Unwetterartige Gewitter tobten Mittwochabend über dem östlichen Kyffhäuserkreis und hielten Feuerwehren in Atem. Eine Windhose fegte durch Udersleben. Der Zirkus in Roßleben verlor sein Tierzelt und Straßen in Artern waren überschwemmt.

Kyffhäuserkreis. Es fing an wie ein ganz normales Gewitter. Dunkle Wolken zogen heran, der Wind frischte auf, dicke Tropfen fielen. Dann ließ der Regen wieder nach.

Doch das war am Mittwochabend gegen 20 Uhr im Kyffhäuserkreis nur die Ouvertüre für ein weitaus heftigeres Unwetter, das im Ostkreis vor allem in Udersleben, Artern und Roßleben wütete. Durch Udersleben muss sogar eine Windhose gezogen sein. Vom Ortseingang am Bürgerhaus aus wühlte sie sich durch Wipfel und Dächer, deckte am Haus von Günther Schacke etliche Ziegel ab, warf bei Hans-Jörg Müller eine große, alte Linde um, entwurzelte auf dem Friedhof eine riesige Tanne und übersäte den Sportplatz mit abgerissenen Ästen und Zweigen.

"Ich hab vorm Haus gestanden und ein Bier getrunken und auf einmal sehe ich, wie die Linde um 90 Grad umgebogen wird, bis die Wurzeln aus dem Boden schießen und der Baum umfällt", erzählt Müller im TA-Gespräch. Nach seinem Gefühl hat das Ganze höchstens eine halbe Minute gedauert.

Auch Günther Schacke ist erschrocken über die Kräfte, die da wüteten. "Von den Dachziegeln war jede zweite festgenagelt, die hat es einfach rausgerissen", berichtet er. In seinem Garten wurde außerdem noch eine Tanne umgeworfen. Und Nachbarn erzählten ihm, wie der Sturm an ihrem Nussbaum die Krone abbrach und davontrug. Auch an der großen Blutbuche auf dem Friedhof brachen starke Äste ab. Die Feuerwehren Udersleben und Bad Frankenhausen hatten schon in der Nacht alle Hände voll zu tun, sicherten zum Beispiel Schackes Dach mit einer Plane ab. Gestern war Aufräumen angesagt. Mit der Motorsäge wurden die beschädigten Bäume ausgeästet bzw. zerlegt und fortgeschafft. Und die Drittklässler aus der Grundschule, die zum Unterricht auf den Sportplatz kamen, trugen dort erst mal das Bruchholz zusammen.

Chaos aus Sturm und peitschendem Regen

Auch in Roßleben tobte das Unwetter heftig. Auf den Straßen in Richtung Wiehe und Ziegelroda sowie in der Bahnhofstraße musste die Feuerwehr heruntergebrochene Äste beseitigen, in der Goethe-Straße einen Keller auspumpen und die Straße in Richtung Bottendorf von Schlammmassen befreien.

Besonders schlimm traf es den Zirkus Americano, der gerade auf dem Gelände der ehemaligen Zuckerfabrik gastiert. Dort zerfetzte der Sturm das große Tierzelt, in dem die Boxen der Pferde und Kamele untergebracht sind, wirbelte Planen und Eisenstangen durch die Luft. Die Zirkusleute stürzten hinaus in das wilde Chaos aus Sturm und peitschendem Regen, brachten die Tiere in den Lkw-Anhängern in Sicherheit.

Gestern räumte die 18-köpfige Mannschaft ihren Platz auf und blickte etwas ratlos in die Zukunft. "Unsere Autos sind alle versichert, aber für die Zelte nimmt uns keiner auf", sagt Jessica Köllner. In der Zirkuskuppel läuft sie übers Seil, führt atemberaubende Artistik vor. Ihr Mann Jürgen Köllner wirft Messer und schwingt Peitschen. Nun sehen die unerschrockenen Leute ihre Existenz bedroht. Zum Glück hat das große, runde Zirkuszelt den Sturm völlig unbeschadet überstanden. Hier finden alle Vorstellungen wie geplant statt.

"Wir können erst weiter ziehen, wenn wir ein Tierzelt haben", sagt Jessica Köllner. Und weiter: "Das ist nicht unsere Masche, uns irgendwo festsetzen und um Hilfe bitten. Wir sinds ja gewohnt, redlich unser Geld zu verdienen." Wenn die Vorstellungen gut besucht würden - es wäre schon eine große Hilfe. Ansonsten ist unter (0177) 8 90 71 48 jede Unterstützung willkommen.

Auch in Artern trieben Notrufe die Feuerwehrleute hinaus ins Unwetter. Sie mussten in der Schönfelder und der Salinestraße große Äste von der Fahrbahn räumen. Auf dem Königstuhl, in der Kurve Puschkin- und Breitscheid-Straße und in der Altstadt standen Straßen unter Wasser. Die Kameraden nahmen verstopfte Gullys heraus, damit es besser abfließen konnte, und kamen erst in der Nacht, bis auf die Knochen durchnässt, wieder nach Hause.

Im Westkreis waren Sondershausen, Großfurra und Ebeleben von dem Unwetter betroffen. Insgesamt registrierte die Rettungsleitstelle zwischen 20 und 22 Uhr weit über 100 Anrufe. An der Arterner Station des Deutschen Wetterdienstes wurden Mittwochabend 30,5 Liter Regen pro Quadratmeter gemessen. Die heftigste Windböe traf hier um 20.28 Uhr auf das Messgerät mit fast 94 km/h. Das ist schon schwerer Sturm.