Lynne Forrest
Die Autorin Lynne Forrest
Ob wir uns darüber bewusst sind oder nicht, reagieren die meisten von uns auf das Leben wie Opfer. Immer wenn wir uns weigern, Verantwortung für uns selbst zu übernehmen, treffen wir unbewusst die Wahl, wie ein Opfer zu reagieren. Dies verursacht unausweichlich Gefühle von Ärger, Angst, Schuld oder Unzulänglichkeit und lässt uns mit dem Gefühl zurück, von anderen betrogen oder ausgenutzt worden zu sein.

Drama-Dreieck, Opfer-Rolle
Das Drama-Dreieck
Die Opferrolle kann durch drei Positionen definiert werden, die sehr treffend in einem Diagramm dargestellt werden, die von einem sehr respektierten Psychiater und Lehrer der Transaktionalen Analyse, Stephen Karpmann, entwickelt wurde. Er nennt es das 'Drama-Dreieck', ich nenne es das Opfer-Dreieck. Diese Ressource habe ich vor etwa 30 Jahren entdeckt und es wurde zu einem der wichtigeren Werkzeuge in meinem persönlichen und professionellen Leben. Je mehr ich das Opfer-Dreieck auf Beziehungen anwende, desto größer wird meine Wertschätzung für dieses simple und doch so wirksame und präzise Instrument.

Manchmal habe ich mich auf das Opfer-Dreieck als "Scham-Erzeuger" bezogen, weil wir dadurch unbewusst schmerzhafte Lebensthemen wieder aufleben lassen bzw. neu inszenieren, die zu einem Schamgefühl führen. Das wirkt auf so eine Weise, dass alte, schmerzhafte Glaubenssätze verstärkt werden, die uns in einer begrenzten Version der Realität gefangen halten.

Ich glaube, dass sich jede dysfunktionale Interaktion, sei es in Beziehung mit anderen oder mit sich selbst, innerhalb eines Opfer-Dreiecks abspielt. Solange wir uns dieser Dynamiken jedoch nicht bewusst werden, können wir sie auch nicht transformieren. Und solange wir sie nicht tranformieren, können wir uns auf unserer Reise zur Wiedererlangung unseres emotionalen, mentalen und spirituellen Wohlbefindens auch nicht vorwärts bewegen.

Die drei Rollen im Opfer-Dreieck sind der Verfolger/Täter, der Retter und das Opfer. Karpman platzierte diese drei Rollen in einem invertierten Dreieck und beschrieb sie als die drei Aspekte oder Gesichter des Opfers. Egal, wo wir auf dem Dreieck starten, es ist die Opferrolle, in der wir enden. Daher ist es egal, in welcher Rolle im Dreieck wir uns befinden - wir befinden uns so oder so in der Opferrolle. Sobald wir uns im Dreieck befinden, leben wir als Opfer, so einfach ist das!

drama Dreieck
Das Drama Dreieck: Täter - Opfer - Retter


Jede Person hat eine primäre oder ihr vertrauteste Rolle - was ich ihre Start-Position nenne. Dies ist der Ort, an dem wir das Dreieck im Allgemeinen betreten oder darauf "einsteigen". Unsere Start-Position lernen wir als Erstes in unserer Herkunftsfamilie. Obwohl jeder von uns im Allgmeinen eine Rolle innehat, mit der wir uns am meisten identifizieren, rotieren wir, sobald wir uns im Dreieck befinden, automatisch durch alle Positionen hindurch, durchlaufen das Dreieck komplett, manchmal innerhalb von Minuten oder sogar Sekunden, viele Male am Tag.


Die Retter-Start-Positionen (RSP) sehen sich selbst als "Helfer" und "Fürsorgende". Sie brauchen jemanden, den sie retten können (Opfer), um sich lebendig und wichtig zu fühlen. Für RSPs ist es schwierig, sich selbst jemals in einer Opferrolle wahrzunehmen - immerhin sind sie diejenigen mit den Antworten.

Auf der anderen Seite stehen die Verfolger-Start-Positionen (VSP), die sich selbst primär als Opfer identifizieren. Sie befinden sich gewöhnlich in einem Zustand vollkommener Verleugnung ihrer Taktiken der Schuldzuweisung anderen gegenüber. Wenn ihnen das mitgeteilt wird, argumentieren sie, dass der Angriff gerechtfertigt und notwendig zum Selbstschutz sei. Diese beiden - der Retter und der Verfolger - stellen die beiden gegenüberliegenden Extreme der Opferrolle dar. Um das jedoch nochmals hervorzuheben: egal, wo wir auf dem Dreieck starten, führen alle Rollen letztlich in die Opferrolle. Das ist unausweichlich.

Ihnen mag aufgefallen sein, dass sich sowohl der Verfolger als auch der Retter auf den beiden obigen Positionen des Dreiecks befinden. Diese Rollenspieler nehmen eine den anderen 'überlegene" Position ein, d.h., sie verhalten sich als wären sie besser, stärker, schlauer, oder mehr "beisammen" als das Opfer. Früher oder später entwickelt das Opfer, das sich in der unterlegenen Position am unteren Ende des Dreiecks befindet, durch das konstante Nach-oben-Schauen einen metaphorischen "steifen Nacken". Indem es sich immer "geringgeschätzt" oder "weniger wert" als andere fühlt, entwickelt das Opfer Groll, und früher oder später folgt die Vergeltung. Eine natürliche Abfolge von Opfer zu Verfolger ist die Folge. Das bringt den Verfolger oder den Retter im Allgemeinen in die Opferrolle. Dies erinnert an das nicht so musikalische Spiel des Stuhltanzes, wo alle Spieler früher oder später auf ihren Positionen rotieren.

Hier ist ein Beispiel: Papa kommt von der Arbeit nach Hause und sieht, wie Mama und das Kind sich streiten. "Räum dein Zimmer auf - oder sonst...", droht Mama. Papa eilt sofort zur Rettung herbei. Er könnte sagen: "Mama, lass den Jungen doch in Ruhe. Er war doch den ganzen Tag in der Schule."

Jede einzelne der verschiedenen Möglichkeiten könnte sich nun abspielen. Vielleicht wird Mama, weil sie sich durch Papa betrogen fühlt, ihren Zorn auf ihn richten. In diesem Fall wird Papa vom Retter zum Opfer. Dann könnten sie einige schnelle Bewegungen durch das Dreieck vollziehen, während das Kind im Hintergrund bleibt.

Oder vielleicht schließt der Junge sich Papa in einem verurteilenden Modus von "Wir verbünden uns gegen Mama" an, oder vielleicht wird der Junge sich auch gegen Papa wenden und Mama retten, indem er sagt: "Kümmere dich um deine eigenen Angelegenheiten, Papa. Ich brauche deine Hilfe nicht!" So läuft es also ab, mit endlosen Variationen, und nichtsdestotrotz bewegen sich alle hin und her - von einer Ecke des Dreicks in die nächste. In vielen Familien ist dies für die Familienmitglieder die einzig bekannte Art, wie miteinander umgegangen wird.

Unsere Start-Position auf dem Opfer-Dreieck ist nicht nur jene Position, auf der wir das Dreieck am häufigsten betreten, es ist außerdem die Rolle, durch die wir uns letztendlich selbst definieren. Sie wird zu einem starken Teil unserer Identität. Jede Start-Position hat ihre eigene ganz bestimmte Art, wie sie die Welt sieht und auf sie reagiert. Wir alle haben unbewusste Kern-Glaubenssätze aus der Kindheit, die ein Resultat davon sind, wie wir frühe Familieninteraktionen interpretiert haben. Diese werden zu "Lebensthemen", die uns dafür prädisponieren, unbewusst eine bestimmte Start-Position auf dem Dreieck auszusuchen.

Sallys Mutter war körperlich behindert und abhängig von Medikamenten. Bereits in Sallys frühester Erinnerung fühlte sie sich letztendlich verantwortlich für ihre Mutter. Anstatt die angemesse Fürsorge von einem Elterteil zu bekommen, das sich um ihr Wohlergehen sorgte, wurde sie das "kleine Elternteil" einer Mutter, die die Rolle des hilflosen Kindes spielte. Dieses Kindheits-Szenario stattete Sally mit einem "Lebensskript" aus, das sie dafür prädisponierte, eine Retter-Start-Position (RSP) einzunehmen. Sich um andere zu kümmern wurde zu ihrer primären Art, ihre sozialen Beziehungen mit anderen zu führen.

Genau wie Sally haben RSPs den unbewussten Kern-Glaubenssatz, der in etwa so lauten könnte: "Meine Bedürfnisse sind nicht wichtig ... Ich werde nur für das geschätzt, was ich für andere tun kann." Natürlich bedeutet der Glaube an diese Überzeugung, dass sie jemanden in ihrem Leben hat, den sie retten kann (ein Opfer). Wie sonst soll sich jemand wie Sally nützlich und wertvoll fühlen?

Sally würde niemals zugeben, ein Opfer zu sein, denn aus ihrer Sichtweise heraus ist sie diejenige, die die Antworten haben muss. Nichtsdestotrotz rotiert sie tatsächlich regelmäßig auf dem Dreieck durch die Opferrolle. Ein RSP in der Opferrolle wird zu einem Märtyrer, der sich lauthals beschwert: "Nach allem, was ich für dich getan habe ... das ist der Dank, den ich bekomme!"

Verfolger-Start-Positionen sehen sich hingegen als Opfer mit dem Bedürfnis nach Schutz. Das ist der Grund, warum sie ihr rachsüchtiges Verhalten so leicht rechtfertigen können ... "Sie wollten es so und sie haben bekommen, was sie verdient haben". Das ist ihre Perspektive. Ihr Kern-Glaubenssatz könnte in etwa so lauten: "Die Welt ist gefährlich, den Menschen kann man nicht vertrauen, also muss ich ihnen zuvorkommen, bevor sie mich verletzen." Diese Einstellung versetzt sie in die Position, dass sie denken, angreifen zu müssen, um sich gegen den unausweichlich eintretenden Angriff von außen zu verteidigen.

Während ein RSP sich in die Rolle des Verfolgers bewegen könnte, indem er seine Fürsorge entzieht ("Das war's - Ich werde nichts mehr für dich tun!"), rettet ein VSP auf eine Weise, die fast ebenso schmerzhaft ist, wie wenn sie schikaniert.

Bob ist ein Arzt, der es oft gerechtfertigt hat, andere zu verletzen. Angriff war seine primäre Art, mit Unannehmlichkeiten, Frustration oder Schmerz umzugehen. Einmal zum Beispiel erwähnte er, dass er bei seinem Golfspiel einem seiner Patienten begegnete. Unser Dialog lief in etwa so ab:

"Lynne, kannst du dir das vorstellen, dieser Patient besaß die Frechheit, mich zu bitten, sein Knie zu behandeln, an Ort und Stelle, und das an meinem einzigen freien Tag?"

"Ja", antwortete ich, "einige Leute haben einfach keine angemessenen Grenzen. Wie bist du damit umgegangen?"

"Oh, ich habe ihn behandelt - und wie", lachte er in sich hinein. "Ich nahm ihn mit in die Praxis und verpasste ihm eine Steroid-Injektion, die er niemals vergessen wird!"

Anders ausgedrückt rettete Bob seinen rücksichtslosen Patienten auf eine Weise, die ihn dafür "bestrafte", so dreist gewesen zu sein. Für Bob schien seine Handlung rational, sogar gerechtfertigt zu sein. Sein Patient hatte seine Freizeit angetastet, daher, so glaubte er, verdiente sein Patient die grobe Behandlung von ihm. Das ist ein Paradebeispiel für das Denken von VSPs. Bob erkannte nicht, dass er seinem Patienten auf dessen Bitte auf Behandlung einfach mit 'Nein' hätte antworten können. Er hätte sich weder ungerecht behandelt fühlen, noch seinen Patienten retten müssen. Dass er hätte Grenzen setzen können, war Bob niemals als Option in den Sinn gekommen. Aus seiner Perspektive heraus war er ungerecht behandelt worden und daher hatte er das Recht, ja sogar die Verpflichtung, in die Revanche zu gehen.

Opfer haben ebenfalls Kern-Glaubenssätze, die sie für ihre Start-Position auf dem Dreieck prädisponiert. Opfer-Start-Positionen (OSPs) glauben, dass sie sich nicht um sich selbst kümmern können. Sie sehen sich selbst als durchweg unfähig an, das Leben zu handhaben. Sie retten sogar von einer unterlegenen Position aus, indem sie ihren potentiellen Rettern Dinge sagen wie: "Du bist der/die einzige, der/die mir helfen kann". Das sind Worte, nach denen sich jeder RSP sehnt!

Start-Positionen werden gewöhnlich in der Kindheit angelegt. Wenn ein Elternteil das Kind z.B. nicht dazu bewegt, altersgemäße Verantwortung für sich selbst zu übernehmen, könnten diese zu Erwachsenen werden, die sich entweder unzulänglich fühlen, sich um sich selbst zu kümmern (Opfer-Start-Position) oder die anderen die Schuld dafür geben, dass man sich nicht auf die Weise um sie kümmert, die sie für sich in Anspruch nehmen (eine Verfolger-Rolle). Jede der beiden Varianten ist für lebenslang auf dem Opfer-Dreieck eingestellt.

Es gibt viele Variationen und jeder Fall muss individuell betrachtet werden. Wir agieren diese dreieckigen Verzerrungen nicht nur in unseren alltäglichen Beziehungen mit anderen aus, wir agieren dieses Opfer-Dreieck auch in uns selbst aus. Wir bewegen uns in unserem Denken in diesem Dreieck so schnell hin und her, wie wir es in der Außenwelt tun. Mit einem unehrlichen und dysfunktionalen Dialog fangen wir uns selbst in diesem Dreieck ein. Zum Beispiel könnten wir uns dafür demütigen, ein Projekt nicht beendet zu haben. Vielleicht machen wir uns dafür fertig, faul, inadäquat oder fehlerhaft zu sein (V), was uns dazu bringt, in eine Gefühlsspirale von Ärger und Wertlosigkeit hineinzugeraten. Innerlich ducken wir uns vor dieser schikanierenden Stimme und fürchten uns davor, dass sie Recht hat (O). Wenn wir das schließlich nicht mehr aushalten können, nehmen wir uns selbst aus der Verantwortung, indem wir rechtfertigen, minimieren oder einer Form von Flucht nachgehen. Auf diese Weise retten wir uns selbst (R). Das kann minutenlang andauern, oder auch stunden- oder tagelang.

Manchmal retten wir uns und andere, indem wir leugnen, was wir wissen - in etwa so: "Wenn ich in die andere Richtung schaue und so tue, als ob ich es nicht bemerken würde, dann geht es weg". Leugnen oder inneres Drama jeglicher Art erhält einen Teufelskreis von Scham und Selbsthass aufrecht. Indem man sich auf dem Dreieck hin- und herbewegt, setzen sich die selbst-abwertenden Botschaften fort. Das Opfer-Dreieck wird zu unserer ganz eigenen Scham-erzeugenden Maschine. Es hängt an uns zu lernen, wie man diese lärmende Gedanken-Maschine abschaltet.

Wir können vom Dreieck nicht loskommen, bis wir erkennen, dass wir uns überhaupt darin befinden. Sobald wir es uns bewusst machen, beobachten wir unsere Interaktionen mit anderen, um unsere eigene Start-Position zu identifizieren. Wir stellen Fragen wie "Was lässt mich auf den Zug aufspringen? Von wo aus betrete ich das Dreieck, sobald ich getriggert bin?" Wir fangen damit an, unseren inneren Beobachter dahingehend zu trainieren, ohne Verurteilung unsere Gespräche mit Nahestehenden zu beobachten - ganz speziell jene "heiklen" Momente, wo wir einen Eiertanz aufführen.

Es ist hilfreich zu lernen, worin der Preis und der Nutzen für jede dieser drei Rollen besteht. Jede Rolle hat ihre eigene Sprache, Glaubenssätze und Verhaltensmuster - es ist förderlich, diese zu kennen. Das hilft uns dabei zu identifizieren, wo auf dem Dreieck wir uns befinden. Die Rollen zu untersuchen begünstigt auch ein schnelleres Erkennen, wann wir dazu getriggert werden, mitzuspielen. Lassen Sie uns nun mit all dem im Hinterkopf dazu übergehen, jede Rolle genauer zu untersuchen.

Der Retter

Den Retter könnte man als einen Schattenaspekt des Mutterprinzips beschreiben. Anstelle eines angemessenen Ausdrucks von Unterstützung und Nährung tendiert der Retter dazu, andere zu "ersticken", zu kontrollieren und zu manipulieren - "zu ihrem eigenen Besten" natürlich. Sie haben ein fehlgeleitetes Verständnis davon, was es heißt, andere zu ermutigen, zu bestärken und zu beschützen.

Ein Start-Punkt-Retter ist die klassische ko-abhängige Person. Der SPR neigt dazu, nachgiebig und übermäßig beschützend zu sein - derjenige, der "es in Ordnung bringen" will. Zu retten ist eine Sucht, die aus dem unbewussten Bedürfnis entspringt, sich wertgeschätzt zu fühlen. Es gibt keinen besseren Weg, sich so wichtig zu fühlen, wie man es als ein Retter tut! Sich um andere zu kümmern könnte der beste Spielplan für Retter sein, sich wertvoll zu fühlen.

SPRs wachsen gewöhnlich in Familien auf, in denen ihre Abhängigkeitsbedürfnisse nicht anerkannt werden. Es ist eine psychologische Tatsache, dass wir uns selbst so behandeln, wie wir als Kinder behandelt wurden. Der knospende Retter wächst in einer Umgebung auf, wo seine Bedürfnisse negiert werden. Somit neigt er dazu, sich selbst mit dem selben Grad an Vernachlässigung zu behandeln, wie er es als Kind erfahren hat. Ohne die Erlaubnis, sich um sich selbst kümmern zu dürfen, sacken seine Bedürfnisse in den Untergrund. Stattdessen wendet er sich anderen zu, um die er sich kümmert.

SPRs erfahren oftmals große Befriedigung durch die Identifikation mit ihrer umsorgenden Rolle. Im Allgemeinen sind sie stolz darauf, was für "Helfer" und "Ordnungsbringer" sie sind. Oft sind sie sozial anerkannt, werden sogar belohnt für das, was als "selbstlose Handlungen" der Fürsorge angesehen werden kann. Sie glauben an ihre Güte als Haupt-Fürsorgende und sehen sich selbst als Helden.

Hinter all dem steckt der magische Glaube, der laut ausgesprochen folgendermaßen klingen könnte: "Wenn ich mich lange genug um sie kümmere, dann werden sie sich früher oder später auch um mich kümmern." Wie wir jedoch bereits gelernt haben, geschieht dies nur selten. Wenn wir die Bedürftigen retten, können wir nichts zurück erwarten. Sie können ja nicht einmal auf sich selbst aufpassen - umso weniger können sie also für uns da sein!

Die daraus resultierende Enttäuschung führt bei SPRs oft in eine Spirale der Depression. Sie vermögen es nicht zu erkennen, dass sie sich durch ihre anordnenden und unfähig machenden Antworten selbst geradewegs in Richtung Opferrolle bewegen. Indem sie die abträglichen Konsequenzen des Rettens verleugnen, finden es diese "Wohl-Täter" sehr schwer zu hören, dass man sie als Opfer bezeichnet, selbst wenn sie sich darüber beschweren, wie schlecht sie behandelt werden! Ein SPR wandelt sich zu einem Märtyrer, sobald er sich auf dem Dreieck in die Opferrolle bewegt.

Sich benutzt zu fühlen sowie ausgeliefert, verraten und hoffnunglos sind typisch für die Opferphase eines Retters bei seinem Tanz durch das Dreieck. Geläufige Sätze für den Märtyrer-SPR sind: "Nach allem, was ich für dich getan habe, ist das der Dank, den ich bekomme?" Oder: "Egal, wieviel ich tue - es ist niemals genug". Oder: "Würdest du mich lieben, würdest du mich nicht so behandeln!"

Die größte Angst des SPRs besteht darin, dass sie irgendwann allein gelassen werden. Sie glauben, dass ihr Gesamtwert davon abhängt, wieviel sie für andere tun. Es ist schwierig für sie, zu erkennen, dass ihr Wert jenseits dessen liegt, was sie in Bezug auf "Zeug" oder "Dienstleistungen" anzubieten haben. Auf unbewusster Ebene ermutigen SPRs eine Abhängigkeit, weil sie glauben: "Wenn du mich brauchst, dann wirst du mich nicht verlassen". Sie drängeln sich darum, sich selbst unentbehrlich zu machen, um nicht verlassen zu werden.

SPRs sind sich nicht bewusst über die verkrüppelnde Abhängigkeit, die sie nähren. Sie sind sich nicht gewahr über die unfähig machenden Botschaften, die sie über ihre nachgiebige Interaktion mit anderen aussenden. Je mehr sie retten, desto weniger Verantwortung wird von jenen übernommen, um die sie sich kümmern... Je weniger Verantwortung ihre Zöglinge übernehmen, desto mehr retten sie... Es ist eine Abwärtsspirale, die oftmals im Desaster endet.

Eine SPR-Mutter von zwei Teenager-Söhnen, die außer Kontrolle sind, beschrieb es sehr gut. Sie sagte: "Ich dachte, dass meine Rolle als eine gute Mutter darin lag, sicherzustellen, dass meine Söhne spuren - ich dachte, dass ich sicherstellen sollte, dass sie das Richtige tun. Weil ich glaubte, dass ich verantwortlich für ihre Entscheidungen war, sagte ich ihnen, was sie zu tun hatten und versuchte die ganze Zeit, ihr Verhalten zu kontrollieren."

Sollte sie dann überrascht sein, dass ihre Söhne jedem um sich herum die Schuld geben für die schmerzhaften Konsequenzen, die sie als Resultat ihrer eigenen schlechten Entscheidungen erleben? Genau wie sie haben sie gelernt, dass ihr Verhalten die Verantwortung der Mutter sei und nicht ihre eigene. Ihre unablässigen und vergeblichen Versuche, die Söhne zu kontrollieren, führt zu einem konstanten Kampf zwischen ihnen, was es für die Jungs leicht macht, ihrer Mutter die Schuld für ihre Probleme dank ihrer eigenen Verantwortungslosigkeit zu geben. Aus ihrem Bedürfnis heraus, als "gute Mutter" gesehen zu werden, hat diese co-abhängige Mutter ihren Söhnen unbeabsichtigterweise beigebracht, sich selbst als unglückselige Opfer zu sehen, deren Unzufriedenheit immer die Schuld von jemand anderem ist. Es ist sehr wahrscheinlich, dass mindestens einer der Jungen zu einem Start-Punkt Verfolger wird. Die Verhältnisse sind so beschaffen, dass dies gewiss geschehen wird.

Wie es oft der Fall ist, war diese Mutter überzeugt davon, dass ihre Söhne nicht in der Lage waren, gute Entscheidungen zu treffen. Sie hatte eine lange Liste von Belegen, um ihre Bedenken zu untermauern. Diese angesammelten Belege rechtfertigten ihre "Verpflichtung", die Entscheidungen ihrer Söhne zu kontrollieren. Da sie jedoch bereits Teenager waren, konnte sie deren Folgsamkeit nicht mehr so erzwingen, wie es der Fall gewesen war, als sie noch jünger waren. Es wurde unausweichlich, dass sie sich am Ende hilflos, unzulänglich und wie eine Mutter, die versagt hatte, fühlte (Opfer-Position). Entweder gab sie ihren Forderungen nach oder sie "verurteilte" sie dafür, dass sie nicht auf sie hörten. Bei jeder dieser Varianten fühlten sowohl sie als auch ihre Söhne sich schlecht. Dann kam die Schuld oder Reue, welche sie erneut dazu motivierte, alles noch einmal "in Ordnung zu bringen". Und so befindet sie sich wieder in ihrer ursprünglichen Position des Start-Punkt Retters, so dass der Zyklus von Neuem beginnen würde.

Wir haben bereits Sally kennengelernt, die damit aufwuchs, ihre Mutter als schwach, hilflos und untauglich zu erleben. Von früher Kindheit an fühlte sie eine große Verantwortung, sich um ihr schwächliches, drogenabhängiges Elternteil zu kümmern. Ihr eigenes Wohlergehen hing davon ab! Als die Jahre verstrichen, konnte sie jedoch kaum ihren inneren Zorn zurückhalten, den sie gegenüber ihrer Mutter ob deren Bedürftigkeit und Schwäche empfand. Als ein SPR würde sie alles tun, was sie konnte, um ihre Mutter zu stärken, um jedoch immer wieder daraus mit dem Gefühl hervorzugehen, sich besiegt zu fühlen (Opfer), da nichts von dem funktionierte, was sie versuchte. Unweigerlich jedoch sollte die Wut von ihr Besitz ergreifen und sie dorthin drängen, ihre Mutter mit Geringschätzung zu behandeln (Verfolger). Das wurde ihr vorrangig interaktives Muster - nicht bloß mit ihrer Mutter, sondern auch in anderen Beziehungen. Zu der Zeit als wir zusammentrafen, war sie emotional, physisch und spirituell erschöpft davon, ihr Leben damit zugebracht zu haben, sich um eine kranke und abhängige Person nach der anderen zu kümmern.

Der Retter macht es sich zur Aufgabe, den anderen obenzuhalten - "zu ihrem eigenen Besten" natürlich. Ein Opfer zu haben, ist für den SPR essentiell, damit er die Illusion aufrechterhalten kann, derjenige zu sein, der obenauf ist und nicht bedürftig. Das bedeutet dann, dass es immer zumindest eine Person im Leben eines jeden SPR gibt, die notleidend, krank, fragil, unfähig und daher abhängig ist von ihm. Wenn das vorrangige Opfer des SPRs Verantwortung für sich selbst zu übernehmen beginnt, wird der Retter entweder ein neues Opfer finden müssen oder seine eigenen Schatten-Bedürfnisse angehen müssen.

Unabhängig von den Umständen desjenigen, den ein SPR zu retten bedacht ist - egal wie "stark" das Opfer Hilfe benötigen mag - kann Retten nur an einen Ort führen - den des Opfers. Wenn man hauptsächlich ein Retter ist, bedeutet das nicht, dass man nicht liebevoll, großzügig und gütig sei. Es ist sicherlich möglich, hilfreich und unterstützend zu sein, ohne dass man ein Retter ist. Es besteht ein deutlicher Unterschied zwischen wahrhaftem Helfen und Retten.

Echte Helfer handeln, ohne dafür etwas zurückzuerwarten. Sie bestärken jene denen sie dienen, anstatt sie zu handlungsunfähig zu machen. Was sie tun soll zur Selbstverantwortung ermuntern, anstatt Abhängigkeit zu fördern. Wahre Unterstützer glauben, dass der andere seine eigenen Angelegenheiten selbst regeln kann. Sie glauben, dass jeder das Recht hat, Fehler zu machen und aus manchmal harten Konsequenzen zu lernen. Sie vertrauen darauf, dass der andere über das verfügt, was ihn durch schwierige Zeiten bringen kann, ohne dass sie jene "retten" müssen - so wie Retter.

Start-Punkt-Retter, andererseits, übernehmen keine Verantwortung für sich selbst. Stattdessen tun sie es für andere, in dem Versuch, Wertschätzung zu erfahren oder sich wichtig zu fühlen oder als Weg, um Abhängigkeit zu begünstigen. Das Opfer befindet sich gleich um die Ecke.

Der Verfolger

Wie die anderen Rollen ist jene des Start-Punkt-Verfolgers schambasiert. Diese Rolle wird meist von jemandem eingenommen, der offenen mentalen und/oder physischen Missbrauch während der Kindheit erfahren hat. Als Resultat davon brodeln sie innerlich oftmals insgeheim vor schambasiertem Zorn, der am Ende ihr Leben bestimmt. Um des Überlebens willen unterdrücken SPVs tiefsitzende Gefühle von Wertlosigkeit; sie verstecken ihren Schmerz hinter einer Fassade von indigniertem Zorn und gefühlloser Distanziertheit. Sie könnten sich dazu entscheiden, die hauptsächlichen Verantwortlichen für den Missbrauch in ihrer Kindheit nachzuahmen und sich vorzugsweise mit jenen zu identifizieren, die sie als Besitzer von Macht und Stärke ansehen - anstatt der "drangsalierte Verlierer" am untersten Ende im Haufen des Lebens zu werden. SPVs tendieren dazu, eine Haltung anzunehmen, die besagt: "Die Welt ist hart und gemein ... nur die Rücksichtslosen überleben. Ich werde einer von ihnen sein." In anderen Worten: sie werden zu Tätern. Sie "beschützen" sich selbst, indem sie autoritäre, kontrollierende und direkt bestrafende Methoden benutzen.

In derselben Weise wie der SPR das Schatten-Mutterprinzip ist, ist der SPV das "Schatten-Vaterprinzip". Die Aufgabe eines gesunden Vaters besteht darin, seine Familie zu schützen und für sie zu sorgen. Anstatt fürsorglich die Richtung zu weisen, versucht der SPV diejenigen, die um ihn sind, zu "reformieren" und zu disziplinieren, indem er Manipulation und brachiale Gewalt benutzt.

Der SPV überwindet Gefühle von Hilflosigkeit und Scham, indem er andere über-mannt. Beherrschung wird ihr am meisten vorherrschender Interaktionsmodus. Das heißt, dass sie immer recht haben müssen! Ihre Methoden bestehen aus Mobbing, Predigen, Drohen, Beschuldigen, Belehren, Ausfragen und unverblümtem Angriff. Sie glauben daran, mit anderen abzurechnen - oftmals durch aggressive Handlungen. Genauso wie der Retter jemanden braucht, den er aufrichten muss, braucht der Verfolger jemanden zum Beschuldigen. SPVs lehnen ihre Verwundbarkeit in derselben Weise ab, wie Retter ihre Bedürfnisse verneinen. Ihre größte Angst ist die vor Machtlosigkeit. Weil sie ihre eigene Unzulänglichkeit, Angst und Verwundbarkeit verurteilen und ablehnen, werden sie diese verleugneten Gefühle irgendwo anders hinprojizieren müssen. Mit anderen Worten: sie brauchen ein Opfer. Sie brauchen jemanden, den sie als schwach erachten können, um sich selbst gegenüber die Wahrheit ihrer eigenen destruktiv leidvollen Geschichte über die Welt bestätigen zu können. Sowohl Retter als auch Verfolger "brauchen" unbewusst ein Opfer, um das Bild darüber aufrechtzuerhalten, das sie von sich selbst haben und darüber wie die Welt ist.

SPVs tendieren auch dazu, ihre inneren Gefühle von Wertlosigkeit zu kompensieren, indem sie großspuriges Gebaren an den Tag legen. Grandiosität kommt unvermeidlich von Scham. Es ist eine Kompensation sowie eine Überdeckelung tiefsitzender Minderwertigkeit. Überlegenheit ist der Versuch, extrem zur anderen Seite des Pendels von "weniger als" zu schwingen, um "besser als" zu erscheinen.

Es ist äußerst schwierig für jemanden als Verfolger, Verantwortung für die Art und Weise zu übernehmen, in der er anderen wehtut. Aus ihrer Sichtweise verdienen andere, was man ihnen antut. Diese kriegerischen Individuen sehen sich selbst in einem ständigen Kämpfen-Müssen um ihr Überleben. Das ist für sie ein fortwährendes Ringen, um sich selbst in einer aus ihrer Sicht feindseligen Welt zu schützen.

Joseph stammte aus einer prominenten, reichen Familie. Seine Eltern ließen sich scheiden und sein Vater neigte zu Wut, war zurückgezogen und benutzte sein Geld, um andere zu kontrollieren. Seine Mutter war eine Alkoholikerin, die Männer mit heimbrachte, die sie und auch Joseph während der Jahre seines Heranwachsens missbrauchten. Er lernte frühzeitig, dass seine einzige Chance zum Überleben im Kampf bestand. Joseph ackerte mit gesenktem Kopf durchs Leben - gleich einem Bullen, der in einer Stierkampf-Arena wütet. Er konstruierte sein Leben so, dass es immer einen Feind geben musste, der zu bekämpfen war.

Nach außen hin gab sich Joseph als draufgängerische "Ich pfeif drauf"-Person; er war immer bereit zum Glücksspiel oder für das Eingehen achtloser Risiken im Hinblick auf seine Gesundheit. Doch im Inneren war er verbittert und unglücklich. Er teilte mir mit, wie erschöpft er sich durch die Überzeugung fühlte, ständig auf der Hut sein zu müssen; er verspürte ein verzweifeltes Bedürfnis, in fortwährender Wachsamkeit nach jenen Ausschau zu halten, die ihm oder seinen Lieben wehtun wollten.

Joseph war ständig in Gerichtsverhandlungen involviert und obendrein sogar in Schlägereien. Er musste sich ständig von einer aus der anderen "Patsche" holen. Nach seiner Art zu denken waren diese Vorkommnisse immer die Schuld von jemand anderem. Er konnte nicht dem widerstehen, was er als gerechte Vergeltung ansah. "Ich kann sie nicht damit davonkommen lassen!" war seine üblichste Reaktion.

Joseph sah sich selbst als jemanden an, der nicht den Schutz erhielt, den er verdiente. Diese Überzeugung rechtfertigte für ihn, die Dinge in seine eigenen Hände zu nehmen. Zumindest sah er das so. Er traute niemandem. Nicht einmal seine Eltern waren vertrauenswürdig gewesen, auf wen konnte er dann also überhaupt zählen? Diese Haltung brachte ihn dazu, in einer Haltung beständiger Verteidigung zu verharren. Er musste für den nächsten Angriff bereit sein!

Joseph ist ein Beispiel für einen klassischen Startpunkt-Verfolger. Es ist einfach anzunehmen, dass Verfolger "schlechte" Menschen sind. Das sind sie nicht. Sie sind einfach verwundete Individuen, die die Welt als gefährlich ansehen. Das erfordert es von ihnen, dass sie immer bereit sein müssen, zurückzuschlagen. Sie leben in einer ständigen Abwehrhaltung.

Für SPVs ist es immer schwierig, sich selbst als Verfolger wahrzunehmen. Es ist viel leichter, die Notwendigkeit von Verfolgung (hierin identifizieren sie sich mit der Opferrolle) zu rechtfertigen, anstatt sich ihre Unterdrücker-Rolle einzugestehen. Der SPV-Zyklus sieht ungefähr so aus: "Ich versuchte bloß zu helfen (Retter), und dann wandten sie sich gegen mich (Opfer), deshalb musste ich mich durch Zurückschlagen verteidigen (Verfolger)."

Es kann sich für jemanden, der im Verfolger-Bewusstsein feststeckt, sehr bedrohlich anfühlen, wirklich ehrlich mit sich selbst umzugehen. So etwas zu tun fühlt sich an, als würden sie sich selbst beschuldigen - was nur ihre innere (Selbst-)Ablehung intensiviert. SPVs brauchen eine Situation oder Person, der sie die Schuld zuweisen können, damit sie weiterhin wütend bleiben können. Wut kann einem SPV als Antrieb zur Energetisierung innerhalb der Psyche dienen. Es mag für sie der einzige Weg sein, der ihnen im Umgang mit chronischer Depression zur Verfügung steht. SVPs brauchen oftmals einen Abschubs durch Wut in derselben Weise, wie andere Menschen auf einen Schub Koffein angewiesen sind. Es bringt sie auf Touren und versorgt sie mit der Energie, die sie brauchen, um sich auf den Beinen zu halten.

Ebenso wie bei den anderen Rollen ist Selbst-Verantwortung für den SVP der einzige Weg, aus dem Opfer-Raster herauszukommen. Es muss eine Art von Durchbruch von ihrer Seite aus geben. Doch wegen ihres großen Widerstandes gegen so etwas muss es wahrscheinlich leider in Form einer Krise passieren.

Ironischerweise verläuft ein Hauptausweg aus dem Drama-Dreieck über die Verfolger-Position. Das heißt nicht, dass wir Verfolger werden. Aber es bedeutet, wenn wir uns einmal dazu entschließen, vom Dreieck herauszusteigen, dass dann höchstwahrscheinlich jene da sein werden, die uns als Verfolger ansehen. ("Wie kannst du mir das antun?") Sobald wir uns dazu entscheiden, Selbst-Verantwortung zu übernehmen und unsere Wahrheit auszusprechen, werden jene, die sich noch immer auf dem Dreieck befinden, uns wahrscheinlich beschuldigen, dass wir sie zum Opfer zu machen. "Wie kannst du es wagen, dich zu weigern, dich um mich zu kümmern", könnte ein Opfer ausrufen. Oder: "Was heißt das, du brauchst meine Hilfe nicht?" könnte ein Haupt-Fürsorger tobend rufen, wenn sich ihr Opfer entschließt, Verantwortung zu übernehmen. In anderen Worten: Um dem Opfer-Raster zu entkommen, müssen wir gewillt sein, als die "schlechte Person" erachtet zu werden. Das macht uns nicht dazu, aber wir müssen gewillt sein, dieses Unbehagen auszuhalten, auf diese Weise wahrgenommen zu werden.

Das Opfer

Die Rolle eines Startpunkt-Opfers ist ebenfalls ein Schattenaspekt. Es ist der verwundete Schatten unseres inneren Kindes: jener Teil von uns, der unschuldig, verwundbar UND bedürftig ist. Dieses Kind-Selbst braucht gelegentlich Unterstützung - das ist natürlich. Nur wenn wir davon überzeugt werden, dass wir uns nicht um uns selbst kümmern können, werden wir zum Opfer. Der Glaube, dass wir zerbrechlich, kraftlos oder mangelhaft seien, lässt uns weiterhin Rettung brauchen. Das verbannt uns zu einem Leben lähmender Abhängigkeit in unseren primären Beziehungen.

Ein SPO hat eine Definition über sich selbst akzeptiert, die besagt, dass sie innerlich kaputt und unfähig seien. SPOs projizieren eine Haltung der Schwäche, Zerbrechlichkeit oder dass sie nicht gescheit genug sind - im Grunde: "Ich kann es nicht selbst tun." Ihre größte Angst besteht darin, es nicht zu schaffen. Diese Angst zwingt sie dazu, immer Ausschau nach jemand Stärkerem oder Fähigerem zu halten, der sich um sie kümmert.

SPOs verkennen sowohl ihre Problemlöse-Fähigkeiten sowie ihr Potenzial für selbst erzeugte Kraft. Stattdessen sehen sie sich selbst als unfähig an, im Leben zurechtzukommen. Während sie sich kaputtgemacht fühlen, ausgeliefert, misshandelt, intrinsich mangelhaft oder "falsch", sehen sie sich selbst als gebrochen und nicht heilbar an. Das hindert sie nicht daran, sehr verärgert gegenüber jenen zu sein, von denen sie abhängig sind. So sehr sie auch darauf bestehen, von ihren primären Rettern umsorgt zu werden ... schätzen sie es trotz alledem überhaupt nicht, an ihre Unzulänglichkeit erinnert zu werden.

Es ist genau das was ein Retter sucht (Bestätigung und Wertschätzung), was Opfer am meisten zu geben hassen, da es für sie eine Erinnerung an ihre eigenen Defizite ist. Stattdessen nehmen sie die dargebotene Hilfe übel. SPOs werden es am Ende leid, derjenige in der Unter-Position zu sein und fangen an, nach Wegen zu suchen, um sich gleichwertig zu fühlen. Leider beinhaltet das für gewöhnlich eine Form von "Heimzahlung."

Für ein SPO bedeutet ein Zug zum Verfolger auf dem Dreieck normalerweise, die Bemühungen zu sabotieren, die in ihre Rettung gesteckt werden - oftmals durch passiv-aggressives Verhalten. Zum Beispiel sind sie gut darin, ein Spiel namens "Ja, aber..." zu spielen.

Es funktioniert in etwa so ...

Der SP-Retter macht einen hilfreichen Vorschlag zu einer Klage oder einem Problem, das vom Opfer geäußert wird. Das SPO (Opfer) dreht den Vorschlag sofort mit einer Erwiderung wie dieser um: "Ja, aber das wird nicht funktionieren, weil...". Das SPO fährt fort, mit "Ja, aber" auf alle Vorschläge zu reagieren, während der Retter vergeblich versucht, eine Lösung zu finden. Das SPO ist entschlossen zu beweisen, dass sein Problem unlösbar ist, daher bringt es den Retter aus der Fassung und lässt ihn genauso machtlos zurück, wie das SPO sich von Natur aus fühlt. Er könnte sich auch der Verfolger-Rolle bedienen, indem er andere beschuldigt oder sie so manipuliert, dass er sich um sie zu kümmern kann.

Überzeugt von ihrer inneren Inkompetenz leben SPOs in einer dauerhaften Spirale der Scham, die oft zum Selbst-Missbrauch führt. Missbrauch von Drogen, Alkohol und Essen, sowie Glücksspiel und unkontrollierte Ausgaben sind nur einige der selbstzerstörerischen Verhaltensweisen, die von SPOs praktiziert werden. SPOs laufen ziemlich genau so herum wie die Charlie-Brown-Figur Pig-Pen in ihrem Wirbelwind aus Staub - nur dass Opfer in einem selbsterzeugten Wirbel aus Scham leben. Diese Wolke der Mangelhaftigkeit wird zu ihrer gesamten Identität.

Linda war die Zweitgeborene in ihrer Familie. Fast von Geburt an hatte sie Probleme. Linda war das Kind, das immer in der einen oder anderen Art von Problemen steckte. Sie hatte Schwierigkeiten in der Schule, störte ständig und war oft krank. Für niemanden war es eine Überraschung, als sie als Teenager zu Drogen griff. Ihre Mutter Stella war eine schwer totzukriegende Retterin. Überzeugt von Lindas Unfähigkeit und denkend, dass sie eine Hilfe wäre, holte Stella Linda jedesmal aus der Patsche, wenn diese in Probleme geriet. Durch fortwährende Abmilderung der natürlichen Konsequenzen von Lindas Entscheidungen beraubte Stellas ernsthaftes Einschalten Linda der Möglichkeit, aus ihren Fehlern zu lernen. Als Ergebnis begann Linda sich selbst zunehmend als inkompetent anzusehen und wurde abhängiger von anderen. Die gutgemeinten Rettungen ihrer Mutter sandten eine lähmende Botschaft, die für Linda eine lebenslange Opferhaltung bestärkte.

Da SPOs oftmals die identifizierten Probleme in ihrer Familie sind, ist es für sie natürlich, als Erstes professionelle Hilfe von Außen zu suchen. Oftmals werden sie von gestressten Familienmitgliedern in ihre erste Therapie-Stunde gezerrt. SPOs tendieren immer dazu, Ausschau nach einem weiteren Retter zu halten - und SPRs (Start-Punkt-Retter) sind in den helfenden Berufen zahlreich vorhanden. In diesem Fall kann sich der Fachmann unweigerlich selbst im Dreieck mit einem geübten, und sehr überzeugenden, Opfer wiederfinden. Das bedeutet, dass das Grundproblem niemals thematisiert wird.

Diejenigen in Opfer-Hauptrollen müssen lernen, Verantwortung für sich selbst zu übernehmen und damit beginnen, sich um sich selbst zu kümmern anstatt außerhalb ihrer selbst nach einem Retter zu suchen. Wenn sie dem Dreieck entkommen wollen, müssen sie ihre tiefsitzende Überzeugung, dass sie sich nicht um sich selbst kümmern können, in Frage stellen. Anstatt sich selbst als machtlos anzusehen, müssen sie ihre Problemlösungsfähigkeiten sowie ihre Führungsqualitäten anerkennen.

Denn es ist wahr, - egal wer uns als SPO "zu retten" versuchen mag, egal wieviel Geld sie geben oder wie wahrhaftig unsere Absichten sein mögen, es "besser zu machen" - dass das Spielen der Opferrolle uns immer an einen Ort zurückführen wird: direkt zurück zum Opfer. Es ist ein endloser Kreislauf, sich unterlegen und wertlos zu fühlen. Es gibt keinen Ausweg außer der völligen Übernahme von Verantwortung für unsere eigenen Gefühle, Gedanken und Reaktionen.

Startpunkt-Überzeugungen

Jede Startpunkt-Position verfügt über ein "Drehbuch", das für ihren jeweiligen Tanz um das Dreieck erstellt wurde. Diese "Drehbücher" bestehen aus einem bestimmten Satz an Überzeugungen, durch den die Welt und wir selbst gesehen werden.

Die Retter-Geschichte

Retter glauben, dass ihre Bedürfnisse unwichtig und irrelevant sind. Das bedeutet, dass der einzige Weg, auf dem sie legitim zu anderen Verbindung herstellen können darin besteht, sich über die Hintertür der Fürsorge wertgeschätzt fühlen zu können und ihre Bedürfnisse erfüllt zu bekommen. Retter kasteien sich selbst, wenn sie sich nicht um andere kümmern. Ihre Startpunkt-Geschichte ist: "Wenn ich mich gut und lange genug um andere kümmere, dann werde ich erfüllt sein. Es ist der einzige Weg, geliebt zu werden." Unglücklicherweise haben Retter mit lebenslänglichen Opfern zu tun, die keine Ahnung haben, wie man für sie da sein kann. Das bestärkt die Geschichte des SG-Retters, die besagt, dass sie nicht bedürftig sein sollten, was dann weitere Scham und eine tiefere Abwehr bezüglich ihrer eigenen Bedürfnisse erzeugt.

Die Opfer-Geschichte

Schuld und Scham sind die Triebkräfte für das Fortbestehen des Dreiecks. Schuld wird oft von Opfern in dem Bemühen genutzt, ihre Retter so zu manipulieren, dass diese sich um sie zu kümmern: "Wenn du es nicht tust, wer dann?" Die Geschichte des Opfers sagt, dass sie nicht selbst dazu imstande sind und sie beweisen es sich immer und wieder selbst auf dem Dreieck. Sie glauben, dass sie von Natur aus mangelhaft und unfähig sind, und so verbringen sie ihr Leben damit, nach jemandem Ausschau zu halten, der sie "rettet." Obwohl es das ist, was sie fühlen haben zu müssen, sind sie gleichzeitig über ihre Retter verärgert, da sie sich herabgesetzt und von ihren Fürsorgern von oben herab behandelt fühlen.

Die Verfolger-Geschichte

Verfolger, die glauben, dass die Welt gefährlich sei, benutzen Angst und Einschüchterung als Werkzeuge, um andere an ihrem Platz zu halten. Was sie nicht sehen, ist, dass ihre Methoden zum Bieten von "Schutz" dahin führen, ihnen zu beweisen, dass das Leben in der Tat so gefährlich ist wie sie es von ihm glauben. Ihre Geschichte sagt, dass sie unschuldige Zuschauer in einer gefährlichen Welt sind, wo andere immer darauf aus sind ihnen zu schaden. Es geht um das Überleben der Stärksten und ihre einzige Chance besteht darin, zuerst zuzuschlagen. Diese Geschichte hält sich in einem fortlaufenden Modus Operandi von Verteidigung/Angriff.

Schatten der Opferrolle

Die Platzierung der drei Positionen auf einer geraden Linie mit dem Opfer in der Mitte ist ein Weg, um aufzuzeigen, dass der Verfolger und der Retter einfach die zwei Extreme oder Schatten-Aspekte des Opferdaseins sind.

Verfolger -- OPFER -- Retter

Alle drei Rollen sind verzerrte Ausdrucksweisen positiver Kräfte, die wir als Menschen besitzen, denen wir uns auf dem Opferdreieck jedoch verweigern oder die wir verdrängen. Unsere Start-Punkt Position auf dem Dreieck zu identifizieren kann uns dabei helfen diese Aspekte, die wir verleugnen, in uns selbst zu erkennen.

Wenn wir uns zum Beispiel hauptsächlich als Vermittler und Fürsorger ansehen, dann lehnen wir unsere eigene Kraft ab, indem wir unangemessene Grenzen setzen. Wir besetzen die Retter-Position.

SPRs haben eine natürliche Fähigkeit zu organisieren, sowie eine wundervolle fürsorgliche Begabung. Doch wenn ein SPR sich selbst den Nutzen dieser Fähigkeiten verwehrt - also sich selbst Fürsorge oder das Setzen von Prioritäten verweigert ... dann wird er sich darin wiederfinden, sich zwanghaft mit dem Leben anderer zu beschäftigen und darin zu intervenieren (oder sich einzumischen) - sehr oft auf ungesunde Weise. Er wird zu jemandem, der die Verantwortung für jeden außer für sich selbst übernimmt.

Diese Eigenschaften gelten im Allgemeinen als hauptsächlich feminine Eigenschaften - daher kann der SPR als verzerrte Äußerung des femininen Aspekts gesehen werden.

Der Verfolger, andererseits, verfügt über einen tiefsitzenden Sinn für Gerechtigkeit. Er glaubt an die Anwendung von Macht und Durchsetzungsvermögen. Es ist an sich nichts falsch an diesen Fähigkeiten; sie sind in der Tat wichtig zur Selbstfürsorge. Dennoch wird ein SPV diese Gaben in verzerrter Form ausüben. Wenn diese essentiell männlichen Eigenschaften von Schutz, Führung und Grenzziehung nicht vollkommen anerkannt und beansprucht werden - wenn sie abgelehnt werden, dann führt das dazu, dass sie in unbewusster und verantwortungsloser Weise ausgedrückt werden - daher kann ein SPV als verzerrter Ausdruck des maskulinen Aspekts angesehen werden.

Angriff wird für den SPV die akzeptierte Form, diese Kräfte auszudrücken und dann wird sie als notwendige Verteidigung gerechtfertigt. Gleichzeitig wird ein SPV sich selbst nur als das unschuldige Opfer sehen... "Sie haben mir wehgetan - ich musste mich selbst durch Zurückschlagen schützen." Es ist hart für jeden von uns, zuzugeben, dass wir Menschen schlecht behandeln. Verfolger rechtfertigen ihr verletzendes Verhalten mit "guten Gründen" ("... weil sie mir etwas angetan haben" oder "weil sie mir etwas weggenommen haben") und dadurch ist es für sie, in ihrem Denken, in Ordnung, "zurück" zu verletzen. Das ist typische Verfolger-Mentalität. SPVs haben ihre kümmernden, fürsorgenden Eigenschaften unterdrückt und tendieren stattdessen zu Problemlösungen durch Wut, Missbrauch und Kontrolle.

Hier ist ein typisches Beispiel, das leicht in einer Beziehung aufkommen könnte...

Don kam zu spät zum Abendessen nach Hause. Ann, seine Frau, war verärgert. Sie hatte ein gutes Essen vorbereitet und es stand nach einer Stunde noch immer da, ungegessen und kalt. Wie bei vielen SPVs ist es Anns Tendenz, das Schlimmste zu vermuten ("Er hat mir das angetan") und anzugreifen. Anstatt also bei ihrem Ehemann nachzufragen, schießt sie sofort los mit: "Du hast mir gesagt, du würdest rechtzeitig hier sein! Du hast gelogen! Ich kann dir nie vertrauen, mir die Wahrheit zu sagen!" Als Don zu erklären versucht, dass er im Verkehr steckengeblieben ist, hört Ann nicht zu. Stattdessen rechtfertigt sie ihre Reaktion: "Du hast immer Ausreden! Du erwartest von mir, dir zu glauben. Du bist ein Lügner..." Sie fährt damit fort, Beleidigungen von sich zu geben und sogar Zuflucht zu Beschimpfungen zu nehmen. Später erklärte sie, dass er sie verletzt hatte und es daher verdiente, dass sie ihn so behandelt hatte. Das ist klassisches Verfolger-Denken.

Denn Ann betrachtet sich selbst als ein Opfer, das nicht das Recht hat, sich um sich selbst zu kümmern oder Grenzen zu setzen. Anstatt etwas zu sagen wie, "Hi Schatz, ich hatte das Abendessen rechtzeitig fertig; als du nicht kamst, habe ich meins zu gegessen und stellte deins auf dem Herd warm", verlegt sie sich auf Vergeltung. Ihre Überzeugung, dass jemandem ausgeliefert ist, der ihr versucht wehzutun, lässt sie in einem verzerrten und unnötigen Bemühen, sich selbst zu schützen, weiterhin zuschlagen.

Wenn wir beide Seiten unterdrückt haben ... wenn wir sowohl unsere innere Fähigkeit verleugnen, uns um uns selbst mittels gesunder Selbstfürsorge zu kümmern, als auch das Recht, schützende, selbstbewusste Maßnahmen zu ergreifen, bleiben wir Opfer. Sachlich könnte eine gute Definition für einen SPV die folgende sein: Jemand, der weder weiß, wie man Prioritäten oder Grenzen setzt, noch für sich selbst sorgt und sich selbst schützt.

Wenn das Bewusstsein von Individuen zunimmt und sie anfangen, ihr Verhalten zu ändern, verändern sie oftmals ihre Startpunkt-Positionen. Werden sie sich einer Ausgangsposition bewusst, könnten sie sich verpflichten, vom Dreieck herauszutreten, doch stattdessen tauschen sie oftmals bloß die Rollen. Obgleich sie von einem anderen Startpunkt aus operieren, sind sie nichtsdestotrotz noch immer auf dem Dreieck. Das geschieht häufig und könnte sogar ein essentieller Teil des Lernens der vollen Auswirkung des Lebens auf dem Dreieck sein.

Auswirkungen des Lebens auf dem Dreieck

Auf dem Opfer-Dreieck zu leben bringt Kummer und Leid, egal was Ihre ursprüngliche Startpunkt-Position sein mag. Die Kosten sind für alle drei Rollen gewaltig und führen zu emotionalem, mentalem und sogar physischem Schmerz. Anstrengungen zur Vermeidung von Leid, indem wir Schuld zuweisen oder nach jemandem Ausschau halten, der sich um uns kümmert, führt am Ende nur dazu, noch größeren Schmerz zu erzeugen. Wenn wir versuchen, andere von der Wahrheit abzuschirmen (retten), lassen wir ihre eigenen Fähigkeiten außer acht und das erzeugt mehr Schmerz. Jeder, der in Dreiecks-Dynamiken involviert ist, gelangt irgendwann an einen Punkt, wo er verletzt und wütend ist; keiner gewinnt. Es gibt Merkmale und Folgen des Dreieck-Daseins, die allen drei Rollen gemeinsam ist. Lassen Sie uns über einige davon sprechen.

Mangel an persönlicher Verantwortung

Wann immer wir dabei scheitern, Verantwortung für uns selbst zu übernehmen, landen wir auf dem Dreieck. Selbst Retter, die sich viel darauf einbilden, verantwortlich zu sein, übernehmen keine Verantwortung für sich selbst. Sie kümmern sich um jeden anderen, doch sie haben keine Ahnung, wie sie es bei sich selbst machen sollen. Das Nicht-Übernehmen von Verantwortung ist ein identifizierender Schlüsselfaktor, um zu erkennen, wann wir uns auf dem Dreieck befinden. Verfolger schieben Verantwortung von sich, indem sie andere für ihr Leid beschuldigen. Opfer halten Ausschau nach jemandem, der Verantwortung für sie übernimmt. Keine einzige der drei Rollen übernimmt Verantwortung für sich selbst.

Solange wir uns selbst und andere rund um das Dreieck jagen, verbannen wir uns selbst zu einem Leben in Reaktion. Anstatt spontan und frei durch Selbstverantwortung und persönliche Entscheidung zu leben, begnügen wir uns mit einem dumpfen und leidvollen Leben, das von den Agenden anderer und unseren eigenen unbewussten Überzeugungen beherrscht wird. Ein erfüllendes Leben zu erfahren bedarf einer bewussten Bereitschaft, vom Dreieck herunterzukommen und denen gegenüber Gnade walten zu lassen, die noch immer in ihrem Drama gefangen sind.

Beherrscht durch schmerzliche Überzeugungen

Ungesunde Überzeugungen über uns selbst und die Welt, die uns in der Kindheit eingeflößt wurden, werden zu starren Regeln, die übertreten werden müssten. Geflügelte Worte in Familien wie "Sprich nicht darüber!", "Zeige keine Gefühle!" oder "Es ist egoistisch, für sich selbst zu sorgen" sind einige der alten Überzeugungen, die uns beherrscht haben und in Frage gestellt werden müssen, wenn wir inneren Frieden finden wollen. Wir können unangenehmen Gefühle entgegensehen und sie sogar feiern, wenn sie in uns hochkommen und dabei lernen, sie als Möglichkeiten wahrzunehmen, uns von den leidvollen Überzeugungen zu befreien, die uns auf dem Dreieck festhalten.

Manchmal müssen wir ein unangenehmes Gefühl - so wie Schuldgefühle - einfach aussitzen, ohne danach zu handeln. Schuldgefühle implizieren nicht zwangsläufig, dass wir uns falsch oder unethisch verhalten haben. Schuldgefühle sind oftmals eine erlernte Reaktion. Manchmal bedeute Schuldgefühle einfach, dass wir ein gestörtes Familienmuster durchbrochen haben.

Das erinnert mich an eine Geschichte, die jahrelang in therapeutischen Kreisen umging, über die Art, Schinken zu kochen. Vielleicht erinnern Sie sich auch daran. Sie geht so:

Ein kleines Mädchen sah, wie ihre Mutter das hintere Ende eines Hinterschinkens abschnitt, um es für das Festtags-Abendessen der Familie zuzubereiten, und fragte: "Warum schneidest du das Ende ab, um es zu kochen?" Ohne einen Moment nachzudenken antwortete die Mutter: "Weil dies die Art ist, mit der meine Mutter immer Schinken kochte, daher weiß ich, dass es die richtige Art ist das zu tun!" Nun, die Großmutter des kleinen Mädchens lebte in der Nähe, also besuchte es sie und stellte ihr die gleiche Frage: "Großmama, warum schneidest du das Hinterende des Schinkens ab, bevor du es kochst?" Ihre Großmutter antwortete, dass ihre Mutter sie gelehrt hatte, Schinken auf diese Weise zu kochen. Zufällig kam Urgroßmama am Feiertag zu Besuch, also ging das kleine Mädchen zu ihr und stellte ihr die selbe Frage - und dieses Mal erhielt sie die "wahre" Antwort: "Kind, als ich damals Schinken kochte, besaß ich nur ein Backblech und es war zu klein für einen ganzen Schinken, daher schnitt ich das Hinterende des Schinkens ab, damit es passte!"

So funktioniert es. Ohne Fragen zu stellen, folgen wir Familienleitworten und verinnerlichten Überzeugungen, die nichts als Elend erzeugen.

Schmerzhafte Gefühle

Über den Durchlass schmerzhafter Gefühle gelangen wir regelmäßig auf das Dreieck. Es scheint, dass viele von uns dazu tendieren, uns von diesen leidvollen Gefühlen beherrschen zu lassen. Wir haben einen Gedanken und er löst Schuld oder Angst in uns aus, die uns dazu veranlasst, auf eine Weise zu reagieren, die uns auf das Dreieck zurücksetzt. Unsere Reaktion ist für gewöhnlich ein fehlgeleiteter Versuch, Kontrolle über das schmerzhafte Gefühl zu erhalten oder es loszuwerden, sodass wir uns "besser fühlen" können.

Beispielsweise können wir andere retten, um sowohl uns als auch sie davor zu bewahren, sich schlecht zu fühlen. Wir erzählen uns selbst Dinge wie: "Sie kann das nicht bewältigen", oder, "Es wird seine Gefühle verletzen", und daher "bewältigen" wir es für sie. Wir dürften bemerken, dass wir uns besser fühlen, wenn wir jemand anderen reparieren - es gibt uns din falsches Gefühl, die Kontrolle zu haben, was sich vorübergehend ermächtigend anfühlt. Wahrscheinlich erkennen wir nicht, dass unser gesteigertes Gefühl von Macht oftmals auf Kosten der anderen geht, was sie sich entmachtet und "geringer" fühlen lässt.

Ein Beispiel

Sam glaubte, dass sein Sohn Paul untauglich sei. Die Worte, die er tatsächlich gebrauchte um ihn zu beschreiben, waren: "Er ist dumm. Er wird es nie zu etwas bringen." Im Endeffekt war Sams vorherrschendes Beziehungsmuster zu seinem Sohn das als sein Hauptretter. Die Überzeugung, dass Paul dumm sei, brachte Gefühle von Schuld, Sorge und Verpflichtung gegenüber seinem Sohn. "Er ist mein Sohn und ich muss für ihn sorgen... Ich muss ihn leiten und beraten und ihm aus jeder Klemme helfen, in die er hineingerät, denn er ist zu dumm, um sein eigenes Leben zu führen. Ich werde es einfach für ihn tun müssen." Das waren Sams Gedanken.

Und das tat er.

Mittlerweile glaubte auch Paul an diese Geschichte. Er teilte die Auffassung seines Vaters, dass er es ohne Hilfe zu nichts bringen würde. Die Überzeugung, dass es ihm prinzipiell an grundlegendem Lebensgeschick mangele, erzeugte in Paul Gefühle von Unzulänglichkeit und Versagen. Die gesamte Beziehung zwischen Vater und Sohn war auf der sehr eingeschränkten Definition aufgebaut, die sie über Pauls mangelnder Fähigkeit teilten, im Leben zurechtzukommen.

Was denken Sie also, wie jemand wie Paul, der daran glaubt, dass er wirklich untauglich ist, sein Leben leben wird? Welche Arten von Entscheidungen würden Sie von jemandem erwarten, der sich selbst als unfähig und mangelhaft ansieht? Wie könnte Paul mit solch leidvollen Überzeugungen über sich selbst nichts als "törichte" Entscheidungen treffen! Und jedes Mal wenn er es tut, gelangt er dahin, die Geschichte seines Vaters über Paul zu bestätigen.

So lange wie diese beiden eine solch schmerzhaft eingrenzende Geschichte über Paul teilen, wird ihre Beziehung eine auf dem Dreieck bleiben - Paul "versemmelt es" und Sam bringt es für ihn in Ordnung.

Ich kann einige von Ihnen fragen hören: "Aber Lynne, was ist, wenn es stimmt? Was, wenn Paul völlig inkompetent ist?"

Ich weiß nur das ... es sind unsere Überzeugungen, die es so machen. Wir behandeln andere danach, was wir über sie glauben. Wenn wir diese Annahmen in Frage stellen, verändert sich unsere Interaktion mit der Person.

Beispielsweise veränderte sich die gesamte Dynamik zwischen Sam und Paul, als Sam damit begann, seine Überzeugungen über seinen Sohn zu überprüfen. Er begann seinen Sohn mit neuem Respekt zu behandeln, als es ihm gelang, ehrlich gegenüber sich selbst zu sein bezülich seines zuvor abgewehrten Bedürfnisses, Paul in Abhängigkeit zu halten. Er begann, seinen Sohn die natürlichen Konsequenzen seiner eigenen Entscheidungen erfahren zu lassen, anstatt ihn zu retten und dann wegen "dummer Entscheidungen" auszuschimpfen. Das führte dazu, dass Paul begann, aus seinen Fehlern zu lernen. Sams Beziehung zu Paul wandelte sich völlig, einfach weil Sam sich dafür entschied, Verantwortung für seine eigenen Gefühle und Überzeugungen zu übernehmen. Indem er es aufgab, den Retter zu spielen, konnte Sam vom Dreieck herunter und in einen befriedigenderen, authentischen täglichen Austausch mit seinem Sohn treten.

Wir können versuchen, die emotionalen Angelegenheiten anderer zu managen, indem wir unsere Meinungen, Gefühle und Gedanken versteckt halten - zeitweise sogar uns selbst gegenüber. Das kann uns letztlich unser eigenes Wohlbefinden kosten und unweigerlich eine Distanz zwischen uns selbst und dem anderen erzeugen. Es ist nur eine weitere Art, in der wir weiterhin um das Dreieck herumtanzen.

Was Sams Heraustreten aus dem Dreieck ermöglichte, war seine Erkenntnis, dass seine Gefühle durch seine eigenen Überzeugungen erschaffen worden waren. Er begann zu verstehen, dass sein Verhalten immer von den Gedanken bestimmt war, die er jeweils zu einem bestimmten Zeitpunkt glaubte.

Das ist der Schlüssel, um von dem Dreieck herunterzukommen. Wenn wir die schmerzvollen Geschichten darüber glauben wer wir sind, wie z.B.: "Ich werde nur geliebt wegen dem, was ich für andere tue", oder: "Ich zähle nicht", oder wenn wir verzerrte Glaubensmuster bezüglich jener um uns herum haben, wie: "Sie versuchen mir wehzutun", oder: "Sie können sich nicht um sich selbst kümmern", dann werden diese persönlichen Überzeugungen uns dazu veranlassen so zu handeln, als ob sie wahr wären. Unsere schmerzvollen Gefühle entspringen unseren begrenzten Ideen über uns selbst und andere. Sie bringen uns dazu, in einer Weise zu reagieren, die das bestätigt was wir als wahr annehmen. Das ist der Teufelskreis vom Leben auf dem Dreieck.

Verleugnung

Immer wenn wir unsere Gefühle verdrängen oder verleugnen, nehmen wir eine Opferhaltung ein. Gefühle sind real. Sie sind "Energie in Bewegung." Wenn wir unsere Emotionen abtun oder ignorieren, dann werden wir schließlich von ihnen übernommen und zu impulsiv Reagierenden. Wir können nicht für uns selbst Verantwortung übernehmen, wenn wir es ablehnen, unsere Gefühle anzuerkennen, was bedeutet, dass sie verleugnete "innere Tyrannen" sind, die hinter den Kulissen unser Verhalten weiterhin steuern werden.

Obgleich es stimmt, dass unsere Gefühle durch das erzeugt werden was wir glauben, sind Gefühle nichtsdestotrotz wichtig. Sie alarmieren uns, wenn wir unglückliche Gedanken haben; sich "schlecht" zu fühlen lässt uns z.B. wissen, dass wir mit einem sehr leidvollen, wahrscheinlich verzerrten, Glaubensmuster denken. Anstatt das Gefühl abzuwehren, lernen wir dem Gefühl bis in die Überzeugung dahinter zu folgen. Das ist es, wo wahre Intervention möglich ist. Das Gefühl löst sich auf, sobald das Glaubensmuster dahinter bewusst gemacht und angegangen wird. Wir lernen zu erkennen, dass es unsere Gefühle sind, die uns auf die eingrenzenden Überzeugungen hnweisen, die uns auf dem Dreieck festhalten.

Eltern, die nie gelernt haben, dass Gefühle dem eigenen Denken folgen und die aufgewachsen sind ohne die Erlaubnis, Gefühle zuzulassen bzw. sie unterdrücken mussten, verwehren ihren Kindern oftmals das gleiche Recht. Sie könnten sich früh im Leben dazu entschieden haben, dass bestimmte Gefühle falsch oder schlecht sind und daher verleugnen und unterdrücken sie diese ohne die beherrschenden Gedanken hinter den Gefühlen zu erforschen.

Wenn wir uns selbst erzählen, dass unsere Gefühle unakzeptabel seien, bringt sie nicht zum Verschwinden. Solange wie wir weiterhin leidvolle Geschichten über uns selbst und andere mit Glaubensmustern versehen, werden wir darin fortfahren, dieselbe negativen Gefühle zu erzeugen. Wenn sie unterdrückt sind, werden diese abgewehrten Emotionen geheime Ablagen für Scham innerhalb der Psyche. Sie dienen nur dazu, uns von anderen zu entfremden und uns zu einem Leben auf dem Dreieck zu verurteilen.

Manchmal wehren wir Gefühle in einem verhängnisvollen Versuch ab, uns nicht schlecht fühlen zu müssen. Vielleicht erzählen wir uns selbst, dass wir unsere Gefühle nicht bewältigen können, dass sie uns zuviel sind. Wir könnten denken, dass wir der Gnade unserer eigenen Misere ausgeliefert sind, da wir nicht wissen, wo diese Gefühle herkommen oder was wir mit ihnen bzw. wegen ihnen tun sollen. Vielleicht ist es ja besser, uns unter solchen Bedingungen von diesen vertrackten inneren Zuständen fernzuhalten.

Doch sobald wir wissen, dass es unsere Gedanken sind, welche die schmerzhaften Gefühle hervorbringen; dass unsere leidvollen Gefühle in der Tat als Durchgänge zu einem größeren Verständnis über uns selbst funktionieren - dann haben wir nicht länger das Bedürfnis, unangenehme Gefühle zu unterdrücken. Bis wir jedoch in der Lage sind, die Implikationen dieser einfachen Wahrheiten zu erkennen und zu begreifen, werden wir wohl weiterhin versuchen, dem Schmerz durch Benutzung verschiedener Unterdrückungstaktiken zu entkommen. Diese Vermeidungsversuche halten uns nur auf dem Dreieck fest, wo das garantierte Ergebnis Schmerz und Leid sind.

Unehrlichkeit

Ehrlichkeit gegenüber uns selbst ist die grundlegendste Voraussetzung, um vom Dreieck herunterzukommen. Vom Dreieck herunterzukommen ist ohne Selbst-Ehrlichkeit unmöglich. Unsere Wahrheit zu erzählen ist der Schlüssel für die Übernahme von Verantwortung. Wir müssen dann gewillt sein, notwendige Handlungen zu ergreifen für das, was auch immer diese Wahrheit offenbart.

Natürlich ist Unehrlichkeit unmöglich, wenn unsere Gefühle verleugnet werden. Erinnern Sie sich, dass Verleugnung aus negativer Selbstbewertung entspringt. Wenn wir uns auf irgendeiner Ebene entschieden haben, dass wir unsere Gedanken, unser Verhalten oder unsere Gefühle nicht akzeptieren können, dann werden wir aller Wahrscheinlichkeit nach nicht zugeben können, dass wir sie haben. Es ist zu schmerzhaft, etwas über uns selbst zuzugeben, dass wir als unakzeptabel abgeurteilt haben. Wir müssen Selbst-Akzeptanz praktizieren, wenn wir wirklich dazu in der Lage sein wollen, mit uns selbst und anderen ehrlich zu sein.

Damit ein SP-Retter ehrlich werden kann, muss er beispielsweise gewillt sein, sein zuvor unbewusstes Bedürfnis zu bekennen, andere von sich abhängig zu halten. Das bedeutet, sich selbst einzugestehen, dass man als Retter tut was man tut, um sein eigenes Bedürfnis nach Selbstwert zu erfüllen. Solange Retter andere weiterhin als schwaches, ineffektives und unfähiges Opfer ansieht, werden sie darin fortfahren, sich selbst mit dem Glaubensmuster zu täuschen, dass sie die Problemlöser und Betreuer sein müssen. Ihre eigenen Bedürfnisse werden nicht erkannt oder erfüllt werden.

Ein SP-Verfolger ist auf die gleiche Weise unehrlich, wenn er darauf besteht, andere für sein Elend und Leid verantwortlich zu machen. Es gibt für Verfolger keinen Weg vom Dreieck herunter, solange sie darauf beharren, sich selbst als tadellose, unschuldige Zuschauer zu sehen, die ungerecht behandelt wurden.

Damit ein SP-Opfer vom Dreieck herunterkommen kann, muss es seine innere Anhaftung daran eingestehen, "klein" zu bleiben - d.h. abhängig und bedürftig sein zu wollen. Das bedeutet Ehrlichkeit darüber, wie sie andere manipulieren, indem sie eine selbstabwertende Geschichte von Untauglichkeit benutzen, damit man sich um sie kümmert. Andernfalls werden sie immer tiefer auf einer Spirale von Verzweiflung und Wertlosigkeit herabfallen.

Leben in der Wirklichkeit braucht Wahrheit. Um die Wahrheit zu sagen, müssen wir erst wissen was sie ist. Wenn wir aus verleugneten Gefühlen und unbewussten Programmierungen heraus reagieren, können wir unsere persönliche Wahrheit vermutlich nicht kennen. Das heißt, dass wir nicht im Kontakt mit der Realität sein werden. Es wird versteckte Agenden und Unehrlichkeit geben. Das ist ein weiteres Hauptmerkmal aller Spieler auf dem Dreieck. Nur durch Kenntnis unserer Wahrheit können wir damit beginnen, von einem Ort persönlicher Integrität aus zu sprechen. Dann wird es möglich, das Dreieck zu verlassen.

Projektion

Wir tendieren dazu, Gefühle und Glaubensmuster zu verleugnen, die wir als negativ oder inakzeptabel beurteilt haben. Wie zuvor erwähnt, retten wir uns, indem wir diese inakzeptablen Teile in das dunkle Unbewusste schieben. Sie bleiben jedoch nicht zwangsläufig dort. Jene Gedanken und Gefühle, die wir uns nicht zugestehen, d.h. die Verantwortung dafür übernehmen, werden letztlich in unsere äußere Welt hinausprojiziert, für gewöhnlich auf jemanden, den wir "lieben": Sobald wir einen Gedanken oder ein Gefühl in uns als inakzeptabel verurteilen, werden wir uns unbewusst umschauen und jemanden finden, der diese Eigenschaften besitzt und ihn dafür hassen. Das wird Projektion genannt und sie ist eine Triebkraft auf dem Dreieck. Projektion stellt sicher, dass sich der Opfertanz fortsetzt.

Lisa und Ted kamen zur Paarberatung. Als ich mir ihre Geschichte anhörte, erfuhr ich, dass Lisa einen Vater hatte, der während ihrer gesamten Kindheit oftmals Wutanfälle bekam. Infolgedessen hatte sie Angst vor Wut und erlaubte sich nicht, ihre eigene schlechte Laune zu fühlen oder auszudrücken. Sie bewertete Ärger als "schlecht" und bestritt, dass sie irgendwelchen hatte. Es ist dann wohl keine Überraschung, dass Lisas größte Beschwerde über ihren Ehemann war, dass bei ihm "leicht die Sicherung durchbrannte". "Er ist die ganze Zeit so wütend", sagte sie. "Er möchte einfach über alles streiten!"

Ihr Ehemann Ted kam als geradeheraus, offen und kommunikativ rüber. Er berichtete, dass er sich in seiner Familie nicht gehört gefühlt hatte, als er aufwuchs. Er drückte Frust wegen Lisa aus, denn: "Jedes Mal wenn ich nicht mit ihr einer Meinung bin, ganz gleich wie ruhig ich es ausdrücke, beschuldigt sie mich, wütend zu sein und weigert sich, darüber zu reden. Es endet damit, dass die einzige Art, in der ich gehört werden kann die ist, in die Luft zu gehen!"

Können Sie diese beiden auf dem Dreieck platzieren? Lassen Sie uns einen Blick darauf werfen:

Lassen Sie uns mit Lisa beginnen, die auf dem Dreieck war, bevor ein einziges lautes Wort zwischen ihr und ihrem Mann fiel. Sie begann damit, ihren eigenen Ärger zu verurteilen (sich selbst zu verfolgen) und ihn dann zu verleugnen (sich selbst zu retten). Lisa befindet sich auf dem Dreieck mit sich selbst. Sie rettet sich selbst durch Verleugnung. Abstreiten ist immer ein Versuch, uns selbst zu retten. Lisa hat gelernt, ihren Ärger so schnell herunterzufahren, dass sie es nicht einmal bewusst registriert. Doch die wütende Energie muss irgendwo hin.

An dieser Stelle tritt Ted ins Bild. Lisa braucht einen Ort, wo sie ihren eigenen verleugneten Ärger hinprojizieren kann. Ted passt perfekt. Lisa sieht in Ted das wütende Selbst, das sie verneint hat. Daher ist sie so schnell dabei, den leisesten Widerspruch von ihm als "schlechten" Ärger zu bezeichnen. Sie tadelt dann Ted für die "schlechten" Gefühle, die sie projiziert hat und fährt dann fort, ihn hart auf dieselbe Art zu kritisieren (Verfolger), in der sie sich unbewusst selbst verurteilt hat.

Ted fühlt sich zuerst missverstanden und ungehört - genauso wie es war, als er ein Kind war. Er ist im 'Opfer'. Doch über kurz oder lang kommt seine Wut hoch und er bewegt sich zum 'Verfolger', indem er gegenüber Lisa "in die Luft geht". Das bringt Lisa zum 'Opfer' und veranlasst sie dazu, sich an den "wütenden Vater" ihrer Kindheit zu erinnern. Sowohl Ted als auch Lisa bestätigen unbewusst ihre eigenen Kindheitsdramen, indem sie ihre schmerzhaften Glaubensmuster und Urteile über sich selbst auf einander projizieren. Diese Arten von Interaktion sind der Grund, aus dem ich das Opferdreieck das "Spielfeld" aller Fehlfunktionen nenne.

Sie könnten sich wundern, wo der Retter in all diesem Wirrwar bleibt. Manchmal wird eine Rolle "unter der Oberfläche" gespielt. Es muss nicht äußerlich sichtbar sein, wie in dem oben beschriebenen Fall. Weil Lisa keine Verantwortung für ihre eigene Wut übernehmen kann (da ihre Ansicht von sich selbst als "schlecht wie Papa" zu schmerzhaft ist) rettet sie sich durch Verleugnung. Sie nimmt sich selbst aus der Verantwortung, indem sie ihre unerwünschten Gefühle auf ihren Mann projiziert. Das erlaubt es ihr vorzugeben, sie sei nicht wütend (er ist der Wütende, nicht sie). Auf einer Ebene fühlt es sich besser an zu glauben, dass sie nicht gemein und wütend sei, wie ihr Vater es war. Die Schatten-Konsequenzen sind jedoch die, dass es sie darauf einstellt, Ted zu beschuldigen und zu verfolgen, und dass es ihr gestattet, ihrer eigenen persönlichen Wut unbewusst zu bleiben. Das ist die Natur der Projektion auf dem Dreieck.

Ego und die Geschichte darüber, wer wir sind

Wir interagieren mit anderen durch alte, unbewusste und eingrenzende Glaubensmuster, die Scham erzeugen. Jede Startpunkt-Position verfügt über einen eigenständigen Typ von Grundüberzeugung, die den jeweiligen Tanz um das Dreieck antreibt. Diese Kernüberzeugungen kombinieren sich zu unbewussten Geschichten. Wir glauben an diese Beschreibungen über uns selbst und andere ohne sie je zu hinterfragen. Während sie ununterbrochen im Geist ablaufen, erzeugen sie alle Arten schmerzvoller Gefühle, einschließlich Wertlosigkeit, Unzulänglichkeit und Fehlerhaftigkeit. Wir bestärken und erhalten diese Überzeugungen aufrecht, indem wir uns um das Dreieck bewegen.

Das Ego ist der Teil von uns, der diese eingrenzenden Geschichten produziert und glaubt. Das Ego ist mit diesen Geschichten völlig identifiziert, die es erzählt, und es will uns auch mit ihnen identifiziert halten. Das Ego benutzt das Dreieck, um diese schmerzlichen, eingeschränkten Identitäten bezüglich dessen, wer wir sind, zu stärken. Wenn ich an unsere Beziehung mit Ego denke, dann kommt mir oft der folgende Kinderreim in den Sinn:

"Peter Peter Kürbisesser hatte eine Frau und konnte sie nicht halten. Also steckte er sie in eine Kürbishülle und dort hielt er sie sehr gut fest."
[Im engl. Original: "Peter, Peter Pumpkin Eater, had a wife and couldn't keep her. So he put her in a pumpkin shell and there he kept her very well." - AdÜ]

Das ist eine großartige Metapher für unsere Beziehung mit dem Ego. Peter Kürbisesser ist das Ego und die Frau, die er nicht halten konnte, ist unser eigenes Inneres Feminines. Sie ist der Teil von uns, der uns daran erinnert, wer wir wirklich sind. Die einzige Art, in der das Ego diese authentische Essenz kontrollieren kann ist die, sie in der "Kürbishülle" einer eingrenzenden Geschichte eingesperrt zu halten. Jeder von uns wird in den Begrenzungen einer solchen Geschichte festgehalten. Das Opferdreieck is das Spielfeld, welches das Ego zu dem Zweck benutzt, diese dysfunktionale Geschichte zu bestärken.

Bei Ted und Lisa können wir das sehr gut sehen. Jeder von ihnen war in einer sehr schmerzvollen Geschichte gefangen; Ted glaubte, dass er nicht gehört werden würde und musste daher erwarten, dass seine Gefühle verurteilt und abgetan wurden. Er war in der Rolle eines SP-Opfers, das unweigerlich in einer Weise agiert, die ihm garantiert, sich beschämt und wertlos zu fühlen. Lisa ist der SP-Verfolger, der sich selbst als Opfer betrachet. Sie glaubt, dass Ted sie mit seiner Wut zu verletzen versucht, was ihre Versuche rechtfertigt, ihn zu kontrollieren. Lisa bestraft Ted, indem sie ihn ignoriert, bis er endlich losschlägt und somit ihre Geschichte über ihn als "wütend und grausam, genau so wie Papa" bestätigt. Beide haben Egos, die viel mehr darum bemüht sind, eine eingrenzende Geschichte zu bestätigen als die Harmonie zwischeneinander zu fühlen.

Gescheiterte Intimität

Obwohl die meisten von uns sich nach einem Gefühl der Verbundenheit mit anderen sehen, haben viele Menschen insgeheim Angst vor Nähe. Jemandem zu gestatten, uns wirklich zu kennen, kann beängstigend sein. Intimität bedarf Verwundbarkeit und Ehrlichkeit. Im Herzen davon überzeugt zu sein, dass wir nicht liebenswürdig, defekt oder "geringer" sind, macht es schwer, uns zu öffnen. Wir möchten bedingungslose Annahme, doch wenn wir uns selbst nicht akzeptiert haben, ist es unmöglich zu glauben, dass jemand anders uns lieben könnte. Das Bedürfnis, unsere Wertlosigkeit zu verbergen, macht Distanz unerlässlich. So lange wie wir versteckte Agenden aufrechterhalten und unsere Wahrheit verleugnen, ist Intimität unmöglich. Opferschaft ist dazu gemacht, Entfremdung sicherzustellen - nicht bloß von anderen, sondern auch von uns selbst. Auf dem Dreieck ist Intimität nicht möglich.

Zusammenfassung

Wenn wir bereit sind, Verantwortung zu übernehmen, beginnen wir damit, unsere wahren Motive und Gefühle bezüglich unserer gegenwärtigen Situation zu sehen. Wir werden gewillt, unsere eigenen unangenehmen Gefühle zu erleben und gestehen auch anderen ihre unangenehmen Gefühle zu, ohne sie zu retten.

Wenn unsere Nächsten oder Partner ebenfalls gewillt sind, an diesem Prozess der Selbsterkenntnis teilzunehmen, können wir gemeinsam eine gesundere Beziehung kultivieren. Als Ergebnis wird es immer weniger Interaktionen geben, die auf Schuldgefühl, Angst oder Scham begründet ist.

Die gute Nachricht ist, dass - ganz gleich ob unsere Nächsten sich dazu entscheiden, vom Dreieck herunterzukommen - wir diese Entscheidung für uns selbst treffen können! Und das wird die gesamte Dynamik zwischen uns und ihnen verändern. Wir sind niemals Opfer, außer wenn wir uns dazu entschließen.

Vom Dreieck auszusteigen bedeutet, dass man weiß wo man jetzt gerade steht und gewillt ist, wenn nötig Grenzen auszuhandeln. Das Setzen von Grenzen bedeutet nicht, immer die Kontrolle zu haben oder Ergebnisse zu manipulieren. Wir verwechseln das manchmal. Wir lernen, unsere Motive mit einer Haltung von Neugier sowie dem Wunsch nach tieferem Selbstverständnis genauer anzuschauen. Und was auch immer wir dann tun, wird eine bessere Chance haben, auf Wahrheit anstatt auf Drama zu basieren, wenn es aus einem Raum der Verbundenheit mit uns selbst geschieht - auch wenn das bedeuten sollte, wegzugehen bzw. sich von einer dysfunktionalen Dynamik zu distanzieren.

Denken Sie daran, dass es Zeiten geben wird, in denen wir als der Verfolger angesehen werden. Unsere Herausforderung besteht darin, im Kontakt mit unserer Wahrheit zu bleiben und anderen das Recht zuzugestehen (und sie haben das Recht), ihre Geschichte zu haben. Die beiden Versionen - unsere Geschichte und ihre - müssen nicht passen, damit wir glücklich sind. Das ist eine verbreitete, doch fehlerhafte Auffassung.

In Wirklichkeit ist es nicht unsere Angelegenheit, wie andere uns sehen. Wie wir uns selbst sehen ist, was uns Transformation bringen kann. Wir lernen, uns auf das zu fokussieren, woran wir glauben. Wir bemerken die Auswirkungen in unserem eigenen Leben, diese gewissen und oft leidvollen Gedanken zu glauben - Überzeugungen wie "Ich bin nur so wichtig bezüglich dessen, was ich für andere tun kann", oder "Sie versuchen mir wehzutun", oder "Ich bin ein totaler Versager." Das sind nur einige wenige der Geschichten, mit denen wir uns selbst foltern.

Bedenken Sie, dass unser Glaube an diese Geschichten sie nicht wahr macht. Doch wenn wir sie glauben, werden wir auf eine Weise handeln, die sie wahr macht! Das ist eine grundlegende und einfache Dämmerung des Bewusstseins, das den Schlüssel zur Tür aus dem Dreieck besitzt. Diese Schritte sind der Prozess, der uns den ganzen Weg bis direkt zum Ausgang führt, wenn wir sie in echtem Anliegen sowie mit rigoroser, selbst-liebender Wahrheit benutzen. Wenn wir uns selbst durch Selbstverantwortung und dem Sprechen der Wahrheit befreien, transformieren wir unser Leben. Wir verwirklichen unser höheres "Beobachter-Selbst", wobei wir die in jedem von uns liegende Möglichkeit verwirklichen, nicht aus einer Opfer-Ego-Geschichte heraus zu leben, sondern uns in eine viel größere und wunderbarere Erfahrung des Lebens zu erweitern.

Vom Dreick herunterzukommen ist nichts, was wir ein für alle Mal tun können. Wir steigen die ganze Zeit über auf und ab. Das Verständnis von Werkzeugen wie Stephen Karpmans Drama-Dreieck gibt uns eine Orientierungskarte. Es zeigt uns, wo wir uns in unserem Beziehungsleben befinden und wohin wir unterwegs sind. Das Erkunden dieser Karte hilft uns dabei, die beste Route für das Heraustreten aus dem Dreieck zu finden. Noch einmal, es handelt sich um einen Prozess, nicht um ein Endziel. Ich lade Sie ein, sich in der Rolle eines neugierigen, kreativen Entdeckers und bereitwilligen Lernenden zu entspannen.

Mögen Ihre Gedanken und Gefühle Ihnen Lehrer sein, während Sie den Weg zur Freiheit aus dem Dreieck bereisen."

Dramadreieck
Das Drama-Dreieck