Leipzig. „Uns hat es voll erwischt“, sagt Christian Conrad, Geschäftsführer von Pier 1 am Cospudener See. Katamarane liegen mit Mastbruch am Ufer, gleich daneben sind die Segel weiterer Boote gerissen. Auch das Charterboot „Sealady“ ist beschädigt.

„Der Schaden hier könnte bald bei 100.000 Euro liegen“, schätzt Conrad. Ein Segler habe es vor dem Unwetter nicht mehr an Land geschafft und sei mitten in den Sturm geraten. Verletzt worden, so Conrad, ist der Mann nicht. Auch sein Boot sei nun kaputt.

„Der Cospudener See ist für Wind durch seine Lage sehr anfällig“, berichtet Conrad. Das dürfe man nicht unterschätzen. Jetzt heißt es Schäden aufnehmen, aufräumen und die Versicherungen benachrichtigen. „So schlimm wie 2003 ist aber nicht“, glaubt der Geschäftsführer. Damals hatte ein Sturm sogar den Pier zerrissen.

Ein Unwetter hatte am Mittwochabend für Chaos in Leipzig gesorgt. Innerhalb von zwei Stunden regnete es 32 Liter pro Quadratmeter. 79 Notrufe gingen bis 23.30 Uhr bei der Feuerwehr ein. Bei der Polizei waren es zusätzlich 66. In der Südvorstadt rissen die Sturmböen ein Dach von einem Wohnhaus.

Besonders auffallend war für die Mitarbeiter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) in Holzhausen die hohe Zahl an Blitzen. "Im Raum Halle/Leipzig haben wir von 21.45 Uhr bis 22.15 Uhr rund 3600 Blitze gezählt", berichtete Meterologe Florian Engelmann. In Leipzig selbst seien es 1000 Blitze gewesen.

Im gesamten Stadtgebiet standen durch den Starkregen etliche Straßen und Keller unter Wasser. Auch die Notaufnahme vom St. Elisabeth-Krankenhaus habe mit den Wassermassen zu kämpfen, sagte der Schichtführer in der Leitstelle der Feuerwehr, Harald Effenberger, gegenüber LVZ-Online. Außerdem seien zahlreiche Bäume umgekippt.

Wegen der herabfallenden Dachteile ist der Bereich Lößniger/Alfred-Kästner-Straße zeitweise für den Autoverkehr gesperrt. „Bewohner mussten aber nicht evakuiert werden“, so der Polizeiführer vom Dienst, Reiner Germann. Jedoch seien auch in der Biedermannstraße Ziegel heruntergefallen, sodass dort ebenfalls eine Sperrung nötig wurde. Zudem seien Unterführungen in der Permoser Straße auf Höhe der Ostheimstraße und in der Püchauer Straße für Autos nicht passierbar.

Für Feuerwehrsprecher Joachim Petrasch waren die Einsätze nichts Besonderes. "Bei solchen Unwetter fahren wir immer zu rund 100 Einsätzen", sagte er am Donnerstag. Am Morgen seien seine Kollegen noch mit Aufräumarbeiten beschäftigt gewesen. Dabei seien meist umgestürzte Bäume und große Äste zerkleinert worden.

Am Flughafen Leipzig/Halle erreichten die Sturmböen Geschwindigkeiten von bis zu 90 Kilometern pro Stunde. „Das entspricht der Windstärke 10“, erklärte der diensthabende Meteorologe vom Deutschen Wetterdienst in Leipzig, Daniel Hogh-Lehner, gegenüber LVZ-Online. „In Richtung Stadt war es etwas entschärfter.“

Wenige Kilometer weiter nördlich in Halle/Saale kam die Polizei bei den vielen Notrufen nach eigenen Angaben nicht hinterher. Im Saalekreis wurden Stromausfälle gemeldet.

Im Harz trafen laut Polizei heftige Niederschläge vor allem Quedlinburg. Dort seien teils tennisballgroße Hagelkörner auf Straßen und Autos geprasselt. Ein Sprecher des Polizeireviers in Halberstadt sprach von 70 beschädigten Fahrzeugen. Eine Frau erlitt durch Hagelschlag eine Kopfplatzwunde. Wegen umgestürzter Bäume blieben am Donnerstagmorgen im Harz noch einige Landstraßen gesperrt.

Die schwersten Zwischenfälle in Sachsen gab es nach Polizeiangaben in Ruppersdorf bei Zittau und in Chemnitz, wo jeweils nach einem Blitzeinschlag ein Dach in Brand geriet. Verletzt wurde niemand. In Ruppersdorf wird der Schaden auf 50 000 Euro geschätzt, in Chemnitz entstand kein größerer Schaden.

stb/mro/dpa