Häufig enthält Honig Spuren von gentechnisch verändertem Blütenstaub - schließlich unterscheiden Bienen nicht zwischen normalen oder genmanipulierten Pflanzen. Der EU-Gerichtshof muss nun entscheiden, ob solche Produkte überhaupt verkauft werden dürfen. Drohen den Kunden leere Honigregale im Supermarkt?
Imker mit Wabe
© dpa/dpawebEin Generalanwalt des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) hat festgestellt, dass auch Honig mit kleinen Spuren von Gen-Pollen eigentlich eine Zulassung braucht, bevor er in Verkehr gebracht wird. Nun muss der EuGH entscheiden, ob ein Großteil des Honigs, der derzeit in den Supermärkten steht, aus den Regalen verschwinden muss.

Eigentlich betreibt Karl Heinz Bablok die Imkerei nur als Hobby, und doch hat der Augsburger in diesem Bereich etwas ausgelöst, das weit über Bayern hinaus Wellen schlägt. Ja, sogar weit über Deutschland hinaus.

Am Dienstag wird der Europäische Gerichtshof (EuGH) über den Fall entscheiden - und am Ende könnte ein Urteil stehen, das nicht nur für sämtliche Imker, für die Honigindustrie, für den Einzelhandel und für die Landwirtschaft folgenreich sein kann - sondern auch für die Verbraucher: Womöglich muss ein Großteil des Honigs, der derzeit in den Supermärkten steht, aus den Regalen verschwinden. Alles ausgelöst durch Karl Heinz Bablok.

Vor vier Jahren hatte sich der Hobby-Imker dagegen zur Wehr gesetzt, dass zwei Kilometer von seinen Bienenstöcken entfernt Mais der gentechnisch veränderten Sorte Mon 810 angebaut werden sollte. Man teilte ihm mit, seine Sorgen seien unbegründet, weil sich Bienen nicht für Maispollen interessieren würden.

Doch damit gab Bablok sich nicht zufrieden: Er stellte seine Bienenkörbe 500 Meter von den Versuchsfeldern entfernt auf und ließ den Honig ein Jahr später untersuchen. Das Ergebnis fiel aus, wie er es erwartet hatte: Im Honig waren Spuren des gentechnisch veränderten Blütenstaubs nachweisbar.

Weil er einen solchen Honig aber weder Familie noch Freunden anbieten wollte, entsorgte Bablok seine gesamte Ware in der Müllverbrennungsanlage und verklagte den Freistaat Bayern auf Schadenersatz.

Dabei unterstützte ihn das "Bündnis zum Schutz der Bienen vor Agro-Gentechnik", hinter dem beispielsweise der Deutsche Imkerbund, Bioland, Demeter oder auch der Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft stehen. Dank der Hilfe brachte Bablok das nötige Geld auf, um das Verfahren durch die Instanzen bis vor den EuGH zu bringen.

Im Februar erzielte er dort bereits einen ersten Erfolg: Der zuständige Generalanwalt Yves Bot stellte fest, dass Honig, in dem auch nur kleinste Spuren von Gen-Pollen enthalten seien, ein Lebensmittel sei, das aus gentechnisch veränderten Organismen hergestellt wurde. Deshalb benötige der Honig eine Zulassung, bevor er in Verkehr gebracht werde. Das war ganz in Babloks Sinne. Sollte der EuGH - wie so oft - dem Generalanwalt folgen, stünde fest, dass er seinen Honig damals zu Recht vernichtet hatte, ja: dass er ihn vernichten musste. Denn so ein Honig darf nicht vertrieben werden.

Was die Sache so brisant macht: Babloks Honig ist kein Einzelfall. Spuren von Gen-Pollen sind in vielen Honigsorten enthalten. Die Zeitschrift Ökotest hatte sie 2009 in elf von 24 überprüften Sorten nachgewiesen. Das überrascht kaum, denn Honig wird in großen Mengen aus Regionen wie Nord- und Südamerika importiert, wo weitaus mehr Gen-Pflanzen angebaut werden als hierzulande.

Haben diese Pflanzen keine Zulassung als Lebensmittel, wie zum Beispiel Gen-Raps aus Kanada, dann darf der Honig womöglich von Dienstag an nicht mehr vertrieben werden. "Derzeit gehen wir davon aus, dass nur ein geringer Teil der Honige betroffen ist, aber in der Tat müsste einiges aus den Regalen geräumt werden", sagt Heinrich Schulze, Vorsitzender des Honigverbands.

Im Bundeslandwirtschaftsministerium beobachtet man das Verfahren genau. "Es handelt sich um europäisches Recht", stellte ein Sprecher klar. "Sollte der EuGH aber tatsächlich so entscheiden wie der Generalanwalt, dann müsste die EU-Kommission sehr schnell aktiv werden."