Schweigeminuten in Stresa: Italien trauert um die 14 Toten nach dem Seilbahn-Absturz - nur ein kleiner Junge überlebte. Ein Zugseil hatte sich offenbar gelöst. Doch eine entscheidende Frage bleibt: Warum griff das Sicherheitsbremssystem nicht?
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© pa/dpa/Piero Cruciatti
"Stille und Schmerz, das bleibt heute nach dem Drama", schreibt die Feuerwehr auf Twitter. Am Tag nach dem Seilbahn-Absturz am Lago Maggiore ist an der Unglücksstelle nur noch die Gondel zu sehen - bedeckt mit einer grauen Plane und eingehüllt in diesigen Nebel.

Zugseil war wohl der Auslöser

Die Ursache für das Unglück ist weiter unklar. Zumindest über den Unglückshergang gibt es neue Erkenntnisse. Augenzeugen berichten, dass die mit 15 Personen besetzte Gondel fast an der Bergstation am Monte Mottarone angelangt war.

Dann, sagt ein ermittelnder Carabinieri-Kommandeur, habe sich offensichtlich ein Teil des Zugseils gelöst. Daraufhin rutschte die Gondel rückwärts das Halteseil hinunter, nahm rasend schnell Geschwindigkeit auf und schlug nach rund 300 Metern gegen einen Stützpfeiler der Seilbahn ehe sie rund 20 Meter in die Tiefe stürzte.

Bremsen hätten sich aktivieren müssen

Nach wie vor rätselhaft ist, warum die Bremsen der Gondel offensichtlich nicht funktioniert haben. Sie hätten sich automatisch aktivieren müssen, um beim Riss eines Seils ein Abrutschen zu verhindern.

Jede moderne Seilbahn besitzt zumindest eine doppelte Absicherung. Zwei Seile, das Zug- und das Halteseil, sowie ein Bremssystem, das automatisch aktiv werden müsste, wenn es Probleme mit den Seilen gibt. Dass es zwei technische Versagen gleichzeitig gibt, ist ungewöhnlich - eine Tatsache, die die Ermittler bislang vor Rätsel stellt.

Italiens Regierung will eine Untersuchungskommission einrichten, mit der die Staatsanwaltschaft bei der Aufklärung der Ursachen des Unglücks unterstützt werden soll. Ermittelt wird wegen fahrlässiger Tötung.

Erst vor einem halben Jahr war die Seilbahn einer Routine-Sicherheitskontrolle unterzogen worden. Auch bei einer Art "Röntgen-Prüfung" der Seile sollen keine Probleme festgestellt worden sein. Wegen Wartungsarbeiten war die Seilbahn zwischen 2014 und 2016 geschlossen.

Überlebendes Kind verliert beide Eltern

Bei dem Unglück am Pfingstsonntag sind 14 der 15 Passagiere ums Leben gekommen. Ein fünf Jahre alter Junge aus Israel überlebte schwer verletzt und wird auf der Intensivstation eines Krankenhauses in Turin behandelt. Bei der Seilbahn-Katastrophe verlor er beide Eltern.

In Stresa, dem Ort, aus dem die Seilbahn abgefahren ist, wurde am Mittag der Opfer gedacht mit 14 Schweigeminuten - eine Minute für jedes Opfer.