Hamilton - Das rasche Auftreten von Vancomycin-Resistenzen Ende der 80er Jahre hat viele Experten damals überrascht. Doch das Resistenzgen musste nicht von den Bakterien neu erfunden werden. Kanadische Forscher wiesen es zusammen mit anderen Resistenzgenen in einer eiszeitlichen Bodenprobe nach. In Nature (2011; doi: 10.1038/nature10388) berichten sie, wie sie das Eiszeit-Gen „wiederbelebten“.

Dass Resistenzen gegen Antibiotika älter sind als die Anwendung der Medikamente, ist eigentlich nicht überraschend. Antibiotika sind nämlich Naturprodukte. Sie existierten in der Natur bereits vor ihrer medizinischen Anwendung.

Sie werden von Pilzen und Bakterien gebildet, um sich vor dem Angriff anderer Lebewesen zu schützen. Und auch die Resistenzgene findet man nicht nur in den Kliniken, sondern überall im Erdreich. Experten schätzen das Alter von Antibiotika auf 40 Megajahre bis 2 Gigajahre, und die Antibiotikaresistenzen sollten nicht wesentlich jünger sein.

Nach dieser Vorhersage standen die Chancen nicht schlecht, dass sich in den Bodenproben, die Gerry Wright vom Ancient DNA Centre der McMaster Universität in Hamilton/Ontario untersuchte, Resistenzgene befinden.

Die Proben stammten aus Bohrzylindern, die in Dawson City im Yukon Territorium, östlich von Alaska gewonnen wurden und die aus dem Pleistozän stammten. Wright schätzt das Alter auf etwa 30.000 Jahre und die Bodenproben enthielten auch genetisches Material von der damals vorherrschenden Flora und Fauna der Eiszeit, beispielsweise vom Mammut.

Gene der heutigen Bewohner der Subpolarregion fehlten dagegen. Die Forscher versichern zudem, dass die Bodenproben frei von Kontaminationen der Bohrung waren, als sie im Labor untersucht wurden.

Dort fanden Forscher dann all die Gene, die Infektiologen heute Kopfzerbrechen bereiten, weil sie die Wirksamkeit von Antibiotika herabsetzen. Wright berichtet von einer ganzen Kollektion von Resistenzgenen gegen Betalaktame, Tetrazykline und Glykopeptid-Antibiotika.

In einem Fall, dem VanA-Gen der Vancomycin-Resistenz konnten sie aus der Sequenz sogar das Genprodukt rekonstruieren. Es ist laut Wright überhaupt erst das zweite Mal, dass ein vorzeitliches Protein im Labor „wiederbelebt“ worden sei. Dort erwies es sich als keineswegs gealtert. Es stoppte prompt die Wirkung von Vancomycin.

Die Studie liefert eine Erklärung für das rasche Auftreten von Resistenzen, die offenbar seit langem in der Natur vorhanden sind. Wright will als nächstes in einer 1 Million Jahre alte Bodenprobe nach Resistenzgenen suchen.

rme/aerzteblatt.de