AKW North Ana, USA
© dpaNach einem Erdbeben an der US-Ostküste im August musste das amerikanische Atomkraftwerk North Anna nach der automatischen Abschaltung einige Stunden mit Notstrom versorgt werden

Zahlreiche US-Atomkraftwerke sind offenbar nicht ausreichend auf Erdbeben vorbereitet. Eine Analyse ergab, dass das Risiko, dass ein Erdbeben einen ernsthaften Zwischenfall in einem Atomkraftwerk auslöst, deutlich höher ist, als bislang angenommen.

Mehr als zwei Dutzend Atomkraftwerke in den USA sind nicht ausreichend gegen Erdbeben gesichert. Eine Analyse von vorläufigen Regierungsdaten durch die Nachrichtenagentur AP ergab, dass das Risiko eines ernsthaften Zwischenfalls deutlich höher ist als bislang angenommen - in einem Fall sogar 24 Mal höher. Den Einschätzungen von Atomexperten zufolge müssen möglicherweise 27 Atomkraftwerke im Osten und in der Mitte des Landes nachgerüstet werden.

Die Atomaufsichtsbehörde NRC erklärte in einem vorläufigen Bericht, ein schweres Erdbeben in der Umgebung der betroffenen Anlagen sei wahrscheinlicher als bisher angenommen. Wie viele Akw genau besser auf Erdbeben vorbereitet werden müssen, steht erst dann fest, wenn die Betreiber das seismische Risiko für ihre Anlagen neu berechnet haben. Dazu will die Behörde die Betreiber noch in diesem Jahr auffordern. Am Donnerstag veröffentlichte die NRC einen Entwurf der Aufforderung und bat um öffentliche Meinungsäußerungen dazu.

Die Erdbebensicherheit der Atomkraftwerke an der Ostküste und im Landesinneren rückte in der vergangenen Woche in den Fokus, als ein Beben der Stärke 5,8 - das stärkste je in der Region gemessene - die Ostküste der USA erschütterte. Die umfassende Untersuchung der Erdbebensicherheit der US-Kraftwerke war bereits vor dem Beben und auch vor dem Atomunglück in Fukushima auf den Weg gebracht worden. Damit werden die 104 Atomreaktoren in den USA zum ersten Mal seit Jahren auf ihr Erdbebenrisiko hin überprüft.

Industrie sieht sich bestätigt

Die Atomindustrie hat erklärt, das Beben in der vergangenen Woche habe gezeigt, dass die Reaktoren ausreichend gesichert seien. Als im Akw North Anna im Staat Virginia der Strom ausfiel, sprangen die Generatoren an. Die Reaktoren wurden automatisch heruntergefahren und gekühlt. Das Beben verschob auch rund zwei Dutzend Behälter mit radioaktivem Abfall, wie der Betreiber Dominion Virginia Power am Donnerstag mitteilte.

Trotzdem ist das Risiko für das Atomkraftwerk, bei einem schweren Erdbeben einen Schaden am Reaktorkern zu erleiden, 38 Mal höher als in einer Analyse vor 20 Jahren ermittelt wurde. Das ergab eine Auswertung der NRC-Daten durch die AP. Das Risiko bezog sich allerdings auf ein Erdbeben, das noch stärker ist als das der vergangenen Woche.

dapd/tj