Künstlergrafik Planet
© ESO/M. KornmesserKünstlerische Darstellung des Planeten “Ross 128 b” (Illu.).
Grenoble (Frankreich) - Nachdem im vergangenen Jahr bereits ein erdähnlicher Planet innerhalb der lebensfreundlichen Zone um den nur vier Lichtjahre entfernten Nachbarstern Proxima Centauri entdeckt wurde (...GreWi berichtete), haben Astronomen nun auch einen erdgroßen und -warmen Planeten um den gerade einmal 11 Lichtjahre entfernten und ruhigen Zwergstern Ross 128 entdeckt. Der Umstand, dass der Stern deutlich weniger aktiv ist als Proxima, erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass auf diesem Planeten Leben möglich ist. Einmal mehr scheint sich zu bestätigen, dass potentiell lebensfreundliche Planeten eher die Regel als die Ausnahme sind - auch in unserer nahen interstellaren Nachbarschaft.

Entdeckt wurde der gemäßigte und erdähnliche Planet "Ross 128 b" mit dem Planetenjäger-Instrument HARPS (High Accuracy Radial velocity Planet Searcher (HARPS)) am La Silla-Observatorium der Europäischen Südsternwarte (ESO) in Chile von Astronomen aus Frankreich, der Schweiz, Spanien und Argentinien.

Nach "Proxima b", ist "Ross 128 b" damit nun der zweitnächste Planet mit gemäßigtem Klima, der bislang entdeckt wurde. Außerdem handelt es sich um den uns nächsten Planeten, der einen inaktiven Roten Zwergstern umkreist, was die Wahrscheinlichkeit zusehends erhöht, dass auf diesem Planeten Leben möglich ist. "'Ross 128 b' wird ein erstklassiges Ziel für das 'Extremely Large Telescope' der ESO sein, das in der Lage sein wird, nach Biomarkern in seiner Atmosphäre zu suchen", kommentiert die ESO die Entdeckung.
Hintergrund
Intelligente Signale von Ross 128?
Zuletzt war der Stern Ross 128 in die Wissenschaftsschlagzeilen geraten, nachdem Astronomen im vergangenen Juli (2017) mit dem Radioteleskop von Arecibo zunächst rätselhafte, breitbandige, quasi-periodische und unpolarisierte Radiosignale mit sehr starken Streuungsmerkmalen" aus Richtung des Sterns aufgefangen hatten, die zu einer unmittelbaren Fahndung im Rahmen der Suche nach intelligenten außerirdischen Signalen (Search für Extraterrestrial Intelligence, SETI) geführt hatten. Nachdem auch andere Teleskope den Stern erfolglos nach weiteren Signalen abgesucht hatten, kamen die beteiligten Astronomen zu dem Schluss, dass es sich dabei tatsächlich um Telemetrie-Signale von geostationären Satelliten im Erdorbit gehandelt hatte (...GreWi berichtete).
Der Planet umkreist den rund 9,4 Milliarden Jahre alten inaktiven Roten Zwergstern "Ross 128" einmal alle 9,9 Tage.

Zwergstern Ross 128 Sternbild Jungfrau
© ESO, IAU and Sky & TelescopeDer rote Zwergstern Ross 128 im Sternbild Jungfrau.
Der in etwa erdgroße Planet besitzt vermutlich ein mildes Klima und eine Oberflächentemperatur, die jener der Erde ähneln könnte", berichtet das Team um Xavier Bonfils vom Institut de Planétologie et d'Astrophysique de Grenoble an der Université Grenoble-Alpes/CNRS demnächst im Fachjournal "Astronomy & Astrophysics" und führt dazu weiter aus: "Ross 128 ist der 'ruhigste' Stern in unserer Nachbarschaft, der einen Exoplaneten mit solch gemäßigten Temperaturen besitzt."

Einmal mehr scheint sich zu bestätigen, dass potentiell lebensfreundliche Planeten eher die Regel als die Ausnahme sind - auch in unserer direkten Nachbarschaft.

Entdeckt wurde der Planet mit der Radialgeschwindigkeitsmethode auf der Grundlage von mehr als einem Jahrzehnt intensiver HARPS-Durchmusterung in Verbindung mit modernsten Datenreduktions- und Analysetechniken.

Rote Zwerge gehören zu den kühlten, lichtschwächsten Sternen im Universum- stellen zugleich aber auch die häufigste Kategorie von Sternen dar. Viele Rote Zwergsterne - darunter auch Proxima Centauri - sind so aktiv, dass sie die sie umkreisenden Planeten immer wieder mit tödlicher Ultraviolett- und Röntgenstrahlung fluten. Wie es scheint, gehört aber Ross 128 zu den ruhigeren, inaktiven Exemplaren seiner Art, so dass die Planeten, die ihn umkreisen, den uns nächsten bekannten "angenehmen Ort für mögliches Leben" darstellen könnten, so seine Entdecker.
Hintergrund
Zwar ist derzeit noch Proxima Centauri unser nächster direkter Nachbarstern, doch schon in weniger als 80.000 Jahren wird der heute noch rund 11 Lichtjahre entfernte Ross 128 seinen Platz einnehmen, da er sich direkt auf uns zu bewegt. Ross 128 b wird dann Proxima b als erdnächsten Exoplaneten ablösen.

benachbarte Sonnensysteme
© GemeinfreiDie interstellare Nachbarschaft unserer Sonne, darunter auch Ross 128 (s. Fadenkreuzmarker).
"Ross 128 b" umkreist sein Zentralgestirn 20-mal enger als die Erde die Sonne. Doch trotz dieser Nähe kommt auf dem Planeten selbst nur 1,38-mal so viel Strahlung wie auf der Erde an. "Dadurch lässt sich abschätzen, dass seine Gleichgewichtstemperatur zwischen -60 und 20°C liegt, da der kühle und lichtschwache Rote Zwerg eine Oberflächentemperatur besitzt, die nur etwas mehr als halb so hoch wie die der Sonne ist", berichtet die ESO. "Zwar betrachten die Wissenschaftler 'Ross 128 b' als gemäßigten Planeten, jedoch ist nicht ganz sicher, ob der Planet innerhalb, außerhalb oder an der Schwelle der habitablen Zone liegt, innerhalb der flüssiges Wasser auf der Oberfläche eines Planeten existieren kann."


Ob "Ross 128 b" auch eine lebensfreundliche Atmosphäre besitzt, die vielleicht sogar Leben beherbergt, wollen die Astronomen mittelfristig mit dem Extremely Large Telescope (ELT) der ESO erkunden, mit dem in einer potentiell vorhandenen Atmosphäre nach Biomarkern einschließlich Sauerstoff gesucht werden soll.