Jörg Kachelmann ist einer der Wetterexperten in Deutschland und in einer Kolumne auf T-Online äußerte er sich zu der momentanen bösen Hitzewelle Sommermärchen.
jörg kachelmann
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Manchmal bestimmt Mesut Özil nicht nur die Medienagenda für ein paar Tage, sondern für einen Sommer. Natürlich nicht er alleine, sondern "Die Mannschaft". Man kann das wunderbar vergleichen mit 2006. Damals war der Juli noch mal zwei Grad wärmer als der Juli 2018, also noch mal 50 Prozent weiter über dem Durchschnitt, aber das, was de facto viel schlimmer war als heute, war damals keine böse Hitzewelle, die alles kaputtmachte, sondern ein WM-Sommertraum oder meist das legendäre "Sommermärchen".

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Ja, die Daten der Vergangenheit müssen immer abgeglichen werden, damit man ein vollständiges Bild bekommt und vergleichen kann. Kachelmann fährt dann fort und relativiert die Lage der Hitze noch einmal:
Heute ist alles anders. Nicht nur ist die Hitze eine ganz böse geworden, obwohl sie zumindest bisher weniger schlimm war als 2006 oder 2003, sie wird sogar von weiten Teilen der Medien und Parteien fälschlicherweise als Ursache für die Probleme in der Landwirtschaft, in den Flüssen und Wäldern angesehen. Das ist atemberaubender Unfug, weil die Hitze erst seit gut einer Woche in unser Land gekommen ist, und die eigentliche Ursache für die Misere, die Dürre, schon seit mehreren Monaten vor allem in der Mitte und im Norden Deutschlands herrscht.

Die Temperaturen bis heute wären ein Garant für Rekordernte in fast allen Bereichen, hätte es im ganzen Land immer wieder mal geregnet wie im Süden, der auch gestern wieder durch Schauer und Gewitter bedacht wurde. Die vielfältigen Berichte und Sondersendungen, die immer von einer Hitzewelle sprachen und dann Auswirkungen von Dürre zeigten, waren für mich der bisherige Fake-News-Höhepunkt des Jahres - Dürre kann es bei jeder Temperatur geben, gerade in den Frühlingsmonaten war es bei durchaus jahreszeitgemäßen Temperaturen schon zu trocken.

Das Argument, dass die Hitze jetzt alles noch schlimmer mache, weil nun Wasser mehr verdunsten würde, ist völlig abseitig, weil es in den trockenen Böden nichts mehr zu verdunsten gibt. Die hohen Temperaturen schaffen allenfalls neue Probleme in Bächen und Flüssen, weil verschiedene Fischarten bei uns nicht jede Temperatur überleben. Wir werden in den nächsten Tagen entsprechend mehr über Fischsterben hören - allerdings war auch da Dürre first, wenn die Flüsse genug Wasser führten (wie im viel heißeren Juli 2006), dann könnte die Hitze das viel grössere Wasservolumen nur unmaßgeblich aufheizen.

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Kachelmann berichtet dann weiter auch gegen die Rolle der Medien und dass sie Panik verbreiten:
So hätte es eigentlich für die Fraktion Klimaforscher/Grüne/Greenpeace ein guter Sommer in der Form werden können, indem mit Fug und Recht einfach hätte behauptet werden können: Wir haben es ja schon immer gesagt. Leider reicht es einem Teil dieser Leute nicht, Triumph zurückhaltend zu genießen, zumal er mit einem traurigen Anlass verbunden ist. Wir konnten in vielen Medien all die frei erfundenen Räubergeschichten lesen - vom "Hitzering über der Nordhemisphäre" und dass es nun überall gleichzeitig Hitzerekorde geben würde, was in keiner Form der Wahrheit entsprach. Es ist immer schade, wenn Journalisten Unsinn wiedergeben, ohne die Fakten selber noch mal zu checken.

Es war auch in diesem Jahr immer so, dass über die gesamte Nordhemisphäre die Gebiete mit überdurchschnittlichen und unterdurchschnittlichen Temperaturen ausglichen und entsprechend zu einer hemisphärischen Abweichung von rund 0 Grad führten, wie Kollege Ryan Maue darstellen konnte:


Auch wenn das überhaupt nicht gegen den Klimawandel und die damit verbundenen Vorhersagen für uns spricht, sei auch erwähnt, dass in dieser Woche im Mittleren Westen der USA neue Allzeit-Kälterekorde registriert wurden. Alle Berichte in wunderbar schrecklichen Farben, die von einer hemisphärischen Hitzedröhnung sprachen, waren schlicht gelogen - es kann eben nie genug sein.

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In den weiteren Teilen seiner Kolumne scheint Kachelmann einen Schwachpunkt zu haben. Das betrifft alternative Ideen und Politik und er sollte lieber nur beim Wetter bleiben - denn dort ist er wirklich ein Experte. Dabei kritisiert er berechtigt, dass Ventilatoren und Klimaanlagen nicht schädlich für Menschen sind und dass in vielen Bereichen eine Bildungsferne herrscht. Unrecht hat er bei seiner Kritik gegenüber Trump und dass er nur von den "schlecht Ausgebildeten gewählt" wurde. Er hat auch recht, dass natürlich sehr viel Unfug veröffentlicht wird, doch der Teufel steckt wie immer Detail und man kann nicht alle alternativen Ideen in Schwarz und Weiß einteilen.