbst Stunden später hörte ihr Körper nicht auf, heftig vor Angst zu zittern. Bei ihrer Vernehmung sagten beide Damen aus, sie glaubten, so etwas wie eine Lampe in seiner Hand bemerkt zu haben.
Im Januar 1838 wurde der Fall »Spring Heeled Jack« sogar politisch aufgegriffen und im Mansion House, dem Amtssitz des Lord Mayor of London, wurde eine öffentliche Sitzung diesbezüglich abgehalten. Ziel war es, umfangreichere Informa-tionen zusammenzutragen, um diesen mysteriösen Übeltäter endlich das Handwerk legen zu können. Man beschloss, eine spezielle Polizeieinheit zu gründen, die sich ausschließlich auf die Suche und Verhaftung dieser rätselhaften Person konzentriert. Hohe Belohnungen sollten außerdem die Bevölkerung motivieren, die Fahndung schnell und erfolgreich abzuschließen. Aber nichts zeigte Erfolg, im Gegenteil, es schien, als wenn Jack sich danach noch sicherer fühlte, denn die Anzahl seiner Angriffe nahm zu.
Spring Heeled Jack's Angriffe werden tödlichBis zum Jahre 1845 verursachten die unzähligen Attacken des irren Jack's zwar schreckliche psychische und physische Verletzungen aber die Opfer kamen immerhin mit ihren Leben davon. Dies sollte sich aber bald ändern, denn er wurde auch zum kaltblütigen Mörder.
In Jacob's Island in Bermondsey lebte damals die Randgruppe der Gesellschaft inmitten von Armut und Dreck. Es war ein verkommenes Slumviertel mit schmutzigen und heruntergekommenen Häusern, umgeben von einem stinkenden Sumpf, der stark die Luft mit Schwefelwasserstoffdünsten füllte. Man konnte vor jeder Tür den Geruch von Krankheit und Tod riechen. Hier lebte auch Maria Davis, eine 13-jährige Prostituierte, die das erste Todesopfer von Spring Heeled Jack wurde.
Maria Davis wurde von Augenzeugen gesehen, wie sie abends an einer Brücke entlang ging, die über den Folly Ditch und über einen besonders dreckigen Teil des Morastes führte. Da tauchte plötzlich Jack vor ihr auf und
spuckte dem in panischer Angst schreiendem Mädchen seine berüchtigten Flammen mitten ins Gesicht. Erschrocken stürzte die 13-Jährige dabei zu Boden, worauf Jack sie dann vom Boden aufhob und von der Brücke runter in den Schlamm warf. Der Morast nahm ihren zierlichen Körper auf und ließ es in die Tiefe sinken. Der Leichnam des kleinen Mädchens konnte nie geborgen und würdig beerdigt werden.
Identität konnte nie geklärt werdenMan konnte auch nie aufklären, wer hinter diesem mysteriösen Jack steckte. Es gab zwar einen Hauptverdächtigen, zu dem nicht nur die Vorliebe zu sadistischen Späßen passen würde, sondern auch die beschriebenen hervorquellenden Augen, Statur und zeitgleiche Anwesenheit an den Tatorten,
doch der Verdächtige, Henry, der Maquis von Waterford, starb 1859 und Jack's Überfälle gingen trotzdem weiter. Somit schied der einzige, ernsthaft in Frage kommende Täter aus und Jack konnte niemals gefasst werden. Über Jahrzehnte zog er noch weiter seine Spur des Schreckens und erweiterte seine Anschläge bis nach East Anglia und Everton, in Liverpool aus, wo er dann auch im September 1904 das letzte Mal gesehen wurde.
Fraglich ist jedoch, ob tatsächlich ein Mann eine derartige Sprungvorrichtung an seinen Beinen oder Füßen tragen kann, die derartige riesige Sprünge ermöglicht und auch komfortabel zu tragen ist. Zudem kann diese Vorrichtung nicht aus zusammengepressten Sprungfedern bestanden haben, da Jack bei vielen Angriffen sowohl mit einem Sprung auftauchte als auch wieder verschwand. Eine Sprungfeder hätte er zwischendurch neu spannen müssen. Ebenso sind seine rotglühenden Augen und Flammenspuckerei nicht so einfach zu erklären. Und die wichtigste Frage:
Wie konnte Jack überhaupt über so viele Jahrzehnte hinweg diese akrobatischen Taten vollbringen? Schließlich müsste er 1904, als er offensichtlich aufhörte, mindestens um die 100 Jahre alt gewesen sein!
Kommentar: Es könnte sich hier vielleicht um einen "Windowfaller" gehandelt haben. Lesen Sie dazu das faszinierende und bahnbrechende Buch Höchste Fremdartigkeit. Die ersten Kapitel sind online verfügbar, das Buch selbst wird in Kürze im deutschen Sprachraum veröffentlicht werden.