Forscher konnten beobachten, dass bei einem Anstieg des Blutzuckerspiegels die Reaktion der Beta-Zellen von zeitlich begrenzt existierenden Leader-Zellen gesteuert wird

Insulin
© University of Copenhagen
Weltweit ist etwa jeder elfte Erwachsene von Diabetes betroffen. Bei der häufigsten Diabetesform, dem Typ-2-Diabetes, reagieren die Körperzellen zunehmend unempfindlich auf das Hormon Insulin, das von Beta-Zellen in der Bauchspeicheldrüse gebildet wird und die Aufnahme von Zucker aus dem Blut in die Zellen fördert. Durch die zunehmende Insulinresistenz der Zellen bleibt der Blutzuckerspiegel erhöht.

Bei zunehmender Krankheitsdauer versiegt die Insulinproduktion schließlich, der Typ-2-Diabetiker muss Insulin spritzen. Doch was ist die Ursache dafür? Forscher des Zentrums für Regenerative Therapien (CRTD) der Technischen Universität Dresden (TUD) haben gemeinsam mit Kollegen des Imperial College London bislang unbekannte Zell-Interaktionen nachgewiesen: Die Beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse arbeiten in hochvernetzten Verbünden, sogenannten Inselzellen. Ihre Reaktionen auf steigenden Blutzuckerspiegel werden von sogenannten "Chef"-Zellen (Leader-Zellen) koordiniert.

Diesen Mechanismus konnten die Forscher zumindest bei Zebrafischen und Mäusen nachweisen. Dazu entwickelten die Wissenschafter eine neue Bildgebungstechnik, mit der sie die hierarchische Beziehung der Beta-Zellen "in vivo" beobachten konnten. "In den Modellorganismen sahen wir, dass bei einem Anstieg des Blutzuckerspiegels die Reaktion der Beta-Zellen von zeitlich begrenzt existierenden Leader-Zellen gesteuert wurde. Haben wir die Leader-Zellen dann gezielt deaktiviert, waren die Reaktionen auf Zucker auf einmal gestört", erklärt Luis Delgadillo Silva, einer der Hauptautoren der Studie.

Leader-Zellen weiter beforschen

Mathematische Analysen zeigten auch, dass die Leader-Zellen eine Kontrollfunktion für die Insel-Zellen innehaben. Darüber hinaus konnten die Forscher zeigen, dass einige Beta-Zellen eine einzigartige molekulare Signatur haben. Diese erlaubt es ihnen offenbar, eine aktive Rolle im Stoffwechsel zu spielen und stattet sie mit einer höheren Zucker-Sensibilität aus.

Die Wissenschafter wollen nun auf Basis dieser Erkenntnisse untersuchen, wie wichtig Leader-Zellen für die Entwicklung von Diabetes sind. "Es ist wichtig für uns zu verstehen, ob Leader-Zellen anfälliger für Schäden sind, wenn sich Diabetes entwickelt, und vor allem, ob sie gezielt eingesetzt werden können, um starke und gesunde Insulinreaktionen aufrechtzuerhalten, um die Krankheit zu heilen", erklärt Victoria Salem vom Imperial College London.

"Um die Rolle der Leader-Zellen in den Insel-Zellen besser zu verstehen, haben wir eine Reihe neuer Methoden für unsere Arbeit mit Zebrafischen entwickelt. Wir wollen Beta-Zellen aktivieren oder zum Schweigen zu bringen, indem wir sie dem Licht aussetzen. Außerdem werden wir einzelne Zellen über längere Zeit beobachten. Mit diesen Tools können wir genau feststellen, wie viele Zellen von einer Leader-Zelle kontrolliert werden und welche Gene die Identität einer Leader-Zelle bestimmen", ergänzt Luis Delgadillo Silva.