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© dpaDer Deutsche fürchtet um eine erneute Abwertung seines Geldes.

Das Ergebnis einer Langzeitstudie verblüfft: Die Deutschen hatten in den zurückliegenden zehn Jahren noch nie so wenig Angst vor der Arbeitslosigkeit wie heute. Ganz oben rangiert stattdessen die Angst ums liebe Geld. Seit Fukushima erhöht sich auch die Angst vor Umwelt- und Naturkatastrophen und seit 9/11 sowieso die Angst vor Terror.

Die Deutschen haben so wenige Ängste wie seit zehn Jahre nicht mehr. Vor allem sei die Furcht vor dem Verlust des Arbeitsplatzes noch nie so gering gewesen wie heute, geht aus einer R+V-Langzeitstudie hervor. Demnach rutschte die Angst vor der Arbeitslosigkeit mit nur noch 37 Prozent (minus 24 Prozentpunkte) in das hintere Drittel der diesjährigen Ängste-Skala.
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© picture alliance / dpaDeutschland vermeldet die niedrigsten Arbeitslosenzahlen seit 19 Jahren.

Auch alle anderen langfristig abgefragten Ängste seien gesunken - im Durchschnitt auf den niedrigsten Stand seit zehn Jahren, teilte die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) mit, die die Studie im Auftrag der Versicherung erstellte. "Die Turbulenzen der Euro-Schuldenkrise, die tödlichen EHEC-Keime auf Gemüse, der Tsunami und die Atomkatastrophe in Japan überschatten in diesem Jahr alle anderen Sorgen", berichtete Rita Jakli, Leiterin des R+V-Infocenters.

Die größte Sorge Deutschen lösen indes mit 63 Prozent die steigenden Lebenshaltungskosten aus. Im Ranking der 16 Standardfragen steht diese Furcht damit wie bereits im Vorjahr auf Platz 1. Während bei den meisten Ängsten heute kaum noch ein Unterschied zwischen den Deutschen in Ost und West bestehe, zeige sich bei dieser Sorge laut R+V mit 12 Prozentpunkten - wie 2010 - der größte Ost-West-Unterschied. Fast drei Viertel aller Ostdeutschen (73 Prozent) fürchten den Anstieg der Lebenshaltungskosten, im Westen ist diese Angst mit 61 Prozent wesentlich geringer.

Die GfK stellte in diesem Zusammenhang eine Zusatzfrage, wonach die großen europäischen Wirtschaftsfragen - der Euro und die Schuldenkrise im Euro-Raum - in diesem Jahr alle traditionellen Ängste um die eigene Wirtschaftslage überdecken. 70 Prozent aller Bundesbürger befürchten demnach, dass die drohende Pleite einiger EU-Länder den deutschen Steuerzahler teuer zu stehen kommt - keine Angst erreichte 2011 höhere Werte.

Auch Fukushima erhöht die Angst

Auch Umweltängste belasten die Deutschen. In der Standardumfrage stand die "Furcht vor einer Zunahme von Naturkatastrophen" zum zweiten Mal nach 2007 auf Platz 2 der Ängste-Skala. Trotz leichtem Rückgang erreicht diese Sorge mit 60 Prozent in diesem Jahr immer noch den zweithöchsten Wert seit Beginn der Befragung. Auslöser für die große Angst sind nicht nur die sintflutartigen Regenfälle und Orkanböen im eigenen Land, sondern auch das Erdbeben und der verheerende Tsunami in Japan. Zu den sogenannten grünen Themen gehört für die Mehrheit der Deutschen auch eine kritische Sicht auf die Atomenergie. Demnach haben 54 Prozent der Deutschen beträchtliche Angst vor schweren Störfällen in Kernkraftwerken im eigenen Land oder den Nachbarländern. Jedoch befürchtet nur etwa jeder Vierte (28 Prozent), dass der Ausstieg aus der Atomenergie die Stromversorgung gefährdet

Viele Sorgen haben den Deutschen in diesem Jahr auch dioxinverseuchte Eier und tödliche EHEC-Erreger in Gemüse bereitet: 70 Prozent aller Deutschen fürchten sich vor Schadstoffbelastungen in Lebensmitteln, ergab eine weitere Sonderfrage.

Schreckensszenario Pflegebedürftigkeit

Zwei ganz persönliche Ängste finden sich weit oben auf der Skala 2011. Auf dem dritten Platz ist die Sorge, im Alter zum Pflegefall zu werden. Auf Platz 6 steht die Angst vor einer schweren Erkrankung - jeder zweite Deutsche sorgt sich um seine Gesundheit. Bemerkenswert: In Ostdeutschland stehen die Ängste vor Pflegebedürftigkeit (60 Prozent) und Krankheit (58 Prozent) auf den Plätzen 2 und 3 der Ängste-Skala - noch vor der Furcht vor Naturkatastrophen mit 57 Prozent. Für alle Deutschen gilt: Im Alter als Pflegefall zu enden, erscheint Frauen (59 Prozent) bedrohlicher als Männern (51 Prozent). Geringer als im Vorjahr (minus 8 Prozentpunkte) ist auch die Angst, dass die eigenen Kinder drogen- oder alkoholsüchtig werden. Mit 38 Prozent liegt diese Angst auf Platz 11 der Sorgen-Skala.

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© picture alliance / dpaVor allem auf dem Land ist die ärztliche Versorgung schlecht.
9/11 verdoppelte die Terrorangst

Die verheerenden Anschläge 2001 in den USA haben die Terrorangst der Deutschen dauerhaft verstärkt. Im Vergleich zu der Zeit vor 2001 fürchten sich heute doppelt so viele Deutsche vor Terrorakten. Vor dem New Yorker Attentat ist diese Furcht nie über die 30-Prozent-Marke gestiegen, in den vergangenen zehn Jahren seit dem Anschlag haben sich die Werte auf hohem Niveau eingependelt und liegen 2011 bei 50 Prozent (Vorjahr 53 Prozent) - Platz 5 der größten Ängste. Trotz vieler Berichte über Gewaltexzesse in der Öffentlichkeit bleiben die Befragten bei diesem Thema relativ gelassen: Nur 28 Prozent aller Bundesbürger haben Angst davor, Opfer einer Straftat zu werden.

Seit Jahren ist die Mehrheit der Deutschen auch unzufrieden mit den Leistungen der Politiker. In diesem befürchten 53 Prozent der Befragten, dass die Politiker von ihren Aufgaben überfordert seien. Trotz eines Rückgangs dieser Angst um 9 Prozentpunkte blieb sie wie im Vorjahr auf Platz vier der Sorgen.

Die Furcht vor dem Zerbrechen der eigenen Partnerschaft sank um 5 Prozentpunkte und blieb mit 18 Prozent das traditionelle Schlusslicht der Befragung.

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© ReutersAm Ground Zero wächst der "Freedom Tower".
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