Taifune, Gewitter, Hitzewellen: Naturkatastrophen verursachten im vergangenen Jahr Schäden in Milliardenhöhe. In Deutschland war München besonders betroffen.
Super Typhoon Hagibis
© Himawari-8 / Japan Meteorological Agency (JMA)Super-Taifun "Hagibis" im Oktober
Naturkatastrophen haben im vergangenen Jahr nach Angaben des Rückversicherers Munich Re weltweit gesamtwirtschaftliche Schäden in Höhe von 150 Milliarden Dollar, umgerechnet etwa 136 Milliarden Euro, verursacht. Am schwersten war Japan betroffen. "Dort hatten wir im zweiten Jahr hintereinander Rekordschäden durch Taifune", sagte Ernst Rauch, Chef der Klimaforschung und Geowissenschaften bei dem Münchner Unternehmen.

Dort seien in manchen Gebieten während des Taifuns "Hagibis" innerhalb von 24 Stunden mehr als 1000 Milliliter Regen gefallen. "Das ist mehr als der durchschnittliche Niederschlag eines ganzen Jahres in Deutschland." "Hagibis" war mit Schäden von 17 Milliarden Dollar auch die teuerste Naturkatastrophe des vergangenen Jahres.

Warum Entwicklungsländer kaum in der Statistik auftauchen

Die Munich Re dokumentiert seit Jahrzehnten die Naturkatastrophen rund um den Globus. Die Daten sind für die Branche von Bedeutung, da Versicherungen ihre Beiträge auf Grundlage der Schäden der Vergangenheit kalkulieren. In der Bilanz tauchen Entwicklungsländer kaum auf, weil der versicherte Wert der zerstörten Güter dort deutlich geringer ist als in reichen Industriestaaten.

In Europa zogen Hitzewellen und Gewitter im Sommer Schäden von 2,5 Milliarden Dollar nach sich, allein das Pfingstunwetter im Großraum München schlug mit fast einer Milliarde Dollar zu Buche. Damals demolierten tischtennisballgroße Hagelkörner Häuser und Autos.
munich re naturkatastrophen 2019
Insgesamt entsprechen die weltweiten Gesamtkosten von 150 Milliarden Dollar inflationsbereinigt dem langjährigen Durchschnitt. Etwas mehr als ein Drittel davon - 52 Milliarden - übernahm die Versicherungsbranche, knapp zwei Drittel waren nicht versichert.

Ein Rückgang der materiellen Schäden bei Naturkatastrophen ist laut Rauch nicht zu erwarten - im Gegenteil. "Mit Blick auf die nächsten Jahre und Jahrzehnte müssen alle Risikoträger davon ausgehen, dass die Schäden aus Naturkatastrophen weiter ansteigen." Laut dem Klima-Risiko-Index war Deutschland 2018 erstmals weltweit am stärksten von Extremwetter betroffen. Damals verursachten die Hitzewelle, die langanhaltende Trockenheit und Orkantief "Friederike" Schäden in Höhe von fünf Milliarden Dollar.

Wissenschaftler rechnen damit, dass sich Extremwetterereignisse aufgrund des Klimawandels häufen werden. "Ein tropischer Wirbelsturm ist vereinfacht gesagt ein sehr intensives Tiefdruckgebiet", sagte Rauch. "Die Zugbahnen von Tiefs und Hochdruckgebieten haben sich in den vergangenen Jahren verlangsamt. Solche Änderungen können zu risikoreichen Wetterlagen wie Hitzewellen oder lang andauernden Starkniederschlägen führen."

In Mitteleuropa und Nordamerika haben Hagel und Gewitter in einigen Regionen an Stärke und Häufigkeit zugenommen. "Die Indizienkette geht dahin, dass es sehr wahrscheinlich einen Zusammenhang mit dem Klimawandel gibt."

Eine weitere Auffälligkeit seien die Feuer in Australien, sagte Rauch. "Dort sind Buschbrände im Sommer nichts Ungewöhnliches, ungewöhnlich sind aber der frühe Start in die Feuersaison und die Dimension."

Eine zusätzliche Gefahr sei der Anstieg des Meeresspiegels. "Es wird keine Jahrzehnte mehr dauern, bis dringend Gegenmaßnahmen begonnen werden müssen", sagte der Geowissenschaftler. "Wir liegen im Moment bei einem Anstieg zwischen drei und vier Millimetern im Jahr. Viele große Städte liegen an den Küsten."

Gute Nachricht aus dem Bericht: Naturkatastrophen kosten weniger Menschenleben

Der Bericht zeigt jedoch auch eine positive Entwicklung. Bei Naturkatastrophen kommen trotz wachsender Weltbevölkerung und steigender Siedlungsdichte immer weniger Menschen ums Leben.

2019 verloren rund um den Globus rund 9000 Menschen bei Naturkatastrophen ihr Leben. Der in humanitärer Hinsicht folgenschwerste Sturm des vergangenen Jahres war der Zyklon "Idai", der im März Mosambik, Zimbabwe und Malawi traf und mehr als 1000 Menschenleben forderte.

Im Langfristvergleich der vergangenen drei Jahrzehnte sind dies jedoch niedrige Opferzahlen - der rechnerische Durchschnittswert liegt bei 52.000 Naturkatastrophen-Toten pro Jahr. "Das ist eine Entwicklung gegen den Bevölkerungstrend. Die Welt ist in dieser Hinsicht besser geworden", sagte Rauch.

Für diesen Rückgang gibt es nach Einschätzung des Wissenschaftlers mehrere Gründe. "Ganz entscheidend sind die Warnung der Bevölkerung und die Evakuierung, die wesentlich besser funktionieren als in früheren Jahrzehnten", sagte Rauch. "In Bangladesch gab es 1991 einmal einen Zyklon mit mehr als 100.000 Todesopfern, das ist heute zum Glück viel unwahrscheinlicher."

koe/dpa